Es war eine denkwürdige Vorstellung im Europaparlament: Drei Tage lang zog EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso durch die Fraktionen und stand den Europaabgeordneten Rede und Antwort. Zuvor hatte der Kandidat allen schriftlich seine Leitlinien für die nächsten fünf Jahre zukommen lassen. Das hatte es noch nie gegeben: einen EU-Kommissionspräsident, der im Europaparlament sein Programm verteidigen und um Stimmen für seine Wiederwahl kämpfen muss.
"Es war eine großartige, konstruktive und sehr lebendige Diskussion in der Fraktion. Ich hatte Gelegenheit, sehr ernsthaft darzulegen, wie ich die derzeitige Situation sehe."
Doch viele Europaabgeordnete aus allen Parteien sind vom EU-Kommissionspräsidenten enttäuscht. Selbst aus seiner eigenen Fraktion, der Europäischen Volkspartei, wurde der EU-Kommissionspräsident zuletzt mehr kritisiert als gelobt. Der Portugiese verspreche allen alles und sei wenig durchsetzungsfähig, schon gar nicht gegenüber den großen Staaten in der EU, lautete der häufigste Vorwurf. In manchem hatte Barroso Pech: In seine Zeit fiel das Scheitern der Europäischen Verfassung und das Nein der Iren zum Lissabonner Vertrag. Doch aus Sicht vieler Europaabgeordneter hat die EU-Kommission durchaus Mitschuld an der zunehmend negativen Stimmung in der EU.
Trotzdem sind die Chancen für eine Wiederwahl Barrosos seit gestern wieder gestiegen. Vieles deutet darauf hin, dass sich die sozialdemokratische Fraktion, wenn sie Barroso nicht unterstützt, zumindest enthalten könnte. Zwar war die Anhörung des Kandidaten alles andere als ein Erfolg: dafür machte Barroso zuwenig Zugeständnisse an sozialdemokratische Kernforderungen in puncto Konjunkturprogramm und soziales Europa. Doch ein Nein der Fraktion bei der Wahl ist unwahrscheinlich: Es könnte die Sozialdemokraten um Ämter und Mitsprache bringen. Der Fraktionsvorsitzende Martin Schulz, SPD, sieht seine Fraktion in diesem Kampf um Einfluss auf sich selbst gestellt:
"Nicht nur, dass sieben sozialdemokratische EU-Regierungschefs Barrosos Kandidatur unterstützen: Es gibt auch sozialdemokratische Regierungen, die keinen Sozialdemokraten als EU-Kommissar nach Brüssel schicken, Österreich etwa oder Portugal. Das bedeutet, dass die Zahl der künftigen sozialdemokratischen EU-Kommissare gering sein wird. Aber die Bedeutung meiner Fraktion bei der Wahl der EU-Kommission ist groß, und damit werde ich unseren Einfluss stärken, wenn es um Inhalte, um die Zusammensetzung der Kommission und um die Verteilung der Ressorts geht."
Dafür kann Barroso wohl auf die Stimmen der allermeisten liberalen Europaabgeordneten zählen: Ihnen versprach er den gewünschten EU-Justiz-Kommissar, der sich um die Grundrechte sorgen soll. Das dürfte nicht die einzige liberale Besetzung in der EU-Kommission gewesen sein, über die gesprochen wurde. Mit den liberalen Stimmen könnte es für Barroso zu einer zweiten Amtszeit reichen, denn auf seine Europäische Volkspartei und auf die europäischen Konservativen kann er ohnehin zählen, die Stimmen einiger versprengter Sozialdemokraten aus Portugal und Spanien sind dem Portugiesen auch sicher. Die grünen Europaabgeordneten konnte der Kommissionspräsident allerdings nicht überzeugen, obwohl er in der Fraktion laut über einen EU-Kommissar für Klimaschutz nachgedacht hatte.
Heute entscheiden die Fraktionsvorsitzenden, ob die Wahl Barrosos am kommenden Mittwoch auf die Tagesordnung des Europäischen Parlamentes gesetzt wird. Die Chancen dafür stehen gut. Allerdings fordern die Liberalen, dass sich der Portugiese sich noch ein zweites Mal zur Wahl stellt: Dann, wenn der Lissabonner Vertrag ratifiziert ist und die EU damit eine neue Rechtsgrundlage hat. Der FDP-Abgeordnete Alexander Graf Lambsdorff:
"Wir haben eine Weltwirtschaftskrise, wir haben eine Finanzkrise, wir können es uns nicht leisten, die EU führungslos zu lassen. Aber die Europäische Union ist eine Rechtsgemeinschaft und unser Rechtsdienst hier, unsere Juristen sagen uns sehr deutlich, der Vertrag von Lissabon ändert das Verfahren für die Besetzung der Kommission so drastisch, dass man es noch einmal machen muss."
Fänden die Liberalen für ihren Vorschlag überraschend eine Mehrheit, dann gäbe es nur eine kurze Atempause für den EU-Kommissionspräsidenten. Denn dann müsste Jose Manuel Barroso bald wieder auf Bewerbungstour gehen, um eine Mehrheit zunehmend selbstbewusster Europaabgeordneter davon zu überzeugen, ein drittes Mal für ihn zu stimmen.
"Es war eine großartige, konstruktive und sehr lebendige Diskussion in der Fraktion. Ich hatte Gelegenheit, sehr ernsthaft darzulegen, wie ich die derzeitige Situation sehe."
Doch viele Europaabgeordnete aus allen Parteien sind vom EU-Kommissionspräsidenten enttäuscht. Selbst aus seiner eigenen Fraktion, der Europäischen Volkspartei, wurde der EU-Kommissionspräsident zuletzt mehr kritisiert als gelobt. Der Portugiese verspreche allen alles und sei wenig durchsetzungsfähig, schon gar nicht gegenüber den großen Staaten in der EU, lautete der häufigste Vorwurf. In manchem hatte Barroso Pech: In seine Zeit fiel das Scheitern der Europäischen Verfassung und das Nein der Iren zum Lissabonner Vertrag. Doch aus Sicht vieler Europaabgeordneter hat die EU-Kommission durchaus Mitschuld an der zunehmend negativen Stimmung in der EU.
Trotzdem sind die Chancen für eine Wiederwahl Barrosos seit gestern wieder gestiegen. Vieles deutet darauf hin, dass sich die sozialdemokratische Fraktion, wenn sie Barroso nicht unterstützt, zumindest enthalten könnte. Zwar war die Anhörung des Kandidaten alles andere als ein Erfolg: dafür machte Barroso zuwenig Zugeständnisse an sozialdemokratische Kernforderungen in puncto Konjunkturprogramm und soziales Europa. Doch ein Nein der Fraktion bei der Wahl ist unwahrscheinlich: Es könnte die Sozialdemokraten um Ämter und Mitsprache bringen. Der Fraktionsvorsitzende Martin Schulz, SPD, sieht seine Fraktion in diesem Kampf um Einfluss auf sich selbst gestellt:
"Nicht nur, dass sieben sozialdemokratische EU-Regierungschefs Barrosos Kandidatur unterstützen: Es gibt auch sozialdemokratische Regierungen, die keinen Sozialdemokraten als EU-Kommissar nach Brüssel schicken, Österreich etwa oder Portugal. Das bedeutet, dass die Zahl der künftigen sozialdemokratischen EU-Kommissare gering sein wird. Aber die Bedeutung meiner Fraktion bei der Wahl der EU-Kommission ist groß, und damit werde ich unseren Einfluss stärken, wenn es um Inhalte, um die Zusammensetzung der Kommission und um die Verteilung der Ressorts geht."
Dafür kann Barroso wohl auf die Stimmen der allermeisten liberalen Europaabgeordneten zählen: Ihnen versprach er den gewünschten EU-Justiz-Kommissar, der sich um die Grundrechte sorgen soll. Das dürfte nicht die einzige liberale Besetzung in der EU-Kommission gewesen sein, über die gesprochen wurde. Mit den liberalen Stimmen könnte es für Barroso zu einer zweiten Amtszeit reichen, denn auf seine Europäische Volkspartei und auf die europäischen Konservativen kann er ohnehin zählen, die Stimmen einiger versprengter Sozialdemokraten aus Portugal und Spanien sind dem Portugiesen auch sicher. Die grünen Europaabgeordneten konnte der Kommissionspräsident allerdings nicht überzeugen, obwohl er in der Fraktion laut über einen EU-Kommissar für Klimaschutz nachgedacht hatte.
Heute entscheiden die Fraktionsvorsitzenden, ob die Wahl Barrosos am kommenden Mittwoch auf die Tagesordnung des Europäischen Parlamentes gesetzt wird. Die Chancen dafür stehen gut. Allerdings fordern die Liberalen, dass sich der Portugiese sich noch ein zweites Mal zur Wahl stellt: Dann, wenn der Lissabonner Vertrag ratifiziert ist und die EU damit eine neue Rechtsgrundlage hat. Der FDP-Abgeordnete Alexander Graf Lambsdorff:
"Wir haben eine Weltwirtschaftskrise, wir haben eine Finanzkrise, wir können es uns nicht leisten, die EU führungslos zu lassen. Aber die Europäische Union ist eine Rechtsgemeinschaft und unser Rechtsdienst hier, unsere Juristen sagen uns sehr deutlich, der Vertrag von Lissabon ändert das Verfahren für die Besetzung der Kommission so drastisch, dass man es noch einmal machen muss."
Fänden die Liberalen für ihren Vorschlag überraschend eine Mehrheit, dann gäbe es nur eine kurze Atempause für den EU-Kommissionspräsidenten. Denn dann müsste Jose Manuel Barroso bald wieder auf Bewerbungstour gehen, um eine Mehrheit zunehmend selbstbewusster Europaabgeordneter davon zu überzeugen, ein drittes Mal für ihn zu stimmen.