Von Thomas Migge
Ganz generell geht es darum, den vielleicht schönsten Friedhof Italiens wieder in altem Glanz erstrahlen zu lassen. Es geht um die Wände der Mauern dieses Friedhofs, die vom 13. bis 15. Jahrhundert von bedeutenden Künstlern bemalt worden sind. Diese Wandmalereien sind während des zweiten Weltkriegs von den Wänden abgenommen worden.
Eine immense Arbeit, weiß Ingenieur Giuseppe Bentivoglio, technischer Direktor des Camposanto in Pisa, zu dem auch der schiefe Turm gehört, denn immerhin handelt es sich um rund 2.000 qm Wandfresken. Aus Angst vor alliierten Bomben wurden diese Bilder zunächst mit einem Klebstoff bestrichen, auf den Stoffbahnen gerollt wurden. Anschließend löste man die Fresken von den Friedhofswänden und transportierte sie in Kellerräume. Dort blieben sie fast 50 Jahre. Nicht etwa wegen des typisch italienischen Schlendrian. Die Bauhütte des Camposanto wusste bis vor kurzem nicht, wie sie den Stoff und den Kleber von der Oberfläche der Fresken entfernten sollte, ohne dabei die Bildoberfläche zu zerstören. Alle bisherigen Methoden, erklärt Bentivoglio, hätten die Farbpartikel der Fresken unwiederbringlich zerstört:
Der Zustand der Wandbilder war schon vor dem Krieg bedenklich. Wir ließen sie also im Keller, in der Hoffnung, dass eine neue Technik gefunden wird, um sie zunächst einmal von dem Kleber zu befreien, damit sie anschließend restauriert werden konnten. Unser Problem war der Kleber, ein starke Kleber.
Den niemand entfernen konnte. Vor allem nicht an jenen Stellen der Freskenoberfläche, wo der Kleber, der vor allem aus Kasein besteht, besonders dick aufgetragen wurde. Kasein ist ein zu den Phosphoproteinen zählender Eiweißbestandteil der Milch. Er wird als Bindemittel für Anstrichfarben wie auch für Leime verwendet. Ein extrem funktionstüchtiger Leim, der sich, wie man jetzt weiß, nur mit Hilfe von Bakterien entfernen lässt. Bakterien, so Gianni Capponi, Chefrestaurator der Fresken, die ein wahres Geschenk des Himmels sind:
Schauen Sie hier, dieser Teil eines großen Wandbildes war besonders dick mit Leim beschmiert worden. Man sah fast die Darstellungen nicht mehr. Eine Gruppe von Mikrobiologen der Universität Mailand schlug uns vor, Bakterien zur Entfernung des Kasein-Leims zu benutzen. Und siehe da: ein Wunder geschah. Die Bakterien waren an den Leim gewöhnt worden und aßen ihn in großer Schnelle.
Mailänder Mikrobiologen, unter Leitung von Claudia Sorlini, brachten flaschenähnliche Behälter mit Pseudomonas stutzeri nach Pisa. Das sind für Menschen und Tiere vollkommen harmlose Bakterien in Form kleinster Stäbchen. Gianni Capponi:
Tage vor ihrem Einsatz auf dem Freskenbild wurde diesen Bakterien nichts zu essen gegeben, um es einmal bildlich auszudrücken, und so stürzten sie sich auf den Leim. Die Bakterien befinden sich in Wasser und wurden auf den Leim gegossen. Nach rund zwölf Stunden war der Leim verschwunden.
Das Neue an dieser Technik ist der Umstand, dass die jahrhundertealte und poröse Oberfläche der Freskenfarben bei diesem Vorgang in keiner Weise beschädigt wird. Das ist wichtig, denn schon ohne zusätzliche Beschädigungen erfordern die Wandbilder aufwendige Restaurierungsarbeiten. Die an der Mailänder Universität entwickelte Bakterientechnologie erlaubt aber auch die Reinigung steinerner Oberflächen. Im Herbst wird auf diese Weise das altgriechische Theater in Epidaurus gereinigt. Die Oberfläche der Steine dieses berühmten Theaters werden durch die Luftverschmutzung porös und zerfallen zu Gips. Bisher wurde diese Gipsschicht mit chemischen Lösungen entfernt. Eine Methode, die auch den unter dem Gips liegenden Stein in Mitleidenschaft zog. Mit Hilfe der Bakterien hingegen wird nur der Gips zerstört.
Ganz generell geht es darum, den vielleicht schönsten Friedhof Italiens wieder in altem Glanz erstrahlen zu lassen. Es geht um die Wände der Mauern dieses Friedhofs, die vom 13. bis 15. Jahrhundert von bedeutenden Künstlern bemalt worden sind. Diese Wandmalereien sind während des zweiten Weltkriegs von den Wänden abgenommen worden.
Eine immense Arbeit, weiß Ingenieur Giuseppe Bentivoglio, technischer Direktor des Camposanto in Pisa, zu dem auch der schiefe Turm gehört, denn immerhin handelt es sich um rund 2.000 qm Wandfresken. Aus Angst vor alliierten Bomben wurden diese Bilder zunächst mit einem Klebstoff bestrichen, auf den Stoffbahnen gerollt wurden. Anschließend löste man die Fresken von den Friedhofswänden und transportierte sie in Kellerräume. Dort blieben sie fast 50 Jahre. Nicht etwa wegen des typisch italienischen Schlendrian. Die Bauhütte des Camposanto wusste bis vor kurzem nicht, wie sie den Stoff und den Kleber von der Oberfläche der Fresken entfernten sollte, ohne dabei die Bildoberfläche zu zerstören. Alle bisherigen Methoden, erklärt Bentivoglio, hätten die Farbpartikel der Fresken unwiederbringlich zerstört:
Der Zustand der Wandbilder war schon vor dem Krieg bedenklich. Wir ließen sie also im Keller, in der Hoffnung, dass eine neue Technik gefunden wird, um sie zunächst einmal von dem Kleber zu befreien, damit sie anschließend restauriert werden konnten. Unser Problem war der Kleber, ein starke Kleber.
Den niemand entfernen konnte. Vor allem nicht an jenen Stellen der Freskenoberfläche, wo der Kleber, der vor allem aus Kasein besteht, besonders dick aufgetragen wurde. Kasein ist ein zu den Phosphoproteinen zählender Eiweißbestandteil der Milch. Er wird als Bindemittel für Anstrichfarben wie auch für Leime verwendet. Ein extrem funktionstüchtiger Leim, der sich, wie man jetzt weiß, nur mit Hilfe von Bakterien entfernen lässt. Bakterien, so Gianni Capponi, Chefrestaurator der Fresken, die ein wahres Geschenk des Himmels sind:
Schauen Sie hier, dieser Teil eines großen Wandbildes war besonders dick mit Leim beschmiert worden. Man sah fast die Darstellungen nicht mehr. Eine Gruppe von Mikrobiologen der Universität Mailand schlug uns vor, Bakterien zur Entfernung des Kasein-Leims zu benutzen. Und siehe da: ein Wunder geschah. Die Bakterien waren an den Leim gewöhnt worden und aßen ihn in großer Schnelle.
Mailänder Mikrobiologen, unter Leitung von Claudia Sorlini, brachten flaschenähnliche Behälter mit Pseudomonas stutzeri nach Pisa. Das sind für Menschen und Tiere vollkommen harmlose Bakterien in Form kleinster Stäbchen. Gianni Capponi:
Tage vor ihrem Einsatz auf dem Freskenbild wurde diesen Bakterien nichts zu essen gegeben, um es einmal bildlich auszudrücken, und so stürzten sie sich auf den Leim. Die Bakterien befinden sich in Wasser und wurden auf den Leim gegossen. Nach rund zwölf Stunden war der Leim verschwunden.
Das Neue an dieser Technik ist der Umstand, dass die jahrhundertealte und poröse Oberfläche der Freskenfarben bei diesem Vorgang in keiner Weise beschädigt wird. Das ist wichtig, denn schon ohne zusätzliche Beschädigungen erfordern die Wandbilder aufwendige Restaurierungsarbeiten. Die an der Mailänder Universität entwickelte Bakterientechnologie erlaubt aber auch die Reinigung steinerner Oberflächen. Im Herbst wird auf diese Weise das altgriechische Theater in Epidaurus gereinigt. Die Oberfläche der Steine dieses berühmten Theaters werden durch die Luftverschmutzung porös und zerfallen zu Gips. Bisher wurde diese Gipsschicht mit chemischen Lösungen entfernt. Eine Methode, die auch den unter dem Gips liegenden Stein in Mitleidenschaft zog. Mit Hilfe der Bakterien hingegen wird nur der Gips zerstört.