Studiengebühren seien Standard in ganz Europa, argumentierte Baden-Württembergs grüner Ministerpräsident Winfried Kretschmann als er vor gut einem Monat ankündigte:
"Der Ministerrat hat heute die Einbringung des Gesetzentwurfes zur Einführung für Gebühren von international Studierenden, das heißt für Studierende außerhalb der europäischen Union und für ein Zweitstudium beschlossen."
Die grüne Landeswissenschaftsministerin Theresia Bauer sprach von einem sinnvollen und notwendigen Gesetz:
"Es ist notwendig, weil mit den Einnahmen, die wir aus den beiden Komponenten, Gebühren für Zweitstudium und international Studierende, die Einnahmen erhöhen, und die Alternative abwehren, die nämlich gewesen wäre, die Hochschulbudgets oder die Budgets für Kunst und Kultur entsprechend drastisch zu kürzen.
1.500 Euro pro Semester
1500 Euro pro Semester zahlen künftig Studenten aus Nicht-EU-Ländern, 600 Euro werden ab dem Wintersemester außerdem pro Semester für ein Zweitstudium fällig. Die Wissenschaftsministerin orientiere sich wohl an Donald Trump, wirft die FDP Landtagsfraktion Ministerin Bauer vor. FDP Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke glaubt, diskriminierende Studiengebühren für Nicht-EU-Ausländer zum Vermeiden einer Sparauflage kratzen erheblich am Nimbus kostenfreier Hochschulbildung. Auch die oppositionelle SPD im Landtag ist dagegen.
Kritik von Studierenden
Bevor das Gesetz endgültig auf den Weg gebracht wird, findet am 15. März noch eine öffentliche Anhörung im baden-württembergischen Landtag statt. In einem offenen Brief haben sich bereits im Vorfeld verschiedene Studentenvertretungen an die Wissenschaftsministerin gewandt. Darin lehnen sie sowohl Gebühren für ein Zweitstudium ab, ebenso Studiengebühren für Studenten aus dem Ausland.
"Der internationale Austausch von Menschen und Ideen sei eine Grundvoraussetzung für sehr gute Wissenschaft und eine wichtige Erfahrung für Studierende, Professorinnen und Professoren sowie Angestellte", heißt es in dem Brief. Sarah Graf AStA-Vorsitzende an der Universität Hohenheim betont:
"Wenn man mit internationalen Studierenden auf dem Campus spricht, stößt man auf zwei Hauptschwierigkeiten im Studium: das sind Wohnen und Studienfinanzierung. 15 Prozent der Studierenden finanzieren ihr Studium aus Lohn, ein Finanzierungsmodell, dass jetzt durch die Studiengebühren unmöglich wird."
Neuregelung trifft besonders Menschen aus Entwicklungsländern
Sarah Graf studiert Agrarwissenschaften und ist sicher, das Gesetz wird vor allem Menschen aus sogenannten Entwicklungsländern treffen.
"Unsere Fakultät ist massiv betroffen, wir haben in etwa so viele international Studierende wie die Musikhochschulen. Das sind insbesondere auch Studiengänge, die sich mit entwicklungsorientierten Themen auseinandersetzen. Unsere Absolventen gehen oft in ihre Heimatländer zurück und tragen dort dann zur Bekämpfung von Armut und Hunger bei."
Im Wintersemester 2015/16 waren rund 33.000 Internationale Studierende im Südwesten registriert. Stefan Küpper, Geschäftsführer für Bildungs- und Arbeitsmarktpolitik der Arbeitgeber Baden-Württemberg sagt, durch einen finanziellen Beitrag der Studierenden sei die chronische Unterfinanzierung im Hochschulbereich in den Griff zu bekommen:
"Mit dem jetzt vorliegenden Vorschlag würde zu mindestens das Signal kommen, dass das Thema wieder ein Stück enttabuisiert ist."
Studium würde für viele unfinanzierbar
Adrian Nelius hat im Herbst vergangenen Jahres eine Petition gegen die Wiedereinführung von Studiengebühren auf den Weg gebracht. Nelius ist längst berufstätig, aber mit einer Studentin aus Vietnam verheiratet. Seine Frau fällt dadurch auch künftig nicht unter die Gebührenregelung. Nelius ist also nicht selbst betroffen, vielmehr möchte der 30-Jährige mit der Petition auf die Situation von armen Menschen im Ausland aufmerksam machen:
"Es gibt natürlich, wie die Frau Bauer sagt, auch reiche Menschen in diesen Ländern, aber die kommen nicht zu uns zum Studieren. Die suchen sich dann England aus, Amerika. Diejenigen, die dann tatsächlich kaum Geld haben, die können entweder in ihrem Land gar nicht studieren oder die Familie arbeitet darauf hin, dass das Kind im Ausland studieren kann."
Knapp 15.000 Menschen haben die Petition bislang unterschrieben. Bei einem Aktionstag sollen die Unterschriften in den kommenden Wochen der Landespolitik überreicht werden.