Interview mit Charles Clarke als Real-Audio
Patrick Honecker: Herr Minister, zuerst einmal: Großbritannien ist am Bologna-Prozess beteiligt. Mit diesem Prozess soll bis zum Jahr 2010 ein gemeinsamer europäischer Hochschulraum realisiert werden. Was sind die Erwartungen ihres Landes an diesen Prozess?
Charles Clarke: Erstens geht es darum, die Qualität der Abschlüsse in ganz Europa zu erhöhen und zwar in allen Bereichen. Zweitens: Dass wir eine bessere gegenseitige Anerkennung der Abschlüsse haben. Und drittens: Davon ausgehend, dass dann mehr Studenten aus mehr europäischen Ländern gemeinsam ihr Studium absolvieren. Wir denken, dass dieser Prozess große Auswirkungen hat. Er kann sehr viel an den Hochschulen verändern, auch an den Hochschulen in Großbritannien. Aber es ist notwendig, dass wir ihn auch umsetzen. Denn wenn wir uns ansehen, was an den Hochschulen in den USA passiert, in China oder in Indien, dann sehen wir: Es gibt einen starken internationalen Wettbewerb. Wir müssen erreichen, dass die Europäer in diesem Bereich Marktführer werden und der Bologna-Prozess ist der richtige Weg.
Honecker: Ich denke, das ist ein sehr wichtiger Punkt, den sie da angesprochen haben. Wir haben vor allem in Deutschland das Problem, dass die guten Forscher in die USA abwandern. Können wir diese Abwanderung stoppen?
Clarke: Der Hauptgrund für diese Abwanderung ist, dass Leute glauben, dass das Forschungsumfeld in den USA besser sei als in Europa. Das ist oft falsch. Die große Herausforderung für uns ist, ein gutes Forschungsumfeld in Gesamteuropa zu schaffen, das amerikanische Wissenschaftler dazu bringt, hier forschen zu wollen. Es gibt noch andere Fragen, die wichtig sind, wie Bezahlung, oder die grundsätzlichen Arbeitsbedingungen. Aber ich denke, diese Dinge sind weniger wichtig, als das Gefühl zu vermitteln: Hier in Europa, da muss man einfach sein. Im Augenblick ist es aber so, dass viele großartige amerikanische Universitäten mit ihren Nobelpreisträgern das Gefühl vermitteln, man müsse dort sein. Wir müssen dem entgegenwirken und
herausstellen: In Europa ist es am besten.
Honecker: Was ist denn besser in Europa?
Clarke: Ich finde, wir haben eine beeindruckende Geschichte von Forschung und Entdeckungen vorzuweisen. Daraus machen wir nicht genug. Außerdem haben wir in Europa einige der besten Forschungseinrichtungen der Welt. Aber auch daraus machen wir zu wenig. Ich glaube auch, dass vor allem die gegenseitige wissenschaftliche Befruchtung zwischen den Disziplinen und zwischen den Ländern Europa zu einem hervorragend Forschungsumfeld macht, wenn wir hier eng zusammenarbeiten.
Honecker: Eine ganze Menge europäischer Länder, wie zum Beispiel Deutschland oder Österreich, müssen ihr Hochschulsystem komplett ändern, indem sie
Bachelor- und Master-Abschlüsse einführen. Großbritannien hat einen Vorsprung, da es diese Abschlüsse bereits hat. Wie können Sie diesen Vorsprung nutzen?
Clarke: Nun ja, wir müssen versuchen, das zu verbessern, was wir machen. Ich denke, es ist vernünftig zu sagen, lieber einen Bachelor in 3 Jahren als ein Abschluss für den man sechs, sieben oder acht Jahre braucht. Es gibt eine Menge weltweiter Belege dafür, dass das funktioniert, was zum Beispiel den Arbeitsmarkt angeht. Aber wir sehen das nicht als scharfen Wettbewerb. Wenn wir mit anderen Hochschulen zusammenarbeiten, zum Beispiel in Deutschland, Australien, wo auch immer, dann versuchen wir Kooperationen zu entwickeln. Und wenn Sie unsere Spitzen-Unis anschauen, die haben überall Kooperationen auch mit deutschen Hochschulen. Aber diesen Bereich müssen wir noch stärker
ausbauen.
Honecker: Bei allen Gemeinsamkeiten, es gibt einen Unterschied zwischen unseren Ländern. Studierende in Deutschland müssen nicht für ihr Studium bezahlen. Was glauben Sie, gibt es eine Zukunft für ein Hochschulsystem ohne Gebühren?
Clarke: Ich kann nicht über das deutsche System sprechen. Meine Sicht der Dinge ist: Wenn du einen Hochschulabschluss machst, hast Du später bessere Verdienstmöglichkeiten. Eine Ausbildung, die der Staat zahlt, hilft Dir, mehr zu verdienen, leichter einen Job zu finden, und so weiter. Die Frage ist, ob es fair ist, dass die Studierenden nach ihrem Examen dazu etwas beisteuern. Ich sage ja! Andere haben eine andere Sichtweise, ich weiß das. Alles, was ich dazu sagen kann, ist, dass all unsere Bildungsminister in England wählen müssen zwischen mehr Geld für Kindergärten und Grundschulen oder aber für die Hochschulen. Und das ist eine Entscheidung, die ich jeden Tag fällen muss. Ich finde, die richtige Wahl ist, sich für die Jüngsten zu entscheiden. Dort gilt es, die größten Unterschiede in den Lebenschancen auszugleichen. Und ich finde nicht, dass es unfair ist, diejenigen zur Finanzierung des Bildungssystems heranzuziehen, die später einen Hochschulabschluss machen können. Der Staat leistet immer noch das meiste. Aber irgendeinen Beitrag muss man auch selbst leisten.
Honecker: Herr Minister, Danke für das Gespräch.
Patrick Honecker: Herr Minister, zuerst einmal: Großbritannien ist am Bologna-Prozess beteiligt. Mit diesem Prozess soll bis zum Jahr 2010 ein gemeinsamer europäischer Hochschulraum realisiert werden. Was sind die Erwartungen ihres Landes an diesen Prozess?
Charles Clarke: Erstens geht es darum, die Qualität der Abschlüsse in ganz Europa zu erhöhen und zwar in allen Bereichen. Zweitens: Dass wir eine bessere gegenseitige Anerkennung der Abschlüsse haben. Und drittens: Davon ausgehend, dass dann mehr Studenten aus mehr europäischen Ländern gemeinsam ihr Studium absolvieren. Wir denken, dass dieser Prozess große Auswirkungen hat. Er kann sehr viel an den Hochschulen verändern, auch an den Hochschulen in Großbritannien. Aber es ist notwendig, dass wir ihn auch umsetzen. Denn wenn wir uns ansehen, was an den Hochschulen in den USA passiert, in China oder in Indien, dann sehen wir: Es gibt einen starken internationalen Wettbewerb. Wir müssen erreichen, dass die Europäer in diesem Bereich Marktführer werden und der Bologna-Prozess ist der richtige Weg.
Honecker: Ich denke, das ist ein sehr wichtiger Punkt, den sie da angesprochen haben. Wir haben vor allem in Deutschland das Problem, dass die guten Forscher in die USA abwandern. Können wir diese Abwanderung stoppen?
Clarke: Der Hauptgrund für diese Abwanderung ist, dass Leute glauben, dass das Forschungsumfeld in den USA besser sei als in Europa. Das ist oft falsch. Die große Herausforderung für uns ist, ein gutes Forschungsumfeld in Gesamteuropa zu schaffen, das amerikanische Wissenschaftler dazu bringt, hier forschen zu wollen. Es gibt noch andere Fragen, die wichtig sind, wie Bezahlung, oder die grundsätzlichen Arbeitsbedingungen. Aber ich denke, diese Dinge sind weniger wichtig, als das Gefühl zu vermitteln: Hier in Europa, da muss man einfach sein. Im Augenblick ist es aber so, dass viele großartige amerikanische Universitäten mit ihren Nobelpreisträgern das Gefühl vermitteln, man müsse dort sein. Wir müssen dem entgegenwirken und
herausstellen: In Europa ist es am besten.
Honecker: Was ist denn besser in Europa?
Clarke: Ich finde, wir haben eine beeindruckende Geschichte von Forschung und Entdeckungen vorzuweisen. Daraus machen wir nicht genug. Außerdem haben wir in Europa einige der besten Forschungseinrichtungen der Welt. Aber auch daraus machen wir zu wenig. Ich glaube auch, dass vor allem die gegenseitige wissenschaftliche Befruchtung zwischen den Disziplinen und zwischen den Ländern Europa zu einem hervorragend Forschungsumfeld macht, wenn wir hier eng zusammenarbeiten.
Honecker: Eine ganze Menge europäischer Länder, wie zum Beispiel Deutschland oder Österreich, müssen ihr Hochschulsystem komplett ändern, indem sie
Bachelor- und Master-Abschlüsse einführen. Großbritannien hat einen Vorsprung, da es diese Abschlüsse bereits hat. Wie können Sie diesen Vorsprung nutzen?
Clarke: Nun ja, wir müssen versuchen, das zu verbessern, was wir machen. Ich denke, es ist vernünftig zu sagen, lieber einen Bachelor in 3 Jahren als ein Abschluss für den man sechs, sieben oder acht Jahre braucht. Es gibt eine Menge weltweiter Belege dafür, dass das funktioniert, was zum Beispiel den Arbeitsmarkt angeht. Aber wir sehen das nicht als scharfen Wettbewerb. Wenn wir mit anderen Hochschulen zusammenarbeiten, zum Beispiel in Deutschland, Australien, wo auch immer, dann versuchen wir Kooperationen zu entwickeln. Und wenn Sie unsere Spitzen-Unis anschauen, die haben überall Kooperationen auch mit deutschen Hochschulen. Aber diesen Bereich müssen wir noch stärker
ausbauen.
Honecker: Bei allen Gemeinsamkeiten, es gibt einen Unterschied zwischen unseren Ländern. Studierende in Deutschland müssen nicht für ihr Studium bezahlen. Was glauben Sie, gibt es eine Zukunft für ein Hochschulsystem ohne Gebühren?
Clarke: Ich kann nicht über das deutsche System sprechen. Meine Sicht der Dinge ist: Wenn du einen Hochschulabschluss machst, hast Du später bessere Verdienstmöglichkeiten. Eine Ausbildung, die der Staat zahlt, hilft Dir, mehr zu verdienen, leichter einen Job zu finden, und so weiter. Die Frage ist, ob es fair ist, dass die Studierenden nach ihrem Examen dazu etwas beisteuern. Ich sage ja! Andere haben eine andere Sichtweise, ich weiß das. Alles, was ich dazu sagen kann, ist, dass all unsere Bildungsminister in England wählen müssen zwischen mehr Geld für Kindergärten und Grundschulen oder aber für die Hochschulen. Und das ist eine Entscheidung, die ich jeden Tag fällen muss. Ich finde, die richtige Wahl ist, sich für die Jüngsten zu entscheiden. Dort gilt es, die größten Unterschiede in den Lebenschancen auszugleichen. Und ich finde nicht, dass es unfair ist, diejenigen zur Finanzierung des Bildungssystems heranzuziehen, die später einen Hochschulabschluss machen können. Der Staat leistet immer noch das meiste. Aber irgendeinen Beitrag muss man auch selbst leisten.
Honecker: Herr Minister, Danke für das Gespräch.