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Bangen bei Opel

Wieder einmal gab es eine Betriebsversammlung bei Opel. Dieses Mal im Werk Bochum. Auch die Politik hat den Mitarbeitern den Rücken gestärkt. Doch Experten sind skeptisch, denn der Autobauer leidet unter massiven Überkapazitäten.

Von Brigitte Scholtes | 21.05.2012
    Auch heute gab es keine Klarheit, wie es bei Opel in Bochum weitergeht. Der Mutterkonzern General Motors hatte zwar nach der letzten großen Krise Opel viel Geld zukommen lassen, dass in die Restrukturierung gesteckt wurde. Doch dieser Plan basierte auf falschen Annahmen: Niemand hatte offenbar damit gerechnet, dass die Menschen in Europa weiter so wenige Autos kaufen würden. 1,1 Millionen Autos produzieren Opel und Vauxhall derzeit in Europa. Und das ist zu wenig, sagt Christoph Stürmer, Analyst von IHS Automotive:

    "Die Werksstrukturen, die wir im Moment haben, funktionieren gut bei einer Auslastung von mindestens 1,3, aber wahrscheinlich eher 1,5 Millionen Fahrzeugen. Das kann die Marke Opel, die Marke Vauxhall im Moment einfach nicht darstellen. Der Markt ist nicht da. Wenn GM nicht bereit ist, diese Verluste noch über die Zeit zu tragen, muss jetzt da eine zweite Restrukturierung durchgeführt werden."

    Dass Opel nun die Produktion neu strukturieren will, indem es etwa den Astra effizienter in zwei Werken im Drei-Schicht-Betrieb produzieren wolle, als dies in drei Werken im Zwei-Schicht-Betrieb zu tun wie bisher, halten kühl rechnende Ökonomen für nachvollziehbar. Ein Wettbewerb der verschiedenen Produktionsstandorte gegeneinander sei dabei normal, meint Christoph Stürmer:

    "Ein Produktionsauftrag ist in der heutigen Konzernwelt eine Holschuld der Werksleitung – nicht eine Bringschuld der Firmenleitung."

    Deutsche Werke müssten ihre Stärken in den Vordergrund stellen, also etwa Produktqualität, Produktionsflexibilität oder gute Sicherheits- und Umweltbedingungen. Darauf hatte heute Morgen ja auch die nordrhein-westfälische Ministerpräsidentin Hannelore Kraft in Bochum verwiesen. Aber ein wesentlicher Grund für die Schwäche von Opel im General-Motors-Konzern ist ja auch die Beschränkung auf Europa: So kann Opel nicht wie andere Autohersteller einen Ausgleich für das schwache europäische Geschäft im außereuropäischen Ausland schaffen. Analyst Stürmer von IHS Automotive meint, Opels Entwicklungsleistungen im GM-Konzern müssten stärker honoriert werden:

    "Aktivitäten unter anderen Marken werden der Adam Opel AG im Moment nicht zugerechnet. Das heißt, im Prinzip werden heute schon mehr Opel international gebaut und verkauft als tatsächlich in der Bilanz von Adam Opel ankommen. Wenn man noch einen Schritt weitergeht und sich überlegt, welche Fahrzeuge denn von der Grundarchitektur in Rüsselsheim entwickelt worden sind und weltweit angeboten werden, kommt man für dieses Jahr allein auf eine Stückzahl von drei Millionen Fahrzeugen, die GM im Prinzip den Opel-Ingenieuren verdankt."

    Eine stärkere Integration in den GM-Konzern wäre das eine, dessen rückhaltlose Unterstützung für Opel das andere, meint Autoexperte Stürmer:

    "Es muss klar sein, dass die Fabriken in ihrer größten Zahl, die Marken, die Aktivitäten, die jetzt für GM ein wesentlicher Bestandteil ihrer internationalen Strategie sind, das auch bleiben werden. Dieser Ausdruck von unbedingter Solidarität muss sehr kurzfristig erfolgen."