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Bankenaufsicht: Berlin bleibt bei Vorbehalten

Während Brüssel alle Banken in den Euroländern mithilfe der Europäischen Zentralbank kontrollieren lassen will, geht Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble so viel Macht für die EZB zu weit. Unterdessen bahnt sich in der Koalition ein neuer Konflikt über den Umgang mit Steuersünder-CDs an.

Von Andreas Baum | 03.09.2012
    Einerseits will Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble nicht in die Unabhängigkeit sowohl der Europäischen Zentralbank als auch der Bundesbank eingreifen, andererseits hat er doch klare Vorstellungen, was die Aufgaben der Banken angeht. Der Minister warnt vor überzogenen Erwartungen an die EZB, diese könnte in Zukunft durch den Ankauf von Anleihen überschuldeter Euroländer diesen weitere Schonfristen verschaffen. Der Präsident der Bundesbank, Jens Weidmann, ist gegen diese Ankäufe, und hat seinen eigenen Verbleib im Amt dem Vernehmen nach infrage gestellt – Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble hat ihn offenbar überzeugen können, trotz der Bedenken weiter Chef der Bundesbank zu bleiben, und er sympathisiert offen mit dessen Haltung zur Geldwertstabilität: Ein Ankauf von faulen Papieren klammer Schuldenstaaten könnte zu einer Abwertung des Euro führen: "Die Haltung der Bundesregierung ist, dass wir die Unabhängigkeit der Bundesbank achten, dass wir darüber hinaus glauben, es muss ganz klar bleiben, Staatsschulden dürfen nicht durch Geldpolitik finanziert werden. Da muss man auch den Anfängen wehren."

    Dies hat Weidmann getan – und er bekommt dafür Beifall, etwa aus den Reihen der Freien Demokraten. Dort werden die Stimmen immer lauter, die jede weitere Rettungsaktion für überschuldete Euro-Mitglieder ablehnen. FDP-Generalsekretär Patrick Döring sagt es klipp und klar: Seine Partei stützt die Haltung Weidmanns ebenso wie die Unabhängigkeit der EZB: "Wir sind froh, dass der Präsident der Deutschen Bundesbank streng darauf achtet, dass alles, was dort stattfindet, im rechtlichen Rahmen der EZB angesiedelt ist, das Vertrauen in diese gemeinsame Währung ist auch darauf gegründet, dass wir nicht nur eine unabhängige Zentralbank haben, und Geldwertstabilität, sondern vor allen Dingen jeder Staat weiter für die Politik der nationalen Parlamente und die Schulden der nationalen Parlamente verantwortlich ist."
    Am Donnerstag trifft der Rat der EZB zu seiner turnusmäßigen Zinssitzung zusammen. Es wird erwartet, dass sich Zentralbankchef Mario Draghi zu den Anleihenkäufen äußert, die er bereits in Aussicht gestellt hat. Die Bundesregierung hat darüber hinaus ihre Zweifel, ob die EZB überhaupt in der Lage ist, eine umfassende Bankenaufsicht auszuüben und empfiehlt deshalb pragmatisch, zunächst einmal die großen und systemrelevanten Banken zu kontrollieren. Gleichzeitig sind in der Bundesregierung Meinungsverschiedenheiten zutage getreten über die Frage, ob der Ankauf von CDs mit Daten von Steuersündern bestraft werden sollte.

    Bundesjustizminiserin Sbine Leutheusser-Schnarrenberger will dies; Finanzminister Schäuble ist der Ansicht, dass der Ankauf zwar legitim ist, aber am eigentlichen Ziel der Bundesregierung vorbei geht, nämlich die Steuerflucht in die Schweiz zu verhindern, ohne mit Kriminellen zusammenzuarbeiten, so sagt es auch der Sprecher der Bundesregierung, Steffen Seibert: "Es kommt auf unsere politische Überzeugung an, dass wir dieses Problem der Steuerhinterziehung mit der Schweiz in den Griff bekommen wollen, auf eine rechtsstaatliche Weise, auf eine Weise, die uns nicht immer wieder in Grauzonen führt, wie es eigentlich zwischen zwei Ländern, die einander Nachbar und Freunde sind, wie Deutschland und die Schweiz auch üblich sein sollte, und dem habe ich jetzt nichts mehr hinzuzufügen."

    Auch in ihrer eigenen Partei findet die Justizministerin nur wenig Rückhalt: Das Präsidium der FDP will sich darauf konzentrieren, das Steuerabkommen mit der Schweiz zu ratifizieren, und davon absehen, die Nutzung illegal erworbener Steuerdaten unter Strafe zu stellen.

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