Archiv


Ballsportarten in der Wirtschaftskrise

Während für die Fußball-Bundesliga das Wort Wirtschaftskrise ein Fremdwort ist, werden die anderen Ballsportarten von Existenznöten geplagt. Die Deutsche Fußball Liga (DFL) nimmt durchschnittlich 412 Millionen Euro pro Jahr an TV-Geldern ein, die Vereine haben die Trikotsponsoringeinnahmen für die kommende Saison auf über 130 Millionen Euro gesteigert. Bleibt da noch Platz für die kleineren Ballsportarten wie Handball, Basketball und Volleyball?

Von Johannes Wermbter |
    Gehaltsverzicht bei den Spielern des Handball-Bundesligisten SG Flensburg-Handewitt, Bayer Leverkusen zieht sein Damenteam aus der Volleyball-Bundesliga zurück, Basketball-Bundesligist Köln 99ers meldet Insolvenz an - das sind nur drei Meldungen aus den vergangenen vierzehn Tagen, die aufhorchen ließen. Sind das nur die üblichen Fälle von Finanznot oder hat die Finanz- und Wirtschaftskrise die Ballsportarten abgesehen vom Fußball mit voller Wucht getroffen? Alexander Krause vom Beratungs- und Forschungsunternehmen für Sportsponsoring "Sport + Markt" gibt vorerst Entwarnung:

    "Wirtschaftliche Schwierigkeiten für die Ballsportarten hat es die letzten 20 Jahre immer gegeben. Das ist etwas normales, dass das passiert. Die Wirtschaftskrise hat jetzt aber wie ein Katalysator gewirkt. Es ist jetzt schon vermehrt, dass Vereine, die Probleme hatten, ihr Budget zusammen zu bekommen oder auf Sponsorensuche gehen mussten, die wirtschaftlich nicht so gut aufgestellt waren, dass die Wirtschaftskrise der Katalysator war, dass diese Vereine jetzt vermehrt Schwierigkeiten bekommen haben und dass vielleicht zwei, drei Vereine diese Saison mehr Schwierigkeiten hatten, als das sonst der Fall war."

    Das Problem für die Handball-, Basketball- und Volleyballligen ist die ungesunde Etatstruktur der Klubs. Während ein Fußball-Bundesligist fast 40 Prozent seiner Einnahmen aus TV-Geldern generiert und daneben noch gute Erlöse aus Merchandising und Transfergeschäft verbucht, sind diese Posten bei Vereinen der anderen Ballsportarten zu vernachlässigen. Ein entscheidendes Handicap meint Alexander Krause von "Sport + Markt":

    "Das haben die letzten zehn oder 20 Jahre gezeigt, dass die meisten Vereine, die in wirtschaftliche Schwierigkeiten gekommen sind, häufig in Schwierigkeiten gekommen sind, weil Mäzene ihren finanziellen Verpflichtungen oder Versprechungen nicht nachgekommen sind, das Investoren ausgestiegen sind, dass der eine Hauptsponsor, der das Budget zu großen Teilen getragen hat, Konkurs gegangen ist oder die Summe nicht erfüllen konnte und es muss natürlich das Ziel sein, dass die Budgets anders verteilt sind, dass sich die Gelder aus mehreren Bereichen gleichmäßiger zusammenstellen. Es kann auch die Konsequenz sein, dass Vereine kleinere Brötchen backen wirtschaftlich, dass sie sich nicht abhängig machen von einzelnen Geldgebern, was auch in der Konsequenz heißen kann, dass sie eben sportlich nicht so hoch angreifen können, wie sie eigentlich möchten."

    Fernsehpräsenz - das ist das K.O.-Kriterium für die Sponsoring-Entscheidungen der Unternehmen. Und genau dort können Sportarten wie Volleyball und Basketball nicht mehr punkten. Im Free-TV finden sie kaum noch statt. In Deutschland dominiert der Fußball mit Einnahmen von durchschnittlich 412 Millionen Euro pro Jahr den Fernsehmarkt. In den ebenfalls fußballverrückten südeuropäischen Ländern wie Spanien und Italien dagegen, können die Volleyball- und Basketballligen dank solider TV-Einnahmen gut leben. Erklärungsversuche von Alexander Krause:

    "Es ist einfach in Deutschland so. Die deutschen Fernsehzuschauer schalten Fußball ein, sie schalten mittlerweile Formel 1 ein und Boxen. Das sind so mittlerweile die drei großen Konstanten. Die Spanier interessieren sich für den spanischen Basketball. Bei uns interessiert man sich vielleicht für die Nationalmannschaften. Die Nationalmannschaften können starke Aushängeschilder sein und wenn die ne starke EM oder WM und Olympia spielen, dann hängt die Nation auch vorm Fernseher und fiebert mit. Aber Fußball ist in Deutschland doch der einzige Sport, gerade Mannschaftssport, wo die Menschen sich auch für die Mannschaften begeistern, wo die Mannschaften wirklich elektrisieren und wofür man den Fernseher einschaltet."

    Wie sollen sich die Vereine nun in der Krise verhalten? Welches Rezept empfiehlt der Sponsoringberater Alexander Krause? Er lobt die Arbeit des Handball-Bundesligisten FA Göppingen. Dort handelt man nach der schwäbischen Methode: "Schaffe, schaffe, Häusle baue."

    "Man ist ein Traditionsverein, die sind 2001 in die 1. Bundesliga wieder aufgestiegen. Die hatten in den 80ern ja auch mal Zwangsabstieg wegen Schwarzgeldern, die hatten später auch hohe wirtschaftliche Probleme, sind eigentlich auch fast bankrott gegangen. So und die sind 2001 aufgestiegen und die haben keine wirtschaftlichen Hau-Ruck-Aktionen gemacht, um wieder möglichst schnell an die Spitze zu kommen, sondern die haben ne Jugendakademie gegründet, wo die Handballspieler aus der Region zusammengezogen werden, wo sie Nachwuchs her rekrutieren. Die haben einen Schritt nach dem anderen gemacht, die haben sich nicht verschuldet, die haben die Mannschaft punktuell verstärkt. Die haben am Anfang gegen den Abstieg gespielt, sind ins untere Mittelfeld gekommen, ins gesicherte Mittelfeld, jetzt in der vergangenen Saison haben sie den sechsten Platz belegt, was für FA Göppingen einfach toll ist. Man sieht einfach die Geduld, die sie aufgebracht haben diese acht Jahre."