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Bakterien schützen vor Malaria

Medizin. - US-Forscher haben erfolgreich Stechmückenpopulationen, die den Erreger des Dengue-Fiebers verbreiten, mit dem Bakterium Wolbachia infiziert. Das hat den großen Vorteil, dass es die Erregerübertragung sehr effektiv unterbindet. Jetzt versuchen die Wissenschaftler, den Erfolg auch bei den Mücken zu wiederholen, die die Malaria verbreiten.

Von Lucian Haas | 10.05.2013
    Im Kampf gegen das Dengue-Fieber zeigt die Strategie schon Erfolge: In Australien werden Moskitos der Gattung Aedes aegypti gezielt mit Wolbachia-Bakterien infiziert und freigelassen. Die Mücken-Weibchen geben die Wolbachia an ihre Nachkommen weiter. So verbreitet sich die Infektion dauerhaft in der Mücken-Population – mit einem erwünschten Nebeneffekt: Aedes-Mücken mit Wolbachia-Bakterien in ihren Organismen können das Dengue-Virus nicht mehr übertragen. Schon vor 20 Jahren hatten Forscher die Idee, das gleiche Prinzip auch bei Anopheles-Mücken einzusetzen. Anopheles geben den Malaria-Erreger Plasmodium falciparum weiter. Wolbachia-Bakterien könnten auch das unterbinden. Doch bisher war es nie gelungen, Anopheles-Mücken wirksam mit Wolbachia zu infizieren. Forscher aus den USA und China melden jetzt erstmals Erfolge. Zhiyong Xi von der Michigan State University:

    "Der Grund für unseren Erfolg sehe ich darin, dass wir die richtige Mücken-Art und auch den passenden Wolbachia-Stamm gewählt haben. Das liefert uns eine fantastische Grundlage für weitere Studien."

    Der Mikrobiologe Xi und sein Team entnahmen aus Zellen von jungen Aedes-Mücken das Cytoplasma und spritzten es mitsamt den darin enthaltenen Wolbachia-Bakterien in die Embryos von Anopheles-Mücken. Normalerweise reagieren Anopheles-Embryos sehr empfindlich auf Wolbachia und sterben ab. Xi fand aber einen milden Bakterien-Stamm, den die Anopheles-Mücken ohne große Nachteile als Parasiten ertragen können und auch an ihre Nachkommen vererben. Im Laborversuch gelang es ihm, durch das Einschleusen von Wolbachia-infizierten Anopheles eine zuvor Wolbachia-freie Mückenpopulation innerhalb weniger Generationen komplett zu durchseuchen. Sollte so etwas auch im großen Stil im Freiland möglich sein, könnte die Übertragung von Malaria wirksam gestoppt werden.

    "Wenn in einem Gebiet alle Mücken gegen Plasmodien resistent sind, kann die Malaria dort nicht mehr bestehen. Selbst wenn später Patienten aus anderen Regionen den Malaria-Erreger erneut einschleppen, wird die Übertragung nicht wieder beginnen. So könnte die Malaria im Grunde komplett ausgerottet werden."

    Soweit die Theorie. In der Praxis dürfte das aber ungleich schwieriger sein. In vielen Regionen kommen nicht nur eine, sondern mehrere unterschiedliche Anopheles-Arten vor, die sich nicht untereinander paaren. Für jede davon müsste es ein eigenes Infektionsprogramm mit Wolbachia geben. Ein enormer Aufwand. Zhiyong Xi sieht aber auch Alternativen.

    "Wir können die Wolbachia-Technik mit anderen Verfahren zur Malaria-Kontrolle kombinieren. Zum Beispiel gibt es mit Insektiziden getränkte Mückennetze. Damit kann man die Anopheles-Arten kontrollieren, die vor allem in den Häusern leben, aber nicht jene Arten, die im Freien stechen. Mit der Wolbachia-Technik könnten wir erst einmal auf diese Freiland-Mücken zielen."

    Zuvor gäbe es noch andere Herausforderungen zu meistern: Die Regierungen der Länder müssen solchen Programmen zustimmen. Die lokale Bevölkerung muss eingebunden und aufgeklärt werden, schließlich werden ja auch Mücken freigesetzt, die sie immer noch stechen können, auch wenn sie keine Malaria mehr übertragen. Xi:

    "Darüber hinaus müssen wir noch eine Reihe technischer Probleme lösen. Dazu gehören die Massenproduktion der mit Wolbachia infizierten Moskitos; die Frage, wie wir die Mücken am besten freilassen und wie wir Fortschritte bei der Wolbachia-Infektion der Mückenpopulationen und den damit verbundenen Rückgang der Malaria-Übertragungsrate überwachen können. Das Gute dabei ist, dass wir mit dem Programm zu Dengue-Bekämpfung schon ein gut funktionierendes Modell dafür haben."

    Dennoch wird es dauern, bis die Malaria-Bekämpfung mit Hilfe von Wolbachia-Bakterien in der Praxis eingesetzt werden kann. Zhiyong Xi rechnet mit mindestens zehn Jahren.