Ein derart schwerelos-träumerisches Vorspiel im zartesten Pianissimo hört man selten. Und der Mann am Pult des Deutschen Symphonie-Orchesters, dem es in Baden-Baden so berückend schön gelingt, heißt nicht etwa Christian Thielemann oder Daniel Barenboim, sondern Kent Nagano. Der hatte sich bislang noch nicht als einer der ersten Wagner-Dirigenten profiliert, als der er sich jetzt aber empfiehlt, bevor er im September sein Amt als neuer Generalmusikdirektor der Bayerischen Staatsoper antritt.
Nikolaus Lehnhoff, der Kent Nagano als Regisseur zur Seite steht, interpretiert "Lohengrin" überzeugend als ein Künstler- und Ehedrama. Über Krieg mit Waffen wird im Parlament beraten, Krieg der Gefühle herrscht auch im Schlafzimmer. Schon vom Beginn ihrer ersten Aussprache erscheint die Intimität zwischen Elsa und ihrem erwählten Helden trügerisch. Lehnhoff erkennt in dem von außen kommenden Ritter einen über allen Zweifeln stehenden Künstler wie Tannhäuser oder den Meistersinger Walther von Stolzing, der in dem Dilemma steckt, von der übrigen Gesellschaft nicht verstanden zu werden. Und Elsa, eine kühne Visionärin, ist dazu verdammt, unsterbliche Muse zu sein, die alles darf, nur nicht fragen. Jene einzig intime Szene im Brautgemach des dritten Akts wirkt bei Lehnhoff wie ein Einfall aus der Wohnstube der Villa Wahnfried: Lohengrin als eine Art Alter Ego von Richard Wagner widmet sich am Konzertflügel dem Komponieren, Elsa steht ihm willig zu Diensten, bedrängt ihn aber aus verzweifelter Herzensnot mit jener schicksalhaften Frage nach seinem Namen.
Ganz neu ist diese Konzeption allerdings nicht. Als eine Art work-in-progress entwickelt Nikolaus Lehnhoff vielmehr eine Inszenierung weiter, die er 1991 schon in Frankfurt mit dem Bühnenbildner Gottfried Pilz herausbrachte - schon damals ohne Schwan und jegliche Romantik. Stattdessen geleitete den Ritter ein blutrotes Dreieck, das Gefahr, Untergang und Erotik signalisierte. In Baden-Baden bevorzugt Lehnhoff jetzt weitgehend eine Schwarzweißästhetik. Und anstelle von Gottfried Pilz hat diesmal der bekannte Architekt Stefan Braunfels, der auch zwei Gebäude des Deutschen Bundestages und die Münchner Pinakothek der Moderne baute, die Bühne entworfen: eine monumentale Parlamentsarena für den ersten Akt, ein schräg angeschnittenes Treppenpodest für den zweiten.
Verändert hat sich auch die Rezeption. Damals spaltete der Strindbergsche Ehekrieg das Publikum, während nun die recycelte Fassung nahezu einhellig Zustimmung findet, wobei sich die Kulissen des Architekten Stephan Braunfels offenbar nur marginal von denen seines Frankfurter Vorgängers Gottfried Pilz unterscheiden. Aber das tut dieser vorzüglichen Neuinszenierung keinen Abbruch. Braunfels, der erstmals für die Opernbühne tätig wurde, muss nicht fürchten, mit den Schweizer Stararchitekten Herzog & de Meuron in einen Topf geworfen zu werden, die jüngst zu den Festtagen in Berlin die Bühne zu einem szenisch eher fragwürdigen "Tristan" entwarfen.
Auch in punkto Besetzungen hat Baden-Baden die Nase vorn, vor allem was die Tenöre betrifft. Während an vielen großen Bühnen noch der gestandene Peter Seiffert als Lohengrin Nummer eins heftig umworben wird, präsentiert sich hier bereits der Nachwuchs. Mit Klaus Florian Vogt, der gerade am Beginn eines internationalen Senkrechtstarts steht, stellt sich der Opernwelt geradezu ein Bilderbuch-Lohengrin vor, der sich mit einer enormen lyrischen Strahlkraft und stimmlichen Geschmeidigkeit empfiehlt. Waltraud Meiers Ortrud ist eine Lady Macbeth von schier stählerner Stimmgabe. Ihr hochdramatischer, aber auch in der tieferen Lage überaus agiler Sopran überstrahlte die von ihren Traumvisionen auch stimmlich etwas befangen wirkende, und in der Höhe leicht forcierende Elsa von Solveig Kringelborn, die sich erst im Schlussakt freisang.
Dass Baden-Baden Potenzial hat, Bayreuth Konkurrenz zu machen, zeichnete sich schon vor zwei Jahren ab, als Kent Nagano und Nikolaus Lehnhoff einen rundum packenden "Parsifal" präsentierten, der Christoph Schlingensiefs diffuses selbstverliebtes Dekorationstheater in den Schatten stellte. Mit diesem erstklassig besetzten, szenisch schlüssigen, nur angelegentlich etwas statisch wirkenden "Lohengrin" festigt Baden-Baden seinen Ruf als eine echte Alternative zu Bayreuth.
Nikolaus Lehnhoff, der Kent Nagano als Regisseur zur Seite steht, interpretiert "Lohengrin" überzeugend als ein Künstler- und Ehedrama. Über Krieg mit Waffen wird im Parlament beraten, Krieg der Gefühle herrscht auch im Schlafzimmer. Schon vom Beginn ihrer ersten Aussprache erscheint die Intimität zwischen Elsa und ihrem erwählten Helden trügerisch. Lehnhoff erkennt in dem von außen kommenden Ritter einen über allen Zweifeln stehenden Künstler wie Tannhäuser oder den Meistersinger Walther von Stolzing, der in dem Dilemma steckt, von der übrigen Gesellschaft nicht verstanden zu werden. Und Elsa, eine kühne Visionärin, ist dazu verdammt, unsterbliche Muse zu sein, die alles darf, nur nicht fragen. Jene einzig intime Szene im Brautgemach des dritten Akts wirkt bei Lehnhoff wie ein Einfall aus der Wohnstube der Villa Wahnfried: Lohengrin als eine Art Alter Ego von Richard Wagner widmet sich am Konzertflügel dem Komponieren, Elsa steht ihm willig zu Diensten, bedrängt ihn aber aus verzweifelter Herzensnot mit jener schicksalhaften Frage nach seinem Namen.
Ganz neu ist diese Konzeption allerdings nicht. Als eine Art work-in-progress entwickelt Nikolaus Lehnhoff vielmehr eine Inszenierung weiter, die er 1991 schon in Frankfurt mit dem Bühnenbildner Gottfried Pilz herausbrachte - schon damals ohne Schwan und jegliche Romantik. Stattdessen geleitete den Ritter ein blutrotes Dreieck, das Gefahr, Untergang und Erotik signalisierte. In Baden-Baden bevorzugt Lehnhoff jetzt weitgehend eine Schwarzweißästhetik. Und anstelle von Gottfried Pilz hat diesmal der bekannte Architekt Stefan Braunfels, der auch zwei Gebäude des Deutschen Bundestages und die Münchner Pinakothek der Moderne baute, die Bühne entworfen: eine monumentale Parlamentsarena für den ersten Akt, ein schräg angeschnittenes Treppenpodest für den zweiten.
Verändert hat sich auch die Rezeption. Damals spaltete der Strindbergsche Ehekrieg das Publikum, während nun die recycelte Fassung nahezu einhellig Zustimmung findet, wobei sich die Kulissen des Architekten Stephan Braunfels offenbar nur marginal von denen seines Frankfurter Vorgängers Gottfried Pilz unterscheiden. Aber das tut dieser vorzüglichen Neuinszenierung keinen Abbruch. Braunfels, der erstmals für die Opernbühne tätig wurde, muss nicht fürchten, mit den Schweizer Stararchitekten Herzog & de Meuron in einen Topf geworfen zu werden, die jüngst zu den Festtagen in Berlin die Bühne zu einem szenisch eher fragwürdigen "Tristan" entwarfen.
Auch in punkto Besetzungen hat Baden-Baden die Nase vorn, vor allem was die Tenöre betrifft. Während an vielen großen Bühnen noch der gestandene Peter Seiffert als Lohengrin Nummer eins heftig umworben wird, präsentiert sich hier bereits der Nachwuchs. Mit Klaus Florian Vogt, der gerade am Beginn eines internationalen Senkrechtstarts steht, stellt sich der Opernwelt geradezu ein Bilderbuch-Lohengrin vor, der sich mit einer enormen lyrischen Strahlkraft und stimmlichen Geschmeidigkeit empfiehlt. Waltraud Meiers Ortrud ist eine Lady Macbeth von schier stählerner Stimmgabe. Ihr hochdramatischer, aber auch in der tieferen Lage überaus agiler Sopran überstrahlte die von ihren Traumvisionen auch stimmlich etwas befangen wirkende, und in der Höhe leicht forcierende Elsa von Solveig Kringelborn, die sich erst im Schlussakt freisang.
Dass Baden-Baden Potenzial hat, Bayreuth Konkurrenz zu machen, zeichnete sich schon vor zwei Jahren ab, als Kent Nagano und Nikolaus Lehnhoff einen rundum packenden "Parsifal" präsentierten, der Christoph Schlingensiefs diffuses selbstverliebtes Dekorationstheater in den Schatten stellte. Mit diesem erstklassig besetzten, szenisch schlüssigen, nur angelegentlich etwas statisch wirkenden "Lohengrin" festigt Baden-Baden seinen Ruf als eine echte Alternative zu Bayreuth.