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Bachelor in Spanisch

Weltfremd und für den Arbeitsmarkt nicht verwertbar. Diesen Vorwurf müssen sich die Geisteswissenschaften traditionsgemäß anhören. Der Deutsche Hispanistenverband hat als Antwort darauf nun ein Reformpapier verabschiedet. Das Studium der Hispanistik soll praxisnäher und den Anforderungen des Arbeitsmarktes gerechter werden.

Von Kersten Knipp |
    "Es ist ein Umdenken an der Universität da, man denkt nicht mehr von den Professoren her und deren Bedürfnissen, sondern man denkt von den Bedürfnissen der Studierenden, von denen man weiß, sie müssen sich in einem Berufsfeld platzieren. Und das muss zügig gehen und muss gut vorbereitet sein von Seiten der Universität, das ist, glaube ich, eine kleine Revolution, und das schlägt natürlich zurück auf das Lehrangebot und auf das Verhalten der Lehren, Präsenzen, Konzeption von Semesterferien und Semester und so weiter."

    Manfred Tietz, Hispanistikprofessor an der Ruhruniversität Bochum, einer der Autoren des Reformpapiers. Ihn treibt der Anspruch, seinen Studenten nicht nur eine profunde Ausbildung, sondern auch die begründete Aussicht auf einen adäquaten Arbeitsplatz zu bieten. Und dem komme die Verkürzung des Studiums spürbar entgegen.

    " Wir müssen uns ja überlegen: Die Studierenden werden nicht für uns ausgebildet, sondern für eine Arbeitswelt. Und da gibt es nach unseren Erfahrungen, nach den Erfahrungen des Bochumer Magisterreformmodells eben die Erkenntnis, nach drei Jahren Ausbildung im Fach plus den entsprechenden Schlüsselqualifikationen, die mitvermittelt werden, sind die Leute auf dem Arbeitsmarkt einsetzbar. Sie sind 21 Jahre alt, sie können dynamisch in das Berufsleben überwechseln, sie können dann wieder zurückkommen in die Universität, einen Master machen, und wir glauben, das ist die bessere Lösung. "

    Wie sehen die Studenten selbst die Reform? Die Antworten fallen deutlich aus.

    " Also, ich bin durchaus dafür, für so eine Reform, weil man die Möglichkeit hat, nach drei Jahren aufzuhören und aus welchem Grund auch immer - als Frau gibt es da mehrere Gründe, mal aufzuhören. Und man hat einen Abschluss, (…), und man kann damit auch in die Arbeitswelt gehen. Man hat ein allgemeines Wissen über Kulturwissenschaft, Sprachwissenschaft, Literaturwissenschaft und natürlich Sprachpraxis, und man kann damit schon etwas machen.
    Also ich stehe dieser Reform auch mehr als positiv gegenüber, auch wenn ich sagen muss, dass es da sicherlich auch noch Einiges zu tun gibt, also ich denke, dass wir auf dem Wege sind aber sicherlich noch nicht am Ziel."

    Wer Zeit sparen will, muss Studieninhalte opfern. Wo sind Einsparmöglichkeiten vorhanden?

    " Man kann sagen, in der Hispanistik könnte man das Mittelalter vielleicht etwas in den Hintergrund setzen und dafür aber andere Inhalte, Film, Fernsehen und Ähnliches, die Medien in den Vordergrund stellen, ich glaube, da muss einfach die Sache frisch durchdacht werden, und das ist ja der Charme, die Möglichkeit, die wir jetzt haben, in Konkurrenz in Deutschland und in Konkurrenz zum Ausland uns das alles zu überlegen. "

    Vor allem aber erlauben die neuen Studiengänge aber bislang unbekannte Flexibilität. Erfahrungen aus dem Studienalltag.

    "In meinem Fall ist es wirklich so, dass ich im Laufe des Studiums mich entschieden habe, Lehramt zu machen. Und wenn es mit der alten Ordnung weitergegangen wäre, hätte ich diese Möglichkeit nicht mehr gehabt.
    Was ich später genau machen möchte, weiß ich noch nicht, aber deswegen habe ich auch einen Bachelor-Studiengang gewählt, um vielleicht erstmal zu überlegen, möchte ich später ins Lehramt gehen oder möchte ich nicht ins Lehramt gehen."

    Für Traditionalisten vielleicht besonders provokant. Nach Vorstellung des Hispanistenverbands soll das Latinum künftig entfallen können. Hat sich das Fach endgültig überlebt?

    "Man kann de facto das Studium durchführen, ohne einen Satz Latein zu können, und dann wollen wir die Studenten nicht belasten mit dem Nachholen. Natürlich, jeder, der Latein kann, hat einen Bildungszugewinn, das ist willkommen, aber wir müssen die Leute nicht aufhalten mit einem Bildungshintergrund, der eventuell nicht mehr nötig ist zum Verständnis der modernen Welt."

    Der Nutzwert. Frühere Generationen von Hispanistikstudenten haben auf ihn nicht ganz so streng geachtet. Vielleicht um den Preis, dass sie im Hinblick auf den Beruf weniger optimistisch waren als ihre Nachfolger von heute.

    "Also insofern denke ich schon, dass wir heute besser auf die Berufswelt vorbereitet sind als wir es vielleicht noch vor 20 Jahren gewesen wären und haben ja auch im Optionalbereich die Möglichkeit, Praktika zu machen und andere Schlüsselqualifikationen zu erwerben, um dann auf den Arbeitsmarkt gut vorbereitet zu sein."

    Was wird sie bringen, die anvisierte Reform des Hispanistikstudiums. Die Antwort weiß, wie so oft, zuletzt nur einer: der Arbeitsmarkt.