Donnerstag, 25. April 2024

Archiv

Bahnstreik
GDL startet fast einwöchigen Ausstand

Heute hat der längste Streik in der Geschichte der Bahn begonnen: Die Lokführergewerkschaft GDL hat ab 15 Uhr zum Ausstand im Güterverkehr gerufen, ab 2 Uhr in der Nacht zum Dienstag ist der Personenverkehr dran. "Die Bahn zwingt uns dazu", sagen die Lokführer, die ab Sonntag ihre Arbeit wieder aufnehmen wollen.

04.05.2015
    Die Bahn tritt in einen fast einwöchigen Streik - hier ein Bild vom Stuttgarter Hauptbahnhof.
    Die Bahn tritt in einen fast einwöchigen Streik - hier ein Bild vom Stuttgarter Hauptbahnhof. (imago stock & people)
    Auch wenn die Bahn an einem Notfallfahrplan arbeitet, müssen sich Reisende auf sechs Tage voller Zugausfälle und ungewisser Verbindungen einstellen. Die Bahn bietet Erstattungen an.
    Es ist bereits der achte Streik in der seit Monaten laufenden Auseinandersetzung. Der GDL-Vorsitzende Claus Weselsky verteidigte den Megastreik. "Die Eskalation verursacht die Deutsche Bahn AG", sagte er in Berlin. Der Arbeitgeber verhandele seit zehn Monaten, ohne ein Ergebnis zu wollen. "Einen Schritt vor, zwei zurück", sei die Strategie der Bahn. "Erneut zwingt die Deutsche Bahn die eigenen Lokomotivführer, Lokrangierführer und Zugbegleiter zum Arbeitskampf", erklärte die GDL am Sonntagabend.
    Alte Streitpunkte zwischen Bahn und GDL weiter ungelöst
    Die Gewerkschaft hatte am vergangenen Donnerstag das neue Tarifangebot der Bahn zurückgewiesen und einen weiteren, langen Arbeitskampf angekündigt.
    Die Bahn hatte angeboten, die Löhne sollten vom 1. Juli an in zwei Stufen um insgesamt 4,7 Prozent steigen. Dazu komme eine Einmalzahlung von insgesamt 1000 Euro bis zum 30. Juni. Die GDL fordert für die Beschäftigten fünf Prozent mehr Geld und eine Stunde weniger Arbeitszeit pro Woche.
    Doch das Geld ist nicht der Knackpunkt. Die GDL will auch Lokrangierführer und Zugbegleiter vertreten. Der Konflikt ist auch deshalb so schwierig, weil die GDL mit der größeren Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) um Einfluss im Konzern ringt. Zudem will die GDL einen Erfolg erzielen, bevor das geplante Tarifeinheitsgesetz der schwarz-roten Bundesregierung die Macht kleiner Gewerkschaften beschränkt. Am Montag gibt es im Bundestag eine Anhörung zu dem Gesetz. Die GDL hat mehrfach formuliert, dass sie ein "Aussitzen" der Bahn befürchtet. Die aktuelle Streikerklärung ist entsprechend betitelt: "DB-Vorstand bestreikt Verhandlungen - das Zugpersonal streikt für seine Grundrechte."
    Fahrgastverband kritisiert GDL
    Sven Schmitte, Sprecher der GDL NRW, sagte in der "Rheinischen Post": "Wer Mitarbeiterinteressen über Jahrzehnte ignoriert und sich in einer Tarifrunde so verantwortungslos verhält wie der DB Vorstand, der bekommt die Rote Karte von der Belegschaft! Herr Weber, geben sie ihre Anti-GDL Haltung im Interesse der Mitarbeiter und der Fahrgäste endlich auf!"
    Karl-Peter Naumann vom Fahrgastverband Pro Bahn kritisierte im Heute-Journal die GDL: "Hier gibt es den Streik nicht nur gegen das Unternehmen, sondern es ist eben auch ein Streik gegen die Fahrgäste und letztlich auch gegen das System Eisenbahn. Und hier appellieren wir an die Verantwortung der GDL, das System Eisenbahn nicht zu schädigen. Denn damit würde die GDL den Ast absägen, auf dem sie selbst sitzt."
    Schlichtung durch Dritte kommt ins Gespräch
    Bahn-Personalvorstand Ulrich Weber brachte am Sonntag erneut eine Schlichtung ins Spiel. Auch der Vorsitzende des Dachverbands dbb-Beamtenbundes, dem die GDL angehört, macht sich dafür stark. "Wenn dieser Streik nicht zu einem Verhandlungsergebnis führt, wird es sinnvoll sein, auf einen unabhängigen Dritten zurückzugreifen", sagte ddb-Chef Klaus Dauderstädt der "Süddeutschen Zeitung" (Montag). Dies lehnt die Gewerkschaft ab. Der SPD-Verkehrspolitiker Andreas Rimkus nannte im Deutschlandfunk ebenfalls einen Schlichter als eine mögliche Lösung und warnte vor einem Dauerstreik.
    Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel sagte der "Bild": "Der Tarifstreit bei der Bahn ist für Außenstehende kaum noch nachzuvollziehen. Alle Beteiligten müssen sich fragen, ob der Schaden, den dieser Ausstand anrichten könnte, noch in einem vernünftigen Verhältnis zur eigentlichen Auseinandersetzung steht. Statt Deutschland lahmzulegen, brauchen wir ernsthafte Verhandlungen." Zuletzt hatten die Lokführer von 21. bis 23. April gestreikt.
    (nch/dk)