29. UNO-Klimakonferenz
Klimaforscher Latif: "1,5-Grad-Ziel ist unrealistisch"

Morgen beginnt in Aserbaidschans Hauptstadt Baku die jährliche UNO-Klimakonferenz (COP29). Bereits im Vorfeld weisen Politiker und Wissenschaftler auf dringend erforderliche Maßnahmen im Kampf gegen den Klimawandel hin. Der Klimaforscher Mojib Latif bezeichnete diese Gipfel als nicht zielführend.

    Menschen gehen am Eingang der Weltklimakonferenz in Baku vorbei.
    COP29: Ab Montag beraten in Baku Vertreter von rund 200 Ländern über weitere Klimaschutzmaßnahmen. (picture alliance / ASSOCIATED PRESS / Peter Dejong)
    Denn nach 28 vorangegangenen Treffen sei immer noch kein Durchbruch erzielt worden, sagte der Professor am Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel der "Rhein-Neckar-Zeitung" aus Heidelberg. Auch bei der COP29 würden nur Symptome der Krise kuriert anstatt zu handeln. Dennoch sei es positiv zu sehen, dass die Konferenzen zumindest das Thema in die Öffentlichkeit rückten. Aber den eigentlichen Zweck erfüllten sie nicht.

    "1,5-Grad-Ziel immer wieder gerissen"

    Latif betonte, das weiterhin von der Staatengemeinschaft ausgegebene Ziel, den Anstieg der globalen Durchschnittstemperatur auf deutlich unter 2 Grad, möglichst 1,5 Grad im Vergleich zum vorindustriellen Niveau zu begrenzen, sei unrealistisch. Der Wert sei in den vergangenen Jahren immer wieder gerissen worden. Es habe daher etwas von Realitätsverweigerung, wenn man immer noch diesen Zielwert beschwöre. Selbst eine Begrenzung auf drei Grad sei gefährdet, sofern nicht schleunigst drastische Maßnahmen ergriffen würden. Die Erklärungen der letzten Weltklimakonferenzen vermitteln laut Latif den Willen dazu nicht.

    Finanzierung von Klimaschutz für die ärmsten Länder im Mittelpunkt

    In Baku beraten rund 200 Staaten zwei Wochen lang unter anderem über neue Finanzzusagen an arme Länder, damit diese die Folgen des Klimawandels abfedern können. Wichtigste Ziele sind größere Klimaschutzverpflichtungen sowie die Mobilisierung von Geldgebern für ärmste Staaten. Nach Expertenschätzungen brauchen die Entwicklungsländer für Klimaschutz und Klimaanpassung künftig mindestens eine Billion Dollar pro Jahr.

    Bundesregierung mahnt mehr Engagement an

    Alle Länder, die es sich leisten könnten, seien nun gefragt, erklärte Bundesaußenministerin Baerbock. Damit seien Staaten gemeint, die bislang nicht zu den klassischen Gebern gehörten, aber die nötige Wirtschaftskraft hätten. Bundesentwicklungsministerin Schulze warnte vor Resignation im Kampf gegen den Klimawandel. Jedes vermiedene Zehntelgrad Erwärmung zähle, weil es die Dürren, Fluten und Hitzewellen der Zukunft abmildere, sagte Schulze den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Wissenschaftler gehen nach den Worten der Ministerin davon aus, dass das angestrebte 1,5-Grad-Ziel möglicherweise kurzfristig überschritten wird. Langfristig könne es nur eingehalten werden, wenn die Menschheit damit beginne, CO2 wieder aus der Atmosphäre zu entnehmen, betonte Schulze. Es müsse in allen Ländern sichtbare Fortschritte geben.

    Scholz mahnt Erfolg der Konferenz an

    Bundeskanzler Scholz betonte in einem Telefonat mit dem aserbaidschanischen Präsidenten Alijew die Notwendigkeit eines erfolgreichen Treffens. Scholz habe Deutschlands Unterstützung bei der Vereinbarung eines neuen internationalen Klimafinanzierungsziels für die Zeit nach 2025 zugesagt, teilte eine Regierungssprecherin in Berlin mit. Nach dem Koalitionsbruch hatte Scholz seine Teilnahme an der Konferenz der Vereinten Nationen (COP29) abgesagt.

    Taliban wollen Delegation nach Baku entsenden

    Die islamistischen Taliban kündigten erstmals seit der Machtübernahme in Afghanistan im August 2021 die Teilnahme an der Klimakonferenz an. Man werde eine Delegation nach Baku entsenden, heißt es in einer Mitteilung. Das Land am Hindukusch bekommt die Erderwärmung nach Einschätzung von Experten unter anderem in Form von Fluten, Dürren und fortschreitender Wüstenbildung zu spüren. Afghanistan zählt laut UNO-Entwicklungsprogramm zu den zwölf ärmsten Ländern der Welt. Die herrschenden Taliban sind insbesondere wegen ihrer Missachtung von Menschen- und vor allem Frauenrechten international isoliert.
    Diese Nachricht wurde am 10.11.2024 im Programm Deutschlandfunk gesendet.