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Barbara Roth (CSU)
"Ich bin wütend - ich will meine CSU zurück"

Bisher kannten sich die Deutschlandfunk-Redakteurin Barbara Roth und Barbara Roth, das CSU-Mitglied, nur von Facebook. Zur Bayernwahl trafen sich beide in München. Roth erzählte Roth, warum sie vor dem 14. Oktober den Wahlkampf einstellte - und auf eine Klatsche für ihre Partei zu hoffen begann.

Von Barbara Roth |
    Markus Söder (CSU), Ministerpräsident von Bayern, bei der Wahlparty der CSU im Landtag am Abend der Landtagswahl in Bayern. Foto: Peter Kneffel / dpa | Verwendung weltweit
    Sie wünsche sich eine CSU des Ausgleichs und nicht des Streits, sagt die Namensvetterin von Dlf-Redakteurin Barbara Roth über ihre Partei und deren Rechtsruck vor der Wahl (dpa / Peter Kneffel)
    Wir kennen uns nicht persönlich. Nur über unsere Facebook-Profile. Meine Namen gibt es dort nämlich zwei Mal. Die "andere" Barbara Roth aus München ist CSU-Mitglied. Auf der Plattform ist sie sehr aktiv, äußert sich auch zu politischen Themen.
    In den Wochen vor der bayerischen Landtagswahl jedoch ist sie stumm, auffällig stumm geblieben. Denn als die CSU immer weiter nach rechts gerückt ist, hat sie für sich entscheiden, "dass für mich damit ein Wahlkampf für die CSU ausgeschlossen ist. Und seitdem habe ich keine Aktivitäten pro CSU mehr getan. Was mir sehr schwer gefallen ist, weil es eigentlich mal meine CSU war."
    "Meine CSU ist die CSU des Ausgleichs"
    Wir treffen uns am Wahlsonntag in München auf einen Kaffee, lange bevor die Wahllokale schließen. Es ist das erste Mal, dass wir uns außerhalb der virtuellen Welt begegnen. Barbara Roth kommt gerade braun gebrannt aus dem Urlaub zurück. Seit zehn Jahren ist sie CSU-Mitglied, doch sie hofft, dass Seehofer und Co. vom Wähler für den Rechtsruck eine deftige Klatsche kassieren. Sie hofft, dass sich ihre CSU danach wieder auf ihre alten Stärken besinnt:
    "Meine CSU ist die CSU des Ausgleichs. Ist die CSU des 'Leben und leben lassen'. Ist die CSU von Laptop und Lederhosen. Damit meine ich eben auch, das Gute bewahren, die Tradition pflegen. Aber eben auch in die Zukunft schauen."
    Es kommt für die CSU – wie von Barbara Roth insgeheim gewünscht. Minus zehn Prozent in Bayern. Die Grünen in München als stärkste Kraft mit über 30 Prozent der Stimmen. In den Großstädten hat die nach rechts gedriftete CSU die Wähler in der Mitte an die Grünen verloren. Bei Facebook schreibt Roth nach dem Wahlabend: "Ich bin wütend. Ich will meine CSU zurück". Sie glaubt, dass viele in ihrer Partei ähnlich denken wie sie:
    "Ich gehe immer noch davon aus, wir sind die Mehrheit. In München haben wir eine starke Gruppierung, die die liberale CSU vertritt. Die eben auch diese Kombination aus Traditionspflege und Innovation sehr schätzt. Ich kann das nicht in Zahlen messen. Es ist ein Gefühl, eine Wahrnehmung, dass dieses Tolerante eben schon eine sehr starke Verortung hat in der CSU."
    Es brodelt an der CSU-Basis
    Barbara Roth ist nur ein einfaches CSU-Mitglied, eines von gut 140.000. In München engagiert sie sich in der Kommunalpolitik. Nicht im Stadtrat, sondern eine Ebene darunter, im Bezirk Neuhausen/Nymphenburg. Sie ist städtische Beamte und im Ehrenamt Präsidentin des Deutschen Sportlehrerverbandes in Bayern.
    "Es fehlt ihr momentan so ein bisschen die Seite des Ausgleichs. Das, was traditionell bisher in der Sozialisation von Frauen mehr vertreten ist. Das Kommunikative, den Ausgleich Suchende, das Miteinander betonend. Und das ist zu kurz gekommen in meinen Augen."
    Auf Facebook teilt sie ein Interview mit dem früheren CSU-Fraktionschef und Landtagspräsidenten Alois Glück, der seine Partei ermahnt, sich nicht zu viel Zeit mit der Erneuerung zu lassen. Es brodelt an der CSU-Basis. Ihrem Vorsitzenden kreidet sie an, dass er seit Monaten nur ein Thema besetzt:
    "Ich habe auch CSU-Veranstaltungen erlebt, wo immer die Gleichen dabei waren, die immer nur von der Flüchtlingskrise gesprochen haben. Letztendlich war von der Flüchtlingskrise ja auch in München nichts spürbar. Aber diese paar Personen haben so viel Einfluss genommen, waren so laut, so stark, dass ich glaube, dass die CSU als Ganzes hier ein Thema falsch eingeschätzt hat."
    "Die Mitte ist die Mehrheit, das ist meine Überzeugung"
    Roth kann von vielen Momenten erzählen, bei denen sie sich fragte, ob die CSU wirklich noch die richtige Partei für sie ist. Testosteron-gesteuert ist noch das Netteste, was sie über die Männer an der Spitze ihrer Partei denkt. Sie hat sich lange überlegt, ob es sich noch lohnt, für eine andere CSU zu kämpfen. Ob die Partei sich verändern will, in den Themen und in den Gesichtern? Sie hat sich entschieden, noch nicht aufzugeben. Sie glaubt, dass ihre CSU nun reif ist für die Rückkehr in die politische Mitte:
    "Wir werden intern sehr viel diskutieren. Und das wird für mich, nicht nur für mich, sondern auch für einige, mit denen ich im Kontakt stehe, die für eine liberale, tolerante, weltoffene und europafreundliche CSU stehen, wird das auch ganz entscheidend sein, wie sich jetzt die CSU wieder positioniert, wie stark wir uns wieder einbringen. Die Mitte ist die Mehrheit, das ist meine Überzeugung. Und die Stärke der CSU war immer, dass sie den Menschen gut zugehört hat."
    Einige Mitstreiterinnen trifft sie am Samstag auf der Landesversammlung der Frauenunion. Nach dem Wahldebakel will Barbara Roth dort aber nicht nur Wunden lecken. Sie fordert, dass in der CSU mehr Frauen in Spitzenpositionen müssen. Frauen als ausgleichende Stimmen. Frauen, die nicht nur ihre eigene Karriere, sondern die Partei im Blick haben.
    "Es gibt dieses Phänomen der mittelbaren Diskriminierung. Die Mandate werden besetzt nicht über Listen bei der CSU, sondern über Direktkandidaten. Die Aufstellung dieser Direktkandidaten aber entzieht sich völlig einer öffentlichen Kontrolle, sondern es ist ein parteiinternes Verfahren. Und in diesem Verfahren geht es halt viel um Seilschaften, und da halten die Burschen dann doch immer wieder zusammen, um ihren Kandidaten durchzusetzen. Es setzen sich unglaublich wenig Frauen da durch."
    Frauenanteil der CSU im neuen Landtag - ein Fünftel
    Das wird auch im neuen bayerischen Landtag deutlich sichtbar sein. Der Frauenanteil der CSU sinkt auf rund 20 Prozent. Nur 17 der 85 CSU-Abgeordneten sind weiblich. Wie schwer es für frau ist, sich in der Männer-dominierten Partei durchzusetzen, weiß Roth aus eigener Erfahrung. Sie hat sich für eine Landtagskandidatur interessiert.
    "Ich habe dann in einigen Gesprächen mit Delegierten die Frage gehört: Sag' mal, wie viel Geld bringst Du mit? Und auch ganz klar durchgängig die Antwort, unter 100.000 Euro hast Du bei uns überhaupt keine Chance. Und daraufhin habe ich meine Kandidatur zurückgezogen."
    Roth will das ändern. Nicht per Frauenquote – die wäre in der CSU sowieso chancenlos. Sie setzt niedriger an – bei der Nominierung von Bundes- und Landtagskandidaten. Für die Landesversammlung der Frauenunion hat sie deshalb einen Antrag geschrieben.
    "Dieser Antrag fordert jetzt, dass eine Aufstellungsversammlung für ein Direktmandat nur dann wirksam ist, wenn mindestens 40 Prozent Männer und 40 Prozent Frauen als Delegierte ihre Stimme abgegeben haben. Sprich: Wir wollen fordern, dass mehr Frauen ihr Stimmrecht für eine Kandidaten-Aufstellung einbringen können. Wir brauchen andere Regelungen in der CSU, dann werden wir auch mehr Frauen bekommen."
    Ob sie sich durchsetzen wird? Ich werde es sicherlich bei Facebook lesen.
    (*) An dieser Stelle haben wir im Text und in der Audiofassung einen Satz entfernt, weil die Gesprächspartnerin sich im Nachhinein falsch verstanden fühlte.