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Baden verboten

Wem die deutschen Gewässer zu unsicher sind zum Baden, der fährt in den heißen Sommermonaten lieber ans Meer, nach Italien zum Beipiel. So ist laut einer Statistik des Bielefelder Emnid-Institutes Italien dieses Jahr das beliebteste ausländische Reiseziel der Deutschen. 40 Prozent der Befragten wollen ihren Sommerurlaub am Meer verbringen, bei den unter 50-Jährigen sogar die Hälfte. Doch wie ist es eigentlich um die Wasserqualität an der italienischen Küste bestellt? Auch hier stößt man am Strand nicht selten auf ein "Baden verboten"-Schild.

Von Kirstin Hausen |
    Dieses Jahr hat Italien seinen Badegästen 28 Kilometer Küste weniger zu bieten als 2004. Schuld ist das vermehrte Auftreten von Kolibakterien, so dass vereinzelt Strände geschlossen wurden. Bei einem Prozent der Wasserproben wurden auch Salmonellen gefunden. Diese Bakterien finden sich dort, wo Abwässer ungeklärt ins Meer geleitet werden. Ausnahmesituationen, meint die Reisekauffrau Elisa Malagotti, deren Büro in Mailand auf Badeurlauber spezialisiert ist:

    " Es gibt inzwischen eine Menge Kontrollen. Allerdings hängt das auch von den einzelnen Gemeinden ab. "

    "Baden verboten" heißt es auf insgesamt 433 Kilometern Küste, vor allem in der Region Kampanien, wo statistisch gesehen jeder fünfte Strand betroffen ist. Es folgen Latium, Kalabrien, Abruzzen und Apulien. Regionen, die neben Küstenstreifen, die man besser meiden sollte, auch Strände mit bester Wasserqualität zu bieten haben. Das wissen die Italiener, die vor allem in Süditalien Badeurlaub machen:

    " Ich empfehle Ponzo, Spellonga, Tentatene, im südlichen Latium.

    Ich bin am Meer in Apulien aufgewachsen. Wunderschön. Das Wasser ist toll. Sehr klar und sauber. Vor allem in der Gegend von Gargano. "

    Insgesamt scheinen sich die Badeorte im Norden aber erfolgreicher um die Sauberkeit des Wassers zu bemühen als die in Süditalien. So ist die Wasserqualität vor der ligurischen Hafenstadt Genua besser als vor Rom oder Neapel. Das beste Badewasser findet sich laut dem Bericht des Gesundheitsministeriums in den Regionen Ligurien, Emilia-Romagna und Toscana. Die italienische Umweltschutzorganisation Legambiente bestätigt dieses Ergebnis durch eine eigene Studie. Sie hat fast 300 Badeorte geprüft auf die Wasserqualität, aber auch auf andere Faktoren, die zu einem gelungenen Urlaub beitragen: eine Architektur, die sich harmonisch in die Landschaft fügt, Radwege und Fußgängerzonen. Ganz vorne platzierten sich der toskanische Küstenort Castiglione della Pescaia und die fünf Dörfer der Cinque Terre in Ligurien.

    Der Strand ist einfach wunderschön, sagt Benedetta Grati. Seit mehr als 20 Jahren verbringt sie ihren Sommerurlaub in Monterosso, dem südlichsten der Cinque Terre-Orte. Wer sich jedoch vorab informieren möchte, mit welcher Wasserqualität er an seinem Ferienziel rechnen kann, hat schlechte Karten. Der Bericht des Gesundheitsministeriums ist nämlich nicht öffentlich zugänglich. Zu brisant, vermutet die Biologin Daniela Turoli, die an der Universität Mailand zum Thema Wasserqualität forscht:

    " Es passiert leider häufig, dass Informationen dieser Art nicht verbreitet werden. Die ersten, die das nicht wollen, sind die, die vom Tourismus leben. Sie üben sogar einen gewissen Druck aus, indem sie von der Regierung eine Entschädigung fordern, falls aufgrund der negativen Nachrichten die Besucherzahlen zurückgehen. "

    Die Opposition hat inzwischen protestiert und die Veröffentlichung der Daten gefordert. Der Gesundheitsminister hat darauf bisher noch nicht entsprechend reagiert.