
"Selbstverteidigung muss ich oft da üben, wo es oft stattfindet, wo ich balze, wo viele Menschen in einem Gedränge sind, sich öfters anrempeln, wo die akustischen Verhältnisse dazu führen, dass Missverständnisse entstehen, weil die Sprache, Mimik und Gestik nicht richtig transportiert wird. Tatsächlich ist das meiste irgendwie fehlgelaufene Kommunikation - diese verbalen Geschichten, die möchte ich einfach nebenbei machen, die möchte ich nicht extra üben."
In Rollenspielen werden dann typische Wochenend-Konfliktsituationen nachgestellt, beispielsweise ein voller Laden, Gerangel an der Bar, es wird handgreiflich.
"Was wir jetzt machen, ist jemanden auf Abstand zu halten!", sagt Aron Schneider. "Also, wenn ich partout merke, dass der rumdrängelt, ja? Stellt euch mal alle an den Tresen und ich schick mal - Louis und Morten! - die beiden sind groß und kräftig, die werden sich an den Tresen vorarbeiten und jeweils zwei, drei Leute wegräumen und ich möchte mal gucken, wie die Gruppe damit umgeht! Los!"
Dabei sind die meisten Techniken verblüffend simpel. Man übt zum Beispiel den dezenten, im Gedränge wirksamen Einsatz von Gesäß und Knien - damit bringt man noch den größten Aggressor aus dem Gleichgewicht - und kombiniert das mit den "verbalen Geschichten".
"Dann sag' ich 'sorry, sorry, sorry'. Das heißt, obwohl ich offensiv angreife, verbalisier' ich genau das Gegenteil: 'Hey, schön hier, oder?' Damit verhindert ihr, dass das eskaliert!", sagt Aron Schneider.
"Die ganz, ganz dreckigen Straßensachen, ja? Super! Ich lese mir immer bei Kampfsport-Veranstaltungen durch: 'Was ist da alles verboten? Das, das, das' - geil! Dann muss das cool sein! Zieht alle Register, wenn ihr müsst! Es geht darum, unbeschadet fliehen zu können!"
Man lernt viel über die Besonderheiten der Selbstverteidigungsdisziplin "Bar-Fight": Zugekokste Angreifer reagieren anders als Betrunkene, man verteidigt sich unauffällig, um nicht vom Türsteher für den Bösewicht gehalten zu werden.
"Dann krieg ich vielleicht Hausverbot oder sonst irgendwas."
"Wenn jemand 'n festen Pullover hat, greift man halt über Kreuz an den Hals und zieht das Ganze dann irgendwie so zu. Wenn man jetzt so einen schweren Kapuzenpullover anhat, mit einer dicken Kapuze, so - zack - Kapuze übers Gesicht gezogen, wenn du nichts mehr siehst, dann bist du auf die Gnade deines Gegners angewiesen."
Aber zwischendurch, etwa beim Szenario "Schlägerei auf der Tanzfläche", wenn die Bar-Fighter - wenn auch geschützt durch Schaumstoffpolster - aufeinander einschlagen und treten, dann schleicht sich doch der Verdacht ein: Das macht denen richtig Spaß, oder?
Aber dass seine Schüler mit dem Erlernten Unsinn anstellen könnten, glaubt Aron Schneider nicht, im Gegenteil: Gerade die, die sich von einem aggressiver werdenden gesellschaftlichen Klima bedroht fühlten hätten Selbstbewusstsein angesammelt und seien deswegen jetzt nicht mehr so auffällig.