Ein gigantisches Haushaltsloch, riesige Staatsschulden, und dennoch bringt der britische Premierminister Gordon Brown das Wörtchen "Kürzungen"nur sehr ungern über die Lippen. Konkrete Einzelheiten überlässt er lieber seinem Kabinett. Der für Höhere Bildung zuständige Lord Mandelson machte nun den Anfang: er verordnete dem englischen Universitätsbereich drastische Einsparungen - rund 900 Millionen Pfund über die nächsten drei Jahre, das sind umgerechnet über eine Milliarde Euro. Die Russell Group - eine Vertretung der 20 Spitzenuniversitäten, darunter Oxford und Cambridge - wertet diese Entscheidung als Katastrophe.
Wir sind ein Eckstein der britischen Gesellschaft und Teil des Motors, der die Wirtschaft antreibt: sie ist von unserer Forschung, unseren Ideen, unseren Innovationen abhängig, erklärt Michael Arthur, Vorsitzender der Russell Group: es habe über 800 Jahre gebraucht, um eines der besten Bildungssysteme der Welt aufzubauen, aber solche Kürzungen würden es schon innerhalb von sechs Monaten zerstören. Gerade die Universitäten spielten eine maßgebliche Rolle, um die britische Wirtschaft aus der Rezession zu holen.
Doch Lord Mandelson will noch mehr. Viele Studiengänge könnten, so meint er, ohne weiteres auf zwei Jahre verkürzt werden. Die Semesterferien seien ohnehin zu lang. Matt Waddupp von der Hochschulgewerkschaft der Universitätsdozenten UCU warnt vor desaströsen Folgen. Hunderte von Studiengängen würden verschwinden, bis zu 30 Universitäten womöglich schließen.
"Die Vorschläge bedeuten arbeitslose Dozenten, größere Seminarklassen - und Studenten, die über ihre Uni-Erfahrung bitter enttäuscht sein werden."
Hinzukommt, dass die geplanten Kürzungen sich absehbar auch auf die Studiengebühren auswirken werden: eine Anhebung von umgerechnet 3.700 auf 5.750 Euro ist bereits im Gespräch. Mit einer Entscheidung wird nach den Parlamentswahlen in diesem Frühjahr gerechnet. Für Waliser und Schotten, die in Schottland beziehungsweise Wales studieren, gelten allerdings wesentlich günstigere Bedingungen. Studierende aus Nicht-EU-Ländern bezahlen hingegen jetzt schon umgerechnet zehntausend Euro im Jahr. Höhere Studiengebühren, das bedeutet noch mehr Schulden. Dozenten und Studierende sind gleichermaßen entsetzt. Lediglich eine britische Universität scheint die Pläne zu begrüßen: Buckingham, eine private Hochschule, in den 80er-Jahren von Akademikern aus Oxford gegründet.
Je mehr sich die Studenten finanziell beteiligen, desto stärker nehmen die Hochschulen den Charakter von Privat-Universitäten an und ziehen mit amerikanischen Spitzen-Universitäten gleich, sagt Professor Kealey von der Universität Buckingham. Wenn Studenten - sprich Kunden - realistische Gebühren bezahlten, stiegen auch ihre Erwartungen an die Universitäten, ihr Niveau zu heben. Auf diese Weise würde ein effizienter Universitätsbereich geschaffen.
Die Privatuniversität Buckingham hat als erste britische Hochschule ein intensives Zweijahresstudium eingeführt und die Semesterferien stark verkürzt. Die Jahresgebühren: fast 10.000 Euro. Absolut gerechtfertigt, findet die Hochschulleitung: schließlich würden die Studierenden Lebenshaltungskosten für ein ganzes Jahr einsparen. Und hätten einen Wettbewerbsvorsprung gegenüber Kommilitonen aus anderen Universitäten, denn sie könnten schon ein Jahr früher in den Arbeitsmarkt einsteigen.
Absolut nicht wünschenswert, findet Jane Merton, 26. Sie schloss ihr reguläres Bachelor-Studium im Alter von 21 Jahren ab, und fand anschließend einen Verwaltungsjob in einer Elektronikfirma.
"Ich finde das nicht gut, wenn man schon mit knapp 20 gezwungen wird, lebenswichtige Entscheidungen zu treffen- meines Erachtens ist das viel zu früh."
Jane Merton hatte Englisch studiert und wurde, wie viele britische Hochschulabsolventen, an Ort und Stelle angelernt. Allerdings vor der Rezession - damals boomte der Arbeitsmarkt. Weniger Glück werden die rund 10.000 Studienabgänger haben, die diesen Sommer von britischen Unis abgehen. Private Arbeitsvermittler sagen schon seit Jahren, ein Studium sei nicht unbedingt der Königsweg zu einer guten Karriere. Mindestens genauso wichtig seien praktische Erfahrungen. Dessen ungeachtet hält die Labour-Regierung an ihrem Ziel fest, der Hälfte aller Jugendlichen einen Universitätsabschluss zu ermöglichen. Bislang liegt ihr Anteil bei rund 43 Prozent. Wie diese Pläne mit den Budgetkürzungen vereinbar sind, ist unklar. Einerseits haben gerade junge Briten besonders wenig Chancen auf dem Arbeitsmarkt und drängen vermehrt an Universitäten. Andrerseits stehen britische Hochschulen unter Sparzwang. Sie müssen ihre Studiengänge drosseln - mit dem Ergebnis, dass sie höhere akademische Anforderungen stellen werden und sich immer mehr Studenten um immer weniger Plätze schlagen.
Wir sind ein Eckstein der britischen Gesellschaft und Teil des Motors, der die Wirtschaft antreibt: sie ist von unserer Forschung, unseren Ideen, unseren Innovationen abhängig, erklärt Michael Arthur, Vorsitzender der Russell Group: es habe über 800 Jahre gebraucht, um eines der besten Bildungssysteme der Welt aufzubauen, aber solche Kürzungen würden es schon innerhalb von sechs Monaten zerstören. Gerade die Universitäten spielten eine maßgebliche Rolle, um die britische Wirtschaft aus der Rezession zu holen.
Doch Lord Mandelson will noch mehr. Viele Studiengänge könnten, so meint er, ohne weiteres auf zwei Jahre verkürzt werden. Die Semesterferien seien ohnehin zu lang. Matt Waddupp von der Hochschulgewerkschaft der Universitätsdozenten UCU warnt vor desaströsen Folgen. Hunderte von Studiengängen würden verschwinden, bis zu 30 Universitäten womöglich schließen.
"Die Vorschläge bedeuten arbeitslose Dozenten, größere Seminarklassen - und Studenten, die über ihre Uni-Erfahrung bitter enttäuscht sein werden."
Hinzukommt, dass die geplanten Kürzungen sich absehbar auch auf die Studiengebühren auswirken werden: eine Anhebung von umgerechnet 3.700 auf 5.750 Euro ist bereits im Gespräch. Mit einer Entscheidung wird nach den Parlamentswahlen in diesem Frühjahr gerechnet. Für Waliser und Schotten, die in Schottland beziehungsweise Wales studieren, gelten allerdings wesentlich günstigere Bedingungen. Studierende aus Nicht-EU-Ländern bezahlen hingegen jetzt schon umgerechnet zehntausend Euro im Jahr. Höhere Studiengebühren, das bedeutet noch mehr Schulden. Dozenten und Studierende sind gleichermaßen entsetzt. Lediglich eine britische Universität scheint die Pläne zu begrüßen: Buckingham, eine private Hochschule, in den 80er-Jahren von Akademikern aus Oxford gegründet.
Je mehr sich die Studenten finanziell beteiligen, desto stärker nehmen die Hochschulen den Charakter von Privat-Universitäten an und ziehen mit amerikanischen Spitzen-Universitäten gleich, sagt Professor Kealey von der Universität Buckingham. Wenn Studenten - sprich Kunden - realistische Gebühren bezahlten, stiegen auch ihre Erwartungen an die Universitäten, ihr Niveau zu heben. Auf diese Weise würde ein effizienter Universitätsbereich geschaffen.
Die Privatuniversität Buckingham hat als erste britische Hochschule ein intensives Zweijahresstudium eingeführt und die Semesterferien stark verkürzt. Die Jahresgebühren: fast 10.000 Euro. Absolut gerechtfertigt, findet die Hochschulleitung: schließlich würden die Studierenden Lebenshaltungskosten für ein ganzes Jahr einsparen. Und hätten einen Wettbewerbsvorsprung gegenüber Kommilitonen aus anderen Universitäten, denn sie könnten schon ein Jahr früher in den Arbeitsmarkt einsteigen.
Absolut nicht wünschenswert, findet Jane Merton, 26. Sie schloss ihr reguläres Bachelor-Studium im Alter von 21 Jahren ab, und fand anschließend einen Verwaltungsjob in einer Elektronikfirma.
"Ich finde das nicht gut, wenn man schon mit knapp 20 gezwungen wird, lebenswichtige Entscheidungen zu treffen- meines Erachtens ist das viel zu früh."
Jane Merton hatte Englisch studiert und wurde, wie viele britische Hochschulabsolventen, an Ort und Stelle angelernt. Allerdings vor der Rezession - damals boomte der Arbeitsmarkt. Weniger Glück werden die rund 10.000 Studienabgänger haben, die diesen Sommer von britischen Unis abgehen. Private Arbeitsvermittler sagen schon seit Jahren, ein Studium sei nicht unbedingt der Königsweg zu einer guten Karriere. Mindestens genauso wichtig seien praktische Erfahrungen. Dessen ungeachtet hält die Labour-Regierung an ihrem Ziel fest, der Hälfte aller Jugendlichen einen Universitätsabschluss zu ermöglichen. Bislang liegt ihr Anteil bei rund 43 Prozent. Wie diese Pläne mit den Budgetkürzungen vereinbar sind, ist unklar. Einerseits haben gerade junge Briten besonders wenig Chancen auf dem Arbeitsmarkt und drängen vermehrt an Universitäten. Andrerseits stehen britische Hochschulen unter Sparzwang. Sie müssen ihre Studiengänge drosseln - mit dem Ergebnis, dass sie höhere akademische Anforderungen stellen werden und sich immer mehr Studenten um immer weniger Plätze schlagen.