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Bardenas Reales

Im Süden Navarras, am Rande der spanischen Pyrenäen, liegt eine für Spanien einzigartige Landschaft, die Bardenas Reales, also die Königs-Bardenas. Nachdem dort in den letzten eintausend Jahren die Wälder fast restlos abgeschlagen wurden, bildete sich hier auf etwa 500 Quadratkilometern eine durch Erosion geprägte wüstenähnliche Mondlandschaft. Aber in seinen bizarren Gesteinsformationen hat auch eine große Zahl bedrohter Tier- und Pflanzenarten überlebt - nicht zuletzt, weil dieser Naturpark ein Bombodrom umschließt, ein Gebiet, über dem die Bomber der NATO ihre Übungen abhalten und das deshalb von Menschen gemieden wird. Am 10. Juni dieses Jahres wurde zwar der Naturpark auch auf das Militärgelände ausgedehnt, aber gleichzeitig ist der Vertrag mit dem spanischen Militär um weitere acht Jahre verlängert worden. Für viele Umweltschützer in Spanien ein Unding.

von Ralf Streck | 31.07.2001
    Heiß flimmert die Luft über den kahlen Tafelbergen der Bardenas, die gelb und rot im gleißenden Licht stehen. Alles scheint friedlich im Naturpark am südlichen Zipfel der spanischen Provinz Navarra, die hier am Fuße der Pyrenäen auf die Provinz Aragon trifft. Urplötzlich schießen zwei Bomber bodennah heran und laden tosend ihre tödliche Fracht ab: Mitten im Naturpark.

    José Antonio Gayarre ist seit 20 Jahren Chef des Bardenasrats. Der vertritt die 19 Gemeinden, zwei Täler und ein Kloster, die im 9. Jahrhundert die Rechte zur Nutzung der Bardenas zugesprochen bekamen. Zwischen Naturpark und Bombodrom sieht er keinen Widerspruch, denn gerade hier gäbe es bedrohte Tierarten.

    Das Bombodrom liegt in einem Naturpark, aber man muss bedenken, dass der Luftwaffe 1951 die Nutzung gewährt wurde, der Naturpark wurde aber erst 1998 gegründet. Tatsächlich ist es also ein Naturpark in einem Bombodrom und nicht anders herum.

    Doch laut Umfragen lehnen 75 Prozent der Bevölkerung in Navarra das über 2000 Hektar große Bombodrom ab. Scheiben bersten, wenn die Tiefflieger die Schallmauer durchbrechen. Mehr als 30 Piloten kamen bei Unfällen ums Leben.

    Der Bombenabwurf sei nicht gefährlich, aber alles was danach oder davor über bewohntem Gebiet passiere, sagt der Lehrer Lucio Tabar. Im vergangenen Jahr stürzten drei Maschinen bei Ejea de los Caballeros ab. Zwei Jets kollidierten in der Luft, ein anderer berührte einen Mast mitten in der Stadt, sagen die Bewohner.

    Tabar spricht von Ängsten in der Bevölkerung, besonders seit die Gefahren der Uranmunition bekannt sind.

    Niemals wurde untersucht, ob es auch chemische oder radioaktive Verseuchungen gibt. Aber vor kurzem wurde bekannt, dass in den Teilen Aragons, die nahe am Bombodrom liegen, die Krebsrate erhöht ist.

    Mit einer Studie versuchte die Regierung Navarras der Angst in der Bevölkerung zu begegnen. Die stellte keine Besonderheiten fest. Doch sie hatte einen Fehler: nur Daten zwischen 1993 und 1996 wurden verwandt. Tabar befürchtet, dass auch hier Uranmunition verschossen wurde.

    Es ist kurios. Das mit Uranmunition geübt wurde, ist in England, Frankreich, Deutschland und den USA zugegeben worden, im besten Übungsgelände der Nato in Europa aber nicht. Das glauben die doch selbst nicht.

    Wegen der Ablehnung in Navarra will offiziell auch das Regierungsmitglied Gayarre das Militärgelände räumen.

    Da wir das Bombodrom bisher nicht auflösen konnten, haben wir die Bardenas zum Naturpark erklärt, um das spanische Militär unter Druck zu setzen, und werden sie zum Biosphärenreservat erklären.

    Einfacher wäre es gewesen, die Nutzung der Bardenas durch die Militärs am 10. Juni auslaufen zu lassen. Aber einen Tag zuvor hat Gayarre den Vertrag um acht Jahre verlängert, die Räumung ist darin auch für 2008 nicht verankert. Mit Geld und dem Druck einer möglichen Enteignung wurde der Rat überzeugt. Die Nutzungsentschädigung wurde allerdings auf sieben Millionen Mark im Jahr verzehnfacht und weitere Investitionen versprochen. Etwa die gleiche Summe will jährlich die Zentralregierung zusätzlich in die Gegend fließen lassen. Eine Menge Geld, gibt Gayarre zu. Die Parlamentarierin, Milagros Rubio, glaubt nicht, dass die Regionalregierung das Bombodrom auflösen will. Sie kämpfte schon unter der Franco Diktatur gegen das Militärgelände.

    Wir Umweltgruppen und Antimilitaristen haben immer auf den Widerspruch hingewiesen, der sich daraus ergibt die Bardenas zum weltweiten Biosphärenreservat zu erklären und darin ein Bombodrom zu unterhalten. Das ist lachhaft.

    Die Parlamentarierin kennt das zweideutige Verhalten der Regionalregierung. Auf der einen Seite erkläre man die Bardenas zum Biosphärenreservat, auf der anderen Seite erhebe man Verfassungsklage gegen die Entscheidung des Parlaments, den Naturpark auch auf das Bombodrom auszuweiten. Statt der Räumung des Geländes gehe es vielmehr um Werbung für den Tourismus:

    Man will deshalb ein Biospärenreservat, weil das ein Terminus ohne konkreten Inhalt ist, der die Regierungen zu nichts zwingt. Ich glaube, die werden generell zu Tourismuszwecken missbraucht, wie es hier auch Gayarre vorhat.

    Rubio meint, um die einzigartige Gegend mit ihrer Fauna und Flora zu schützen, müsse sie als absolute Naturreserve ausgewiesen werden, ohne Anbau, ohne Beweidung und ohne Bombardierungen.