
Zuvor habe man Brosius-Gersdorf mit falschen Anschuldigungen zu Plagiatsvorwürfen diskreditiert und damit nicht nur ihre mögliche Rolle als Verfassungsrichterin, sondern als Juristin grundsätzlich infrage gestellt. Damit sei ein großer Schaden für das Bundesverfassungsgericht entstanden, aber auch für die Demokratie insgesamt. Denn wer stelle sich bei einem derartigen Umgang der Kanzlerpartei zukünftig noch mit einer vielleicht auch kontroversen Position für eine solche Aufgabe zur Wahl?, fragte Banaszak.
"Zunehmende Politisierung der Rechtsprechung"
Er beobachtet ohnehin eine zunehmende Politisierung der Rechtsprechung nach dem Vorbild der USA. Das sei eine hochgefährliche Entwicklung. Dabei habe es das Verfassungsgericht in Deutschland bisher immer es geschafft, unterschiedliche Positionen auszuhalten und genau daraus ja seine Stärke zu beziehen. Der Grünen-Vorsitzende meint: "Wenn Verfassungsrechtlerinnen und Verfassungsrechtler mit unterschiedlichen Herangehensweisen miteinander diskutieren, ist vermutlich die Rechtsprechung besser, als wenn das ein Mainstreaming ist".
Brosius-Gersdorf hatte am Donnerstag mitgeteilt, dass sie nicht länger als Kandidatin für das höchste deutsche Gericht zur Verfügung stehe. Die Wahl von Brosius-Gersdorf und zwei weiteren Kandidaten war im Juli im Bundestag kurzfristig abgesetzt worden, weil der Widerstand in der Unionsfraktion gegen die SPD-Kandidatin zu groß geworden war.
"Nachholbedarf" der Grünen bei ostdeutschen Perspektiven
Mit Blick auf seine eigene Partei warb der Grünen-Co-Vorsitzende dafür, die Perspektiven der Menschen in Ostdeutschland mehr einzubeziehen. Bisher schaue der West-Teil der Partei wahlweise mit freundlichem Desinteresse oder einem gewissen "Gruselfaktor" auf den Osten, wenn die AfD bei einer Landtagswahl mal wieder stark abgeschnitten habe.
Er sehe da auch Nachholbedarf bei sich selbst, räumte Banaszak ein - und betonte, er wolle eine bessere Repräsentanz von Ostdeutschen bei den Grünen nicht über Quoten schaffen. Vielmehr müsse es Aufgabe von Westdeutschen sein, sich ostdeutschen Realitäten, Biografien und Erfahrungen zu öffnen. "So, wie ich von weißen Menschen erwarte, dass sie sich auch mit Rassismus auseinandersetzen. So, wie ich von Männern erwarte, dass sie sich auch für Gleichberechtigung interessieren."
Das gesamte Interview der Woche mit Felix Banaszak können Sie hier lesen.
Zu hören ist das Gespräch am Sonntag ab 11.05 Uhr im Deutschlandfunk.
Diese Nachricht wurde am 08.08.2025 im Programm Deutschlandfunk gesendet.