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Bahnpolitik vor der Bundestagswahl

Die Aktien der Deutsche Bahn AG gehören zu 100 Prozent dem deutschen Staat - die Politik kann also mitreden bei der Zukunft der Bahn. Wie diese sich die einzelnen Parteien vorstellen, das wollte die Allianz Pro Schiene noch vor der Bundestagswahl wissen und lud deshalb Abgeordnete zur Diskussion ein.

Von Dieter Nürnberger |
    Überraschend bei dieser Podiumsdiskussion war vor allem die Tatsache, dass derzeit zumindest finanziell bei der Bahn eine Situation herrscht, die im Gegensatz zu früheren Jahren durchaus komfortabel ist. Der Grund ist die Finanzkrise - so widersprüchlich dies erst einmal klingen mag - denn durch die diversen zusätzlichen Konjunkturkrisenprogramme ist die Bahn in diesem Jahr recht gut ausgestattet. Gut vier Milliarden Euro Investitionsmittel gibt es für die Schiene, doch wurde in der Diskussion schnell deutlich, dass es so wohl nicht weitergehen wird. Uwe Beckmeyer ist der verkehrspolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion.

    "Wir müssen momentan aufpassen, dass wir in dieser wirtschaftlichen Krise - die vor allem für den Bereich des Transports enorme Einbrüche mit sich bringt, ein Minus von 20 bis 30 Prozent - die Strukturen erhalten können. Wir müssen aufpassen, dass diese nicht wegbrechen."

    Somit seien haushaltspolitische Vorhersagen auf diesem Gebiet für die Zeit nach der Bundestagswahl so gut wie unmöglich. Und keiner der verkehrspolitischen Sprecher der Fraktionen wagte sich denn auch auf dieses Terrain. Alle wollen die Schiene stärken - das wurde deutlich - aber eben auch mit verschiedenen Ansätzen. Die CDU will vor allem den alten Streit beenden, der da heißt, Schiene und Straße stünden im Widerspruch zueinander. Das stimme längst nicht mehr, sagt Dirk Fischer von der Union. Es gehe heute mehr denn je um eine sinnvolle Vernetzung.

    "Also muss die Vernetzung funktionieren. Und die Unternehmen sind ja heutzutage schon in sich selbst vernetzt. Wenn beispielsweise jemand von der Deutschen Bahn daherkommt und über die LKW schimpft, dann verwundert mich das. Denn die Bahn ist der größte LKW-Carrier in Deutschland und sogar in Europa."

    Einigkeit herrschte darüber, dass die Schiene auch nach der Bundestagswahl von den Einnahmen aus der LKW-Maut profitieren soll. Derzeitigen Forderungen der LKW-Lobby wurde somit eine Absage erteilt. So soll der festgelegte Verteilungsschlüssel bei den Mauteinnahmen bleiben - 38 Prozent fließen derzeit daraus in den Bereich Schiene. Winfried Herrmann von den Grünen machte aber auch deutlich, dass es nicht allein nur ums Geld gehe. Generell müsse auch die Bahn als Konzern die Weichen richtig stellen.

    "Es kommt nicht nur darauf an, mehr Mittel für die Schiene zu holen. Denn wir haben auch unter Rot-Grün schmerzhaft lernen müssen, dass wir viel Geld zur Verfügung gestellt haben, um anschließend zu sehen, dass dieses Geld in unsinnigen Großprojekten verpulvert worden ist. Es hat dem Netz insgesamt wenig gebracht. Unser Ziel muss sein, dass wir generell das Netz ertüchtigen. Und eine höhere Grundgeschwindigkeit im ganzen Netz bekommen und nicht eine Hochgeschwindigkeit auf nur wenigen Strecken."

    Überraschenderweise spielte die so lange geführte Diskussion pro und kontra Privatisierung der Bahn keine Rolle. Die FDP will aber vor allem mehr Wettbewerb auf der Schiene, das zumindest ist das Leitbild von Horst Friedrich.

    "Es muss auch Wettbewerb mit fairen Kriterien auf der Schiene geben. Denn das hebt die Effizienz. Und im Endeffekt muss auch geguckt werden, dass wir das ganze in eine in sich stimmige europäische Eisenbahnpolitik einbetten. Das ist aus meiner Sicht der größte Pferdefuss."

    Die Schiene hat mit den verkehrspolitischen Sprechern der Fraktionen durchaus Unterstützer. Wie es aber finanziell weitergeht, ist schwierig vorherzusagen. Alle Teilnehmer fordern aber eines: Eine Verstetigung der Finanzmittel für die Schiene. Eine verlässliche Finanzierung also, mit der man in jedem Haushaltsjahr rechnen kann. Die Allianz pro Schiene, der Veranstalter, wagte sich da am meisten vor: Man nannte eine Summe von rund fünf Milliarden Euro jährlich.