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Bananenfrachter

Bananenfrachter sind lange unterwegs: Von Zentralamerika nach Europa stampfen die Pötte gut zwölf Tage über den Atlantik; führt ihr Weg über den Pazifik, dauert die Tour sogar 21 Tage. Vorausgesetzt das Wetter spielt mit! Wenn sie aber Sturmfronten queren, läuft der fein austarierte Zeitplan aus dem Lot – Zusatzkosten sind fällig, und die wiegen schwer im knapp kalkulierten Transportmarkt. Das muss nicht sein, immerhin bietet der Deutsche Wetterdienst Schiffen mit heikler Fracht eine Tourenberatung an.

von Mirko Smiljanic |
    Vor vier Tagen hat die Carina in Costa Rica die Leinen gelöst, passierte die Dominikanische Republik und fährt in Richtung Europa. An Bord lagern 200.000 Kisten Bananen, leichtverderbliche Ware, die schnell gelöscht werden muss; zu groß ist die Gefahr, dass die fast angereiften Früchte noch im Hafen verfaulen. Die Reederei hat den Kapitän deshalb über die kürzeste Route geschickt. Vergebliche Mühe: Ein Hurrikan entwickelte sich fast aus dem Nichts und versperrte dem Bananenfrachter drei Tage den Weg. Fazit: In Hamburg wurde die Hälfte der Ladung weggeworfen. Fälle wie diese kommen glücklicherweise selten vor, und wenn der Diplom-Meteorologe Hilger Erdmann vom Deutschen Wetterdienst die Route festlegt, fast gar nicht. Dafür braucht er zunächst ein paar Daten über Schiff und Ladung.

    Was ist das für ein Schiff, wie ist der Beladungszustand, gibt es irgendwelche Grenzbedingungen, darf es beispielsweise nicht durch Eisregionen fahren, das kommt beim Bananenfrachter sowieso nicht in Betracht, oder darf es durch Schlechtwetterzonen nicht durchfahren, es gibt so genannte Sommer- und Winterrouten, die sind klimatologisch festgelegt...

    ...und werden entsprechend versichert. Mit diese Daten füttern die Hamburger Routenberater eine Computersimulation, die ihrerseits mit aktuellen meteorologischen Daten versorgt wird.

    Wir nehmen das meteorologische Modell, das heißt die Zirkulationsvorhersage; das ozeanische Modell, das wird vom Wind im Wesentlichen als meteorologischen Faktor angetrieben, damit bekommen wir die Seegangsentwicklung, und dann lassen wir das Schiff in diesem Seegangsspektrum fahren...

    ...und können so dem Kapitän ziemlich genau sagen, was ihn meteorologisch auf seiner Reise erwartet. Natürlich nicht mit absoluter Sicherheit, dafür sind die Vorhersagen noch zu ungenau. Aus diesem Grund aktualisiert die Meteorologen ihre Prognosen zwei Mal täglich. Entwickelt sich tatsächlich ein unvorhergesehener Sturm, wird der Frachter im Notfall gestoppt oder umgeleitet. Die Vorteile liegen auf der Hand: Neben der Sicherheit von Mannschaft, Schiff und Ladung, geht es um Geld: Je schneller die Fracht im Zielhafen ankommt, desto billiger ist der Transport. Richtig sparen kann aber, wer Hilger Erdmanns zweiten Service nutzt: Die Beratung in Sachen Laderaum-Meteorologie.

    Das muss man sich so vorstellen, wenn also eine Ladung aus einem warmen Gebiet, wo es auch noch feucht ist, etwa den Tropen, verschifft wird, und die jetzt in ein Gebiet kommt, wo es kälter ist, dann bildet sich Kondenswasser, und dieses Kondenswasser ist natürlich sowohl für Lebensmittel oder elektronische Geräte nicht verträglich, weil dann Korrosion oder bei Lebensmittel ein Fäulnisprozess einsetzt.

    Auf die Stunde genau sagen die Meteorologen den Kapitänen, wann sie die Luken öffnen müssen und wann sie zu schließen sind. Wer an diesem Service spart, verliert mitunter viele hunderttausend Euro. Gleiches gilt für die Routenberatung.

    Für eine Pazifiküberquerung kann man sagen, werden etwa drei bis vier mit Routenberatung gespart, das ist natürlich bei 21 Tagen Überquerung schon eine ganz beachtlich; und auch im Nordatlantiksektor kann man ein bis zwei Tage herausholen, wenn man eine Routenberatung, und wenn man bedenkt, dass die Schiffsbetriebskosten durchaus fünf- und sechsstellige Beträge ausmachen, dann sind das schon ganz beachtliche Sparraten, die man dort erwirken kann.

    Wer angesichts dieser enormen Sparbeträge weiß, was der dem Wirtschaftsministerium unterstellte Deutsche Wetterdienst für seinen Service berechnet, kommt allerdings ins Grübeln: Für eine schlichte Routenberatung kassiert er etwa 500 Euro – Peanuts, nichts als Peanuts!