Donnerstag, 18. April 2024

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Barockschloss Dornburg
Käufer verzweifelt gesucht

Es klingt wie ein Schnäppchen: 80 Zimmer zum Preis von 570.000 Euro. Das Dach ist saniert, eine neue Gas-Zentralheizung wurde eingebaut. Noch aber hat sich kein Käufer für das Dornburger Barockschloss, das Versailles Sachsen-Anhalts, gefunden. Der Grund ist vermutlich ganz einfach, denn nach dem Kauf wird es vermutlich erst richtig teuer.

Von Christoph Richter | 14.03.2017
    Blick auf das Schloss Dornburg im Kreis Anhalt-Zerbst: Von 1751 bis 1758 wurde es vom Barockbaumeister Friedrich Joachim Stengel für die Mutter der späteren russischen Zarin Katharina II. erbaut. Zu DDR-Zeiten als Staatsarchiv genutzt, gehört es nach gescheiterter Privatisierung dem Land Sachsen-Anhalt.
    Blick auf das Schloss Dornburg im Kreis Anhalt-Zerbst: Von 1751 bis 1758 wurde es vom Barockbaumeister Friedrich Joachim Stengel für die Mutter der späteren russischen Zarin Katharina II. erbaut. (picture-alliance / ZB)
    Der Schlüssel hängt am grünen Band. Ein-, zweimal gedreht, schon steht man im leer stehenden Zaren-Schloss Dornburg, das zu den wichtigsten Beispielen französischer Schlossarchitektur im Stil Ludwigs XV. im gesamten mitteldeutschen Raum zählt. Im barocken Gelb glänzt die pompöse Fassade. Anwohner Egbert Platte kennt das kleine Versailles vor den Toren Magdeburgs schon seit Kindheitstagen. Auf dem Dach prangt die herrschaftlich goldene Krone, das Zarensymbol.
    "Schloss Dornburg: Errichtet von der Bauherrin Johanna Elisabeth von Anhalt-Zerbst. Angedacht war es als ihr Witwensitz. Sie wollte hier Hof halten, wenn dann ihre Tochter – die designierte Zarin Katharina II. – geweilt hätte."
    Was letztlich aber nicht geschah, denn die spätere Zarin hat in Dornburg nur einen Teil ihrer Kindheit verbracht. Dann hatte sie anscheinend von Dornburg genug.
    Mit königlichem Glanz war im 18. Jahrhundert Schluss
    Architekt war der in Berlin und Paris ausgebildete Friedrich Joachim Stengel, der auch das Saarbrücker Schloss plante.
    "Das Besondere an unserem Schloss ist dieses etwa in seiner Originalität erhaltene Treppenhaus, nach barockem Vorbild. Und soll zu der damaligen Zeit eine Einmaligkeit dargestellt haben, indem man die freitragende Treppe ohne stützende Mittelsäule errichtet hat."
    Ende des 18. Jahrhunderts war Schluss mit dem königlichen Glanz, danach war es ein Rittergut. 1932 fallen Teile des Schlosses Dornburg an die Nazis, die im Keller Regime-Gegner gefoltert haben sollen. Nach dem Krieg wird ein Teil des DDR-Staatsarchivs mit sensiblen Akten - wie einer Wehrmachtskartei – dort untergebracht.
    "So wurden zum Beispiel Betondecken eingezogen, um die Archivschränke, die Akten lagern zu können. Und da haben sie natürlich noch Lampenschmuck und eine Fußbodengestaltung, die auf den Charme der 50er-Jahre letztendlich schließen lassen."
    Denkmalschutz macht Vorgaben
    Heute blättert der Putz, darunterliegende Ziegelsteine kommen zum Vorschein, an den riesigen bis zum Boden reichenden Rundbögen-Fenstern sind Risse zu sehen. Seit mehr als 20 Jahren steht das aus 80 Sälen bestehende Zaren-Schloss Dornburg nun leer. In einem Bieterverfahren des Landes Sachsen-Anhalt soll es nun meistbietend verkauft werden. 5.500 Quadratmeter Wohnfläche für ein Mindestgebot von 570.000 Euro. Ein Schnäppchen. In der Münchner Innenstadt bekommt man dafür gerade mal eine Vier-Zimmer-Wohnung.
    "Wenn es jemanden gäbe, ernsthaft jemanden gäbe, der es nutzen will und tatsächlich die Kapazität hat, auch die Nutzung zu verwirklichen", der bekomme jede Unterstützung seitens des Landes verspricht Rainer Robra, CDU-Kulturminister in Sachsen-Anhalt.
    Es häufen sich allerdings Stimmen, die sagen, dass Denkmalschützer zu rigide seien, weil sie jedes – noch so kleine Detail - schützen wollten. Weshalb vielerorts ein Interessenskonflikt zwischen potenziellen Investoren und Denkmalschützern bestünde. Ein Dissens mit drastischen Konsequenzen. Investoren springen ab, Denkmale verfallen und verrotten. CDU-Staatssekretär Gunnar Schellenberger bestreitet, dass Denkmalschutzbehörden zu unbeweglich seien.
    "Denkmalschutz ist für uns eine große Aufgabe, das heißt aber nicht Denkmalschutz um jeden Preis. Sondern Denkmalschutz im Sinne der Verantwortung, der vernünftigen Nutzung."
    Sanierungskosten im zweistelligen Bereich
    Der Kaufpreis sei gar nicht das Problem, heißt es. Um ein Vielfaches höher lägen die Sanierungskosten des Barock-Schlosses Dornburg, von einem zweistelligen Millionenbetrag ist die Rede. Und Anbieter müssten eine Machbarkeitsstudie liefern, die mit der unteren Denkmalschutzbehörde abgestimmt sein muss. Hohe Auflagen, warum Investoren wohl nicht Schlange stünden, vermutet Bürgermeister Jens Hünerbein von der Verbandsgemeinde Gommern, zu der Dornburg gehört.
    "Meine Erfahrungen sind, wenn man ein vernünftiges Konzept hat und sich mit dem Denkmalschutz zusammensetzt, gibt es Möglichkeiten Kompromisse zu finden. Es gibt bestimmte No-Go’s, das betrifft die Fenster, die zu erhalten sind. Das ist für mich nicht ganz nachvollziehbar. Sorry, ich bin kein Denkmalschützer. Aber an der einen oder anderen Stelle finden sich sicher Kompromisse."
    Am Besten wäre es doch, sagt Bürgermeister Hünerbein noch, wenn das Land die Immobilie nutzen würde. Das scheint ausgeschlossen. Leider sagt er. Und wünscht sich nun, dass die russische Botschaft doch mal anrufen möge. Für ein Tagungs, - Kultur, - oder Begegnungszentrum wäre die Immobilie doch geradezu ideal. Dabei schielt Bürgermeister Hünerbein aufs Telefon. Doch angerufen, sagt er noch, hätte bisher keiner.