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Baden-Württemberg
Mit Notfallplan Wald gegen Baumschäden

Die Baden-Württembergischen Wälder haben unter den letzen Sommern gelitten. Deswegen hat Forstminister Peter Hauk (CDU) den sogenannten Notfallplan Wald ins Leben gerufen, um die Schäden zu bekämpfen. Der Finanzbedarf dafür läge bei jährlich 40 Millionen Euro.

Von Uschi Götz | 03.09.2019
Ein Traktor steht in einem baden-württembergischen Wald neben gefällten Bäumen.
Waldbegehung von Ministerpräsident Kretschmann (picture alliance/dpa - Patrick Seeger/dpa)
"Wir haben überall Schäden", erklärte Baden-Württembergs CDU Forstminister Peter Hauk. Im Rahmen eines Notfallplans soll nun jedoch eine genaue Analyse der Schäden erstellt werden. Dabei ist die Frage, welche Waldtypen betroffen sind:
"Der Nabu sagt immer wieder, man braucht naturnahe Mischwälder, da hat er Recht. Aber jetzt haben wir laut Bundeswaldinventur schon die naturnächsten Mischwälder überhaupt in Deutschland. Trockenheit und Hitze sind Phänomene, die unabhängig von der Waldgemeinschaft alle Bäume betreffen."
Die Fichte etwa auf dem Feldberg sterbe genauso ab, wie die Tanne in optimaler Höhe bei etwa 700 Meter.
"Die Buche in Hohenlohe, wo sie natürlich vorkommt, wo sie auch natürlich in Mischwäldern vorkommt, die Kiefer der Rheinebene, wo sie seit 200 bis 300 Jahren beheimatet ist - überall haben wir dramatische Schäden."
Notfallplan mit fünf Aktionsfeldern
Fünf Aktionsfelder sieht der Notfallplan vor, der auf einem sogenannten Waldgipfel in Stuttgart von Experten aus verschiedenen Bereichen diskutiert wurde. Im Rahmen eines Krisenmanagements in Baden-Württemberg sollen etwa Akteure aus Wälder verschiedenen Bereichen, wie etwa dem Waldschutz, dem Waldbau und dem Waldnaturschutz nun schnell vernetzt werden, um Konzepte für den Fortbestand regionaler zu erarbeiten.
Um die Ausbreitung von Schädlingen einzudämmen, will das Land die Holzvermarktung unterstützen. Hierzu zählt zum Beispiel, dass Genehmigungsverfahren für Nass- und Trockenlager beschleunigt werden. Ebenso soll die Forschung intensiviert werden.
"Bisher haben wir immer gesagt, Naturnähe ist das oberste Ziel. Das zweite Ziel, das gleichrangig damit einhergeht, heißt auch Klimastabilität oder zumindest Klima-Resilienz."
Baumarten und hohe Temperaturen
Doch welche Baumarten sind so widerstandsfähig, dass sie höhere Temperaturen vertragen? Vor allem die Douglasie aus Nordamerika habe eine wichtige Funktion beim Klimawandel. Das betonte Konstantin Freiherr von Teuffel, Direktor der Forstlichen Versuchs- und Forschungsanstalt Baden-Württemberg in Freiburg:
"Es ist auch richtig, dass die Nachfrage nach Douglasien aus den Baumschulen zugenommen hat, weil die Waldbesitzenden in Baden-Württemberg auch wissen, nicht erst seit gestern, dass die Fichte in vielen Bereichen des Landes Schwierigkeiten bekommen wird. Es ist auch richtig, dass wir jetzt in einen Dialog mit der Baumschulbranche eintreten müssen, und mit denen besprechen müssen, welche Provenienzen welcher Baumarten können wie schnell bereit gestellt werden, damit die Wiederbewaldung auch nicht so einseitig gelingt?"
Die Forstliche Versuchs- und Forschungsanstalt will künftig ihre Klimaforschung weiter ausbauen, auch die länderübergreifende Forschungsarbeit soll verstärkt werden. Im Rahmen des Notfallplans werden laut Forstminister Hauk in Kürze auch Waldbesitzende mehr Unterstützung und Beratung bekommen.
"Weil sich viele Privatwaldbesitzer nicht alleine gelassen fühlen, aber überfordert fühlen. Vor einer neuen Situation, die dann sagen: ‚Ja, was machen wir denn jetzt? Wenn es bisher nicht funktioniert hat, jetzt haben wir schon einigermaßen stabilen Mischwald gehabt, jetzt ist der gefressen worden, liegt am Boden, was passiert jetzt?‘ Da müssen wir die Beratung intensivieren, da muss auch mehr Personal auf die Fläche."
Finanzbedarf liegt bei 401 Millionen
Von der praktischen Arbeit im Wald bis zur Verwaltungsebene würden rund 200 neue Stellen benötigt, so Hauk. Der Finanzbedarf für den Notfallplan Wald belaufe sich auf jährlich 40 Millionen Euro.
Roland Burger, Präsident der Forstkammer Baden-Württemberg lobte den Notfallplan grundsätzlich. Gleichzeitig forderte er dazu auf, die Verfahren zu entbürokratisieren, damit die Hilfen bei den Waldeigentümern auch ankämen. Zum anderen müsse die Existenzsicherung für klimageschädigte Forstbetriebe durch weitergehende Maßnahmen gewährleistet werden. Unter anderem fordert die Forstkammer eine verstärkte Überwachung der Waldschäden durch sogenannte Waldläufer. Diese beobachten und dokumentieren den Befall einzelner Bäume.
Dietmar Hellmann von der Fortbetriebsleitung Schwarzach und Mitglied der AG Wald betonte, es sei nun wichtig, dass Landesregierung und Landtag die finanziellen Mittel bewilligten.
"Ohne dass wir das Geld bekommen, für das Personal und für die Maßnahmen im Wald und für die Waldbesitzer ist das nur ein leeres Papier."
"Wälder sind systemrelevant, wenn es darum geht, den Klimawandel einzudämmen"
Für den kommenden Freitag haben die Arbeitsgemeinschaft Wald und die Forstkammer in Stuttgart zu einer Demonstration für den Wald aufgerufen.
"Es geht nicht um die Rettung der Förster oder die Rettung der Waldbesitzer, es geht um die Rettung der Wälder. Und Wälder sind systemrelevant, wenn es darum geht, den Klimawandel einzudämmen."
Waldgipfel der Bundeslandwirtschaftsministerin Klöckner Ende September
Waldexperte und Greenpeace-Sprecher Volker Ziesling lobte den baden-württembergischen Waldgipfel ausdrücklich als guten Anfang. Doch auch er betonte, die vorgestellten Maßnahmen reichten nicht aus:
"Insbesondere wurde ausgeblendet das Thema Strategiewechsel in der Forstwirtschaft, das Thema Paradigmenwechsel in der Forstwirtschaft. Von daher war es ein kleiner Start, der in Ordnung war, aber die Diskussion muss weitergehen."
Baden-Württembergs Forstminister Hauk kündigte an, die Ergebnisse beim Waldgipfel der Bundeslandwirtschaftsministerin Klöckner Ende September einfließen zu lassen. Außerdem will sein Ministerium bis zum kommenden Frühjahr einen Masterplan Wald ausarbeiten.