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Bachelor und Master - die unbekannten Wesen

120 Personalverantwortliche aus norddeutschen Unternehmen haben sich in der Handelskammer Hamburg über Bachelor- und Master-Abschlüsse zu informieren. Obwohl die ersten Bachelor-Abschlüsse bereits Mitte der 90er Jahre angeboten wurden, stehen viele Entscheider in den Firmen den ungewohnten Abschlüssen noch skeptisch gegenüber.

Von Werner Nording | 17.02.2006
    Heute gibt es bundesweit jährlich rund 10.000 Bachelor- und Master-Absolventen. Noch immer wenig im Vergleich zu 200.000 Absolventen, die jährlich ihren Magister, ihr Diplom oder ihr Staatsexamen ablegen. Bis 2010 werden in Hamburg noch die alten Abschlüsse gelten. Bis zu den Personalchefs haben sich die neuen Abschlüsse noch nicht herumgesprochen. Otto Klasing von der LBS-Bausparkasse weiß bislang wenig von den Bachelor/Master-Abschlüssen.

    " Darüber will ich mich gerade informieren. Wir haben bisher in Einzelfällen Diplomkaufleute insbesondere eingestellt für Stabsfunktionen, die bringen natürlich eine ziemlich hohe Qualifikation mit, die in vollem Umfang nicht erforderlich ist, deshalb die interessante Frage, ob wir bei Master/Bachelor auch Absolventen haben, die das, was wir brauchen, schon mitbringen, das ist die Frage, mit der ich hierher gekommen bin. "

    Weil viele Firmen noch ahnungslos sind, was sich mit den neuen Abschlüssen ändert, haben Handelskammer und Senat zu einer Infoveranstaltung eingeladen. Kolja Briedis vom Hochschul-Informations-System in Hannover verweist darauf, dass die Absolventen im Vergleich zum herkömmlichen Studium andere Qualifikationen mitbringen.

    " Sie sind zwar fachlich nicht mehr so spezialisiert, aber dennoch qualifiziert in ihrem Fach, das Grundlagenwissen ist immer noch vorhanden und hinzukommen Schlüsselqualifikationen, Sozialkompetenzen, die Fähigkeit Probleme zu lösen oder vorhandenes Wissen auf andere Probleme anzuwenden , all das sind Dinge, die auch in Zukunft gefordert werden, deshalb denke ich, die Chancen werden gut sein. "

    Viel ist die Rede von einem größeren Praxisbezug, den die Studierenden künftig vermittelt bekommen würden. Doch der Personalchef der Lufthansa-Technik, Frank Schmidt ist da eher skeptisch.

    " Ob die praxisorientierter sind, muss sich ja noch rausstellen, das steht bislang nur auf dem Papier, wir waren auch bisher mit den Diplomingenieuren nicht unzufrieden, es ist aber durchaus ein Vorteil, junge Absolventen zu kriegen, für die wir in der Produktion Jobs haben ."

    Der Hamburger Wissenschaftssenator Jörg Dräger versucht, den Personalchefs die neuen Abschlüsse anzupreisen. Die Hansestadt habe bei der Einführung der Bachelor/Master-Studiengänge bundesweit die Nase vorn, sagt der Senator. 120 der 310 Studiengänge seien bereits umgestellt, mit vielen Vorteilen für die Wirtschaft.

    " Die Absolventen werden jünger, sie werden mit mehr Berufsqualifikation jünger in den Beruf einsteigen und sie werden die Chance haben, internationale Erfahrungen während des Studiums zu sammeln, auch das ein Vorteil für die Betriebe. "

    Michael Koller von Studio Hamburg stellt pro Jahr 150 Mitarbeiter ein. Der Personalchef der Filmproduktionsfirma mit seinen 1000 Beschäftigten hat hohe Erwartungen an die neuen Studienabschlüsse.

    " Die Chancen sind der internationale Aspekt, egal aus welchem Land ich Absolventen bekomme, kann ich die besser vergleichen. Z. B. aus dem OSTBLOCK, da fehlen uns jegliche Kenntnisse. Die Chance zu diesem Bachelor Abschluss ist, wenn sich da 40 Länder auf ein einheitliches System einigen, dann habe ich da bessere Vergleichsmöglichkeiten. "

    Ansgar Kaupp von der Bildbearbeitungs-Firma eyeC hat bereits praktische Erfahrungen gesammelt. Unter seinen acht Mitarbeitern hat er seit eineinhalb Jahren auch einen Bachelor-Absolventen beschäftigt, mit dem er sehr zufrieden ist. Schon während seines Studiums habe man sich in Praktika kennen gelernt.

    " Ja zum Beispiel wird ja auch der Student erfahren, was bei uns in der Firma an Tätigkeiten ihm besonders viel Spaß macht und wo er eigentlich rein möchte und er kann selber seine Ausbildung in die Richtung anpassen, ich will auch gar nicht behaupten, dass das im alten System nicht möglich war, aber das neue System bietet dafür mehr Möglichkeiten. "

    Noch ist es allerdings eher die Ausnahme, mit einem Bachelor/Master-Abschluss eine Stelle zu finden. Die Firmen sind einfach noch so weit, hat Annekathrin Niebuhr von der Bundesanstalt für Arbeit festgestellt.

    " Nach Erfahrungen der Hochschulteams hier in Hamburg gibt es bislang nur wenig Stellenangebote, fast gar keine Stellenangebote, die sich explizit auf Absolventen dieser neuen Studiengänge beziehen, da ist die Nachfrage noch sehr gering. "