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Barrierefreiheit - nur ein Wort?

Internet.- Seit Ende 2005 sollen alle Bundeseinrichtungen ihre Internetauftritte in barrierefreien Versionen präsentieren. Darüber, wie es mit barrierefreiem Surfen in der Praxis aussieht, berichtet Keyvan Dahesh, selbst blind und Mitarbeiter des Deutschlandfunks, im Interview.

05.12.2009
    Manfred Kloiber: Mein Kollege Keyvan Dahesh ist selbst blind und beobachtet die Entwicklung in Sachen barrierefreies Internet. Herr Dahesh, was sind denn die größten Hürden, wenn Sie im Internet surfen wollen?

    Keyvan Dahesh: Die Probleme liegen darin, dass man nicht, alle Internetseiten und alle Internetpunkte erkennen kann, erreichen kann oder nutzen kann. Also ein Beispiel: Wenn ich mal auf die Tab-Taste drücke, müsste ich praktisch von Link zu Link kommen, wenn die Links also solche gekennzeichnet sind. Wenn nicht, dann höre ich vielleicht was oder denke ich, ich wäre auf einem Link und da kann ich fünfmal auf die Return-Taste drücken, da tut sich nichts.

    Kloiber: Das heißt also, Links müssten eigentlich immer nochmal extra mit einer Beschreibung versehen sein, damit eben halt sehbehinderte oder blinde Menschen dort eine Information hinterlegt haben, wohin dieser Link führt. Aber das ist oft gar nicht gemacht.

    Dahesh: Oft nicht, aber in letzter Zeit versuchen es vor allen Dingen öffentliche Institutionen das zu machen und das ist auch wichtig, weil ja alle Kommunen, alle Behörden, auch viele Firmen fast alle Angebote ins Internet stellen. Man kann gar nicht dorthin gehen, wenn man was erledigen möchte, sondern muss man alles vom Web herunter laden.

    Kloiber: Wir sind ja auch gesetzlich dazu verpflichtet, Ihnen als zum Beispiel sehbehinderten, blinden Menschen diesen Zugang zu ermöglichen, also barrierefrei anzubieten. Kommen denn öffentliche Angebote dieser Verpflichtung nach?

    Dahesh: Meistens ja, aber selbst die Bundeseinrichtungen, die durch das Gleichstellungsgesetz dazu verpflichtet waren, sollten ja bis Ende 2005 alles barrierefrei gemacht haben. Anfang 2006 war es noch nicht soweit. Also inzwischen ist es so: Die Landes- und Bundesbehörden sind dazu verpflichtet, in manchen Bundesländern sind auch die Kommunen in das Gesetz einbezogen, in manchen nicht. Da ist man drauf angewiesen, dass die Kommunen freiwillig das machen. Und bei privaten Institutionen muss man mit guten Argumenten sie davon überzeugen, dass barrierefreie Internetangebote für alle Menschen von Nutzen sind. Und wenn sie von allen Menschen benutzt werden können, auch gewinnbringend sein können.

    Kloiber: Keyvan Dahesh war das über barrierefreies Internet. Vielen Dank.