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Bald nur noch Euro im Portemonnaie

Momentan bereitet eine landesweite Informationskampagne die Slowaken auf den Währungswechsel von der Krone zum Euro vor. Und dabei bedient sich die Nationalbank auch ungewöhnlicher Methoden. Eine Roma-Theatergruppe hat nun den Auftrag bekommen, Euro-Wissen zu verbreiten. Denn viele Roma leben in Ghettos, abgeschnitten von Zeitung, Radio und Fernsehen. Kilian Kirchgäßner hat die Truppe begleitet.

    Es ist ein Spektakel voller Bewegung und Farben. In bunten Kostümen wirbeln die Schauspieler über die Bühne, die kleine Kapelle treibt sie mit immer neuen, immer schnelleren Rhythmen weiter an.

    So viel Leben war schon lange nicht mehr im Kulturhaus von Jarovnice. Die kleine Gemeinde liegt ganz im Osten der Slowakei, unweit der ukrainischen Grenze. Die meisten der gut 4000 Einwohner sind Roma. Dass eine Theatertruppe in ihren Ort kommt, die nur für sie spielt, das hat es hier noch nicht gegeben. Chef der Schauspieler ist Karel Adam, selbst Rom und seit mehr als zehn Jahren mit seinem Theater auf Tour.

    "Das Roma-Publikum ist spontan. Wir haben in dem Stück viele humorvolle Szenen eingebaut und viel Musik, es ist sicherlich eine leichte Darbietung - und genau das gefällt den Zuschauern."

    Das Thema des Theaters ist indes schwere Kost: Es geht um den Euro, der im kommenden Jahr die slowakische Krone ablösen wird. Damit die Angehörigen der Roma-Minderheit über die neue Währung informiert sind, hat die Nationalbank die Theatertruppe engagiert. Regisseur Karel Adam:

    "Die Nationalbank hat uns natürlich mit Einfällen und Informationen geholfen, aber für die Inszenierung hatten wir freie Hand. Wir haben das Thema also eingebettet in eine Roma-Familiengeschichte - und natürlich kommen darin die wichtigen Informationen zum Euro vor, über den Konvergenzkurs etwa und alles andere."

    Im Theaterstück kommt eine Roma-Familie, die zum Arbeiten in Irland gewesen ist, wieder zurück in die Slowakei. Sie quartiert sich dort bei ihren Verwandten ein und erzählt von ihren Erfahrungen mit dem Euro. Damit es nicht zu langweilig wird, kommt es wieder zu heftigem Streit und natürlich zu Familienfesten mit viel Musik und Tanz.
    "Die Roma sind gutgläubig, und es gibt selbst innerhalb mancher Familien Leute, die das ausnutzen, sagt Theaterchef Karel Adam. Deshalb zeigen wir solche Betrugs-Beispiele, damit die Zuschauer vorbereitet sind und niemandem so etwas passiert."

    Die aufwändige Show rund um den Euro ist dringend nötig: Die Bewohner vieler slowakischer Roma-Ghettos waren nur allenfalls ein paar Jahre in einer Sonderschule, sie leben ohne Zeitung, Radio und Fernsehen. Informationen von außen dringen kaum zu ihnen vor - außer eben, wenn sie ihnen von anderen Roma vermittelt werden. Das Theaterstück setzt bei den einfachsten Erklärungen zum Euro an - etwa damit, warum man für 1000 geliehene Kronen nicht 1000 Euro zurückgezahlt bekommt, sondern nur gute 30. Bei der Nationalbank hofft man, dass die Theater-Fassung den Euro zum Gesprächsthema innerhalb der Minderheit macht. Die Aussichten, meint Regisseur Karel Adam, stünden nicht schlecht:

    "Meiner Meinung nach bringt es den Leuten überhaupt nichts, wenn es ständig Diskussionssendungen im Fernsehen gibt oder die Nationalbank irgendwelche Analytiker und Finanzexperten durch das Land schickt. Das ist nicht nur für die Roma uninteressant, sondern auch für die Mehrheitsbevölkerung. Wir bringen die wichtigsten Informationen in unserem Theaterstück unter, dramaturgisch aufgearbeitet und mit viel Musik - da gehen die Zuschauer hin wie in ein Konzert."

    Entsprechend turbulent geht es während der Vorstellung zu. Am Anfang sitzen die Zuschauer noch auf den Holzstühlen, die im großen Saal des Kulturhauses aufgestellt sind. Später jedoch treibt sie die Musik auf die Beine - sie tanzen auf den Gängen, es wird laut gelacht und dazwischengerufen.
    Die Begeisterung für den Euro selbst ist allerdings gedämpfter. Die können uns viel erzählen, schimpft eine Frau nach dem Ende des Theaterstücks.

    "Ich will kein anderes Geld, ich kenne das nicht. Ich will natürlich schon Geld, aber ich will unseres und nichts, was ich nicht kenne."

    Ein junger Mann sieht die Sache pragmatischer. Irgendwie, meint er, werde man mit dem Euro schon klarkommen.
    "Es wird schwieriger für uns mit dem Euro, und manches wird auch teurer. Deshalb finde ich es wichtig, dass wir lernen, mit dem Euro zu arbeiten - je eher, desto besser."