Jochen Spengler: Am Telefon ist Claus Weselsky, stellvertretender Bundesvorsitzender der Lokführergewerkschaft. Guten Morgen, Herr Weselsky!
Claus Weselsky: Guten Morgen, Herr Spengler!
Spengler: Werden Sie am Mittwoch Deutschland flächendeckend stilllegen?
Weselsky: Nein, Herr Spengler, so schnell wird das nicht gehen. Wir haben den Reisenden zugesagt, mindestens 24 Stunden vorher die Information rauszugeben. Und wir müssen innerhalb dieser von uns jetzt durchzuführenden Arbeitskampfmaßnahmen sehr wohl darauf achten, dass wir die Verhältnismäßigkeit wahren.
Spengler: Aber es wird zum Streik kommen?
Weselsky: Solange uns die Bahn kein verbessertes Angebot rüberbringt in Richtung höheres Einkommen und verbesserter Arbeitszeiten in einem eigenen Tarifvertrag, wird das leider der Fall sein müssen.
Spengler: Ab wann dann?
Weselsky: Nun gut, offiziell, wenn die Urabstimmung heute erledigt ist, könnten wir ab morgen bereits mit Arbeitskampf beginnen. Wir werden aber erst heute mit unseren Gremien beraten und unsere Strategie festlegen.
Spengler: Also frühestens Mittwoch?
Weselsky: Das kann man so sagen. Wenn man die 24 Stunden Ankündigungszeit draufrechnet, dann weiß man, dass wir am Mittwoch frühestens mit Arbeitskampf rechnen können.
Spengler: Herr Weselsky, wie viel Ihrer 15.500 Lokführer dürfen und werden streiken? Da sind ja auch Beamte drunter.
Weselsky: Ja, wir haben beim Fahrpersonal insgesamt 40 Prozent Beamte, und diese Kollegen können an den Arbeitskampfmaßnahmen nicht aktiv teilnehmen.
Spengler: Also gut die Hälfte, 8.000 könnten streiken?
Weselsky: 60 Prozent der von uns organisierten Lokomotivführer sind Tarifkräfte und können streiken.
Spengler: Bahnchef Mehdorn hält Ihre Forderung nach 31 Prozent mehr Gehalt für, so wörtlich, "irrwitzig". Die anderen Bahngewerkschaften waren mit viereinhalb Prozent Plus zufrieden. Ist das Fahrpersonal, das Sie vertreten, etwas Besseres?
Weselsky: Nicht etwas Besseres, aber differenziert zu betrachten. Das Fahrpersonal unterliegt speziellen Einsatzzeiten, speziellen verantwortungsvollen Aufgaben. Und es ist uns in der Vergangenheit in gemeinsamen Tarifverhandlungen nicht gelungen, sie tariflich so abzubilden, wie sie abgebildet werden müssten, nämlich mit einem höheren Einkommen und besseren Arbeitszeiten.
Spengler: Was verdient denn ein Lokführer heute?
Weselsky: Das kommt drauf an, von wo aus man das betrachtet. Im Bruttobereich zwischen 1.970 am Anfang und 2.142 als Endgehalt. Wenn man das für einen alleinstehenden Lokführer runterrechnet, ist man im Nettobereich mit 1.500 Euro angelangt.
Spengler: Wenn Lokführer Familie haben, sind sie dann oft Alleinverdiener, oder verdient die Ehefrau oft mit?
Weselsky: Das ist systemimmanent, sagen wir dazu. Die sind sehr oft Alleinverdiener, weil sie aufgrund der unregelmäßigen Dienste, also Schichten rund um die Uhr, über die Wochenenden und Dienstbeginn und -ende zu jeder Tages- und Nachtzeit naturgemäß nicht an der Erziehung der Kinder teilnehmen können, so dass das alles bei den Frauen liegt. Und die sind dadurch gehindert, eigenständigen Berufen nachzugehen.
Spengler: Also 2.140 Euro brutto, das habe ich richtig verstanden?
Weselsky: Das haben Sie so richtig verstanden.
Spengler: Wie viel verdient ein Lokführer denn anderswo in der EU?
Weselsky: Wenn wir unsere europäischen Nachbarn betrachten, gibt es in keinem europäischen - westeuropäischen Land möchte ich einschränken - ein Einkommen, das vergleichbar niedrig ist zum deutschen Lokomotivführer. Zwischen 55- und 90.000 sind die Jahresgehälter, das heißt, umgerechnet zwischen zweieinhalb bis insgesamt ca. 5.000 Euro brutto im Monat sind die Einkommen unserer Kollegen in den westeuropäischen Ländern.
Spengler: Und diese 31 Prozent, die Sie fordern, wie viel bedeutet das jetzt brutto in absoluten Zahlen? Was wollen Sie haben als Endgehalt?
Weselsky: Nun gut, wer die Geschichte verfolgt hat, weiß ja, dass die 31 eigentlich nicht unser Baby waren, das hat der Bahnvorstand in die Welt gesetzt. Und wir wissen, dass die 31 kaum oder eigentlich überhaupt nie beim Abschluss zum Tragen kommen werden. Was wir wollen, sind 2.500 Euro Einstiegsgehalt für Lokomotivführer mit einer Entwicklung über 30 Berufsjahre auf 2.999, also rund 3.000 Euro. Das sind unsere Zielvorstellungen, und die liegen bei weitem nicht im Bereich von 31 Prozent.
Spengler: Ist das nicht etwa 31 Prozent, von 2.100 auf 3.000 ist sogar mehr als 30 Prozent Steigerung.
Weselsky: Das sieht erst mal so aus, wenn man die nackten Zahlen betrachtet. Aber wir haben ja in unserer Einkommensstruktur vorgeschlagen, dass wir die Zulagen und Zuschläge mit umschichten, das heißt also aus dem Bereich von Zulagen raus in das Bruttotabellenentgelt mit eingebunden. Und dadurch ergibt sich am Ende nicht so eine hohe Spanne.
Spengler: Herr Weselsky, nun ist diese Tarifstruktur, die Sie jetzt beklagen, ja nicht erst seit gestern da. Warum sind Sie die nicht längst angegangen, warum muss jetzt alles auf einmal passieren?
Weselsky: Das sieht auch für Außenstehende so aus, als ob das jetzt von der GDL mit einem Gewaltritt durchgezogen werden soll, ist aber nicht so. Wir haben bereits 2002 den sogenannten Ergänzungstarifvertrag abgewehrt, in dem nur das Fahrpersonal verschlechterte Arbeitszeitbedingungen hinnehmen sollte. Wir haben 2003 schon einmal mittels kurzem Warnstreik und den dann folgenden Gerichtsverfahren den Weg beschritten in Richtung eines eigenständigen Tarifvertrages, haben uns anschließend begeben wieder in gemeinsame Tarifverhandlungen, in abgestimmte Tarifforderungen.
Und Sie sehen, von 2002 bis 2007 ist dahingehend nichts passiert. Es ist uns in gemeinsamen Tarifverhandlungen nicht gelungen, das Einkommen und die Arbeitszeit für unser Fahrpersonal zu verbessern. Es wurde immer den Interessen aller Eisenbahner untergeordnet. Und das hat dazu geführt, dass wir gesagt haben, jetzt geht's nicht mehr anders, jetzt ist Schluss, wir müssen die Interessen unserer Kolleginnen und Kollegen auch eigenständig durchsetzen.
Spengler: Ihr Gegenpart, Hartmut Mehdorn, sagt, dass die Lokführer bei inländischen Bahnkonkurrenten bis zu einem Viertel weniger verdienen als sie und er beklagt, dass Sie sich als Gewerkschaft auf Abschlüsse von 2 bis 3 Prozent bei den Konkurrenten der Bahn eingelassen hätten. Stimmt das?
Weselsky: Das stimmt so nicht. Das muss ich ein Stück weit korrigieren. Es gibt Konkurrenten bei der Bahn, die ein bis zu 25 Prozent niedrigeres Tarifniveau haben, aber wir sagen an dieser Stelle ganz klar, nicht eine Firma, die von der GDL tarifiert worden ist, liegt so weit drunter. Hier haben wir zu verzeichnen, dass die Transnet in der Vergangenheit die Firmen so tief tarifiert hat ...
Spengler: Die Konkurrenzgewerkschaft.
Weselsky: Richtig, die Konkurrenzgewerkschaft. Und wir brauchen jetzt viele Jahre, um diese Schere ein Stück weit wieder zu schließen und die Einkommen im […]-Bereich - wir sagen dazu nichtbundeseigene Eisenbahn - hier die Einkommen unseren denen bei der DB anzunähern.
Spengler: Herr Weselsky, wenn es so ist, dass es zum Streik kommt, dann schaden Sie mit Ihrem Streik ja nicht nur dem Unternehmen, wie das immer bei einem Streik der Fall ist, sondern Sie streiken eigentlich auch zulasten Dritter. Sie nehmen die Fahrgäste als Geiseln, die nicht zur Arbeit kommen, die nicht in den Urlaub kommen. Wieso sollten die eigentlich Verständnis haben für Ihren Streik?
Weselsky: Leider ist es so, dass wir auch die Fahrgäste beeinträchtigen. Wir haben aber keine andere Möglichkeit. Sie haben bis jetzt ja sehr hohes Verständnis gehabt. Selbst in den Zeiten, in denen wir den Streik umgesetzt haben, waren die Fahrgäste verständnisvoll und haben gesagt, dass das nicht sein kann, dass Lokomotivführer und Zugbegleiter so niedrige Einkommen haben.
Wir verweisen an der Stelle sehr intensiv darauf. Es liegt in der Verantwortung des Arbeitgebers. Nicht nur die GDL kann den Streik vermeiden. Der Arbeitgeber kann ihn vermeiden, wenn er uns ein ordentlich Angebot rüberbringt. Und das, was wir tun können an Vermeidbarkeit, Beeinträchtigung für die Reisenden, das werden wir tun. Wenn dieser Bahnvorstand nicht nachgibt, werden wir am Ende des Prozesses auch nicht verhindern können, dass die Reisenden beeinträchtigt werden. Aber das ist nicht unser Ziel. Wir wollen verhandeln über den eigenständigen Tarifvertrag, über verbesserte Einkommen und verbesserte Arbeitszeiten.
Spengler: Liegt die Härte dieses Konflikts auch daran, dass es zwischen dem Bahnchef Hartmut Mehdorn und Ihrem Gewerkschaftschef Manfred Schell eine persönliche Feindschaft gibt?
Weselsky: Nein, kann ich keinesfalls bestätigen. Das, was hier passiert, ist schlicht und ergreifend von der Tatsache geprägt, erstens, der Bahnvorstand weigert sich vehement, mit uns einen eigenständigen Tarifvertrag abzuschließen. Zweitens, offensichtlich sieht Bahnchef Mehdorn an dieser Stelle auch seine Privatisierungsstrategie ein Stück weit in Gefahr, wenn die GDL es schafft, für das Fahrpersonal einen eigenständigen Tarifvertrag zu kreieren. Denn wie Sie wissen, ist die GDL nicht dafür, dass die Bahn, so, wie sie jetzt ist, privatisiert, also kapitalprivatisiert wird und an den Aktienmarkt geht.
Spengler: Das war Claus Weselsky, stellvertretender Bundesvorsitzender der Lokführergewerkschaft GDL. Herr Weselsky, herzlichen Dank für das Gespräch.
Weselsky: Herr Spengler, ich bedanke mich auch für das Gespräch.
Claus Weselsky: Guten Morgen, Herr Spengler!
Spengler: Werden Sie am Mittwoch Deutschland flächendeckend stilllegen?
Weselsky: Nein, Herr Spengler, so schnell wird das nicht gehen. Wir haben den Reisenden zugesagt, mindestens 24 Stunden vorher die Information rauszugeben. Und wir müssen innerhalb dieser von uns jetzt durchzuführenden Arbeitskampfmaßnahmen sehr wohl darauf achten, dass wir die Verhältnismäßigkeit wahren.
Spengler: Aber es wird zum Streik kommen?
Weselsky: Solange uns die Bahn kein verbessertes Angebot rüberbringt in Richtung höheres Einkommen und verbesserter Arbeitszeiten in einem eigenen Tarifvertrag, wird das leider der Fall sein müssen.
Spengler: Ab wann dann?
Weselsky: Nun gut, offiziell, wenn die Urabstimmung heute erledigt ist, könnten wir ab morgen bereits mit Arbeitskampf beginnen. Wir werden aber erst heute mit unseren Gremien beraten und unsere Strategie festlegen.
Spengler: Also frühestens Mittwoch?
Weselsky: Das kann man so sagen. Wenn man die 24 Stunden Ankündigungszeit draufrechnet, dann weiß man, dass wir am Mittwoch frühestens mit Arbeitskampf rechnen können.
Spengler: Herr Weselsky, wie viel Ihrer 15.500 Lokführer dürfen und werden streiken? Da sind ja auch Beamte drunter.
Weselsky: Ja, wir haben beim Fahrpersonal insgesamt 40 Prozent Beamte, und diese Kollegen können an den Arbeitskampfmaßnahmen nicht aktiv teilnehmen.
Spengler: Also gut die Hälfte, 8.000 könnten streiken?
Weselsky: 60 Prozent der von uns organisierten Lokomotivführer sind Tarifkräfte und können streiken.
Spengler: Bahnchef Mehdorn hält Ihre Forderung nach 31 Prozent mehr Gehalt für, so wörtlich, "irrwitzig". Die anderen Bahngewerkschaften waren mit viereinhalb Prozent Plus zufrieden. Ist das Fahrpersonal, das Sie vertreten, etwas Besseres?
Weselsky: Nicht etwas Besseres, aber differenziert zu betrachten. Das Fahrpersonal unterliegt speziellen Einsatzzeiten, speziellen verantwortungsvollen Aufgaben. Und es ist uns in der Vergangenheit in gemeinsamen Tarifverhandlungen nicht gelungen, sie tariflich so abzubilden, wie sie abgebildet werden müssten, nämlich mit einem höheren Einkommen und besseren Arbeitszeiten.
Spengler: Was verdient denn ein Lokführer heute?
Weselsky: Das kommt drauf an, von wo aus man das betrachtet. Im Bruttobereich zwischen 1.970 am Anfang und 2.142 als Endgehalt. Wenn man das für einen alleinstehenden Lokführer runterrechnet, ist man im Nettobereich mit 1.500 Euro angelangt.
Spengler: Wenn Lokführer Familie haben, sind sie dann oft Alleinverdiener, oder verdient die Ehefrau oft mit?
Weselsky: Das ist systemimmanent, sagen wir dazu. Die sind sehr oft Alleinverdiener, weil sie aufgrund der unregelmäßigen Dienste, also Schichten rund um die Uhr, über die Wochenenden und Dienstbeginn und -ende zu jeder Tages- und Nachtzeit naturgemäß nicht an der Erziehung der Kinder teilnehmen können, so dass das alles bei den Frauen liegt. Und die sind dadurch gehindert, eigenständigen Berufen nachzugehen.
Spengler: Also 2.140 Euro brutto, das habe ich richtig verstanden?
Weselsky: Das haben Sie so richtig verstanden.
Spengler: Wie viel verdient ein Lokführer denn anderswo in der EU?
Weselsky: Wenn wir unsere europäischen Nachbarn betrachten, gibt es in keinem europäischen - westeuropäischen Land möchte ich einschränken - ein Einkommen, das vergleichbar niedrig ist zum deutschen Lokomotivführer. Zwischen 55- und 90.000 sind die Jahresgehälter, das heißt, umgerechnet zwischen zweieinhalb bis insgesamt ca. 5.000 Euro brutto im Monat sind die Einkommen unserer Kollegen in den westeuropäischen Ländern.
Spengler: Und diese 31 Prozent, die Sie fordern, wie viel bedeutet das jetzt brutto in absoluten Zahlen? Was wollen Sie haben als Endgehalt?
Weselsky: Nun gut, wer die Geschichte verfolgt hat, weiß ja, dass die 31 eigentlich nicht unser Baby waren, das hat der Bahnvorstand in die Welt gesetzt. Und wir wissen, dass die 31 kaum oder eigentlich überhaupt nie beim Abschluss zum Tragen kommen werden. Was wir wollen, sind 2.500 Euro Einstiegsgehalt für Lokomotivführer mit einer Entwicklung über 30 Berufsjahre auf 2.999, also rund 3.000 Euro. Das sind unsere Zielvorstellungen, und die liegen bei weitem nicht im Bereich von 31 Prozent.
Spengler: Ist das nicht etwa 31 Prozent, von 2.100 auf 3.000 ist sogar mehr als 30 Prozent Steigerung.
Weselsky: Das sieht erst mal so aus, wenn man die nackten Zahlen betrachtet. Aber wir haben ja in unserer Einkommensstruktur vorgeschlagen, dass wir die Zulagen und Zuschläge mit umschichten, das heißt also aus dem Bereich von Zulagen raus in das Bruttotabellenentgelt mit eingebunden. Und dadurch ergibt sich am Ende nicht so eine hohe Spanne.
Spengler: Herr Weselsky, nun ist diese Tarifstruktur, die Sie jetzt beklagen, ja nicht erst seit gestern da. Warum sind Sie die nicht längst angegangen, warum muss jetzt alles auf einmal passieren?
Weselsky: Das sieht auch für Außenstehende so aus, als ob das jetzt von der GDL mit einem Gewaltritt durchgezogen werden soll, ist aber nicht so. Wir haben bereits 2002 den sogenannten Ergänzungstarifvertrag abgewehrt, in dem nur das Fahrpersonal verschlechterte Arbeitszeitbedingungen hinnehmen sollte. Wir haben 2003 schon einmal mittels kurzem Warnstreik und den dann folgenden Gerichtsverfahren den Weg beschritten in Richtung eines eigenständigen Tarifvertrages, haben uns anschließend begeben wieder in gemeinsame Tarifverhandlungen, in abgestimmte Tarifforderungen.
Und Sie sehen, von 2002 bis 2007 ist dahingehend nichts passiert. Es ist uns in gemeinsamen Tarifverhandlungen nicht gelungen, das Einkommen und die Arbeitszeit für unser Fahrpersonal zu verbessern. Es wurde immer den Interessen aller Eisenbahner untergeordnet. Und das hat dazu geführt, dass wir gesagt haben, jetzt geht's nicht mehr anders, jetzt ist Schluss, wir müssen die Interessen unserer Kolleginnen und Kollegen auch eigenständig durchsetzen.
Spengler: Ihr Gegenpart, Hartmut Mehdorn, sagt, dass die Lokführer bei inländischen Bahnkonkurrenten bis zu einem Viertel weniger verdienen als sie und er beklagt, dass Sie sich als Gewerkschaft auf Abschlüsse von 2 bis 3 Prozent bei den Konkurrenten der Bahn eingelassen hätten. Stimmt das?
Weselsky: Das stimmt so nicht. Das muss ich ein Stück weit korrigieren. Es gibt Konkurrenten bei der Bahn, die ein bis zu 25 Prozent niedrigeres Tarifniveau haben, aber wir sagen an dieser Stelle ganz klar, nicht eine Firma, die von der GDL tarifiert worden ist, liegt so weit drunter. Hier haben wir zu verzeichnen, dass die Transnet in der Vergangenheit die Firmen so tief tarifiert hat ...
Spengler: Die Konkurrenzgewerkschaft.
Weselsky: Richtig, die Konkurrenzgewerkschaft. Und wir brauchen jetzt viele Jahre, um diese Schere ein Stück weit wieder zu schließen und die Einkommen im […]-Bereich - wir sagen dazu nichtbundeseigene Eisenbahn - hier die Einkommen unseren denen bei der DB anzunähern.
Spengler: Herr Weselsky, wenn es so ist, dass es zum Streik kommt, dann schaden Sie mit Ihrem Streik ja nicht nur dem Unternehmen, wie das immer bei einem Streik der Fall ist, sondern Sie streiken eigentlich auch zulasten Dritter. Sie nehmen die Fahrgäste als Geiseln, die nicht zur Arbeit kommen, die nicht in den Urlaub kommen. Wieso sollten die eigentlich Verständnis haben für Ihren Streik?
Weselsky: Leider ist es so, dass wir auch die Fahrgäste beeinträchtigen. Wir haben aber keine andere Möglichkeit. Sie haben bis jetzt ja sehr hohes Verständnis gehabt. Selbst in den Zeiten, in denen wir den Streik umgesetzt haben, waren die Fahrgäste verständnisvoll und haben gesagt, dass das nicht sein kann, dass Lokomotivführer und Zugbegleiter so niedrige Einkommen haben.
Wir verweisen an der Stelle sehr intensiv darauf. Es liegt in der Verantwortung des Arbeitgebers. Nicht nur die GDL kann den Streik vermeiden. Der Arbeitgeber kann ihn vermeiden, wenn er uns ein ordentlich Angebot rüberbringt. Und das, was wir tun können an Vermeidbarkeit, Beeinträchtigung für die Reisenden, das werden wir tun. Wenn dieser Bahnvorstand nicht nachgibt, werden wir am Ende des Prozesses auch nicht verhindern können, dass die Reisenden beeinträchtigt werden. Aber das ist nicht unser Ziel. Wir wollen verhandeln über den eigenständigen Tarifvertrag, über verbesserte Einkommen und verbesserte Arbeitszeiten.
Spengler: Liegt die Härte dieses Konflikts auch daran, dass es zwischen dem Bahnchef Hartmut Mehdorn und Ihrem Gewerkschaftschef Manfred Schell eine persönliche Feindschaft gibt?
Weselsky: Nein, kann ich keinesfalls bestätigen. Das, was hier passiert, ist schlicht und ergreifend von der Tatsache geprägt, erstens, der Bahnvorstand weigert sich vehement, mit uns einen eigenständigen Tarifvertrag abzuschließen. Zweitens, offensichtlich sieht Bahnchef Mehdorn an dieser Stelle auch seine Privatisierungsstrategie ein Stück weit in Gefahr, wenn die GDL es schafft, für das Fahrpersonal einen eigenständigen Tarifvertrag zu kreieren. Denn wie Sie wissen, ist die GDL nicht dafür, dass die Bahn, so, wie sie jetzt ist, privatisiert, also kapitalprivatisiert wird und an den Aktienmarkt geht.
Spengler: Das war Claus Weselsky, stellvertretender Bundesvorsitzender der Lokführergewerkschaft GDL. Herr Weselsky, herzlichen Dank für das Gespräch.
Weselsky: Herr Spengler, ich bedanke mich auch für das Gespräch.