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Baseball
"Big Business", aber nur für die Großen

In der Little League World Baseball spielen die Elf- bis 13-Jährigen ihren Meister aus. Der Wettbewerb ist mittlerweile ein Zuschauermagnet geworden. Doch abkassieren tun nur die großen Konzerne, die Hauptakteure sehen keinen Cent.

Von Heiko Oldörp | 12.09.2015
    Kinder spielen Baseball
    Kinder spielen Baseball (imago/stock&people/ZUMA)
    "On the ground too short, wrong guy to hit it to. Japan is your Little League World Series champion in 2015."
    Am Ende war's eine klare Sache. Mit 18:11 gewann Japan das Endspiel der Little League World Series gegen Lewisberry. Jubel bei dem Team aus Tokio, Tränen bei den Kids aus dem kleinen Ort im US-Bundesstaat Pennsylvania.

    Inoffizielle Baseball-WM für Elf- bis 13-Jährige
    Szenen wie diese gibt es alljährlich im August in South Williamsport. Hier, knapp 300 Kilometer westlich von New York, wird die Little League World Series, kurz LLWS, ausgespielt - die inoffizielle Baseball-Weltmeisterschaft für Elf- bis 13-Jährige. Die Kleinstadt wird dann zur Pilgerstätte von Familien und Fans - allein 42.000 Zuschauer sahen kürzlich das Finale, das live im landesweiten Fernsehen übertragen wurde.
    Die Geschichte der Baseball-Bubies begann 1947...
    "Play ball, the fans are chearing"
    ... und zwar mit lokalen Teams. Die einheimischen Maynard Midgets besiegten im Finale vor 2500 Zuschauern die Lock Haven All Stars 16:7. Ergebnis und Spielbericht standen tags darauf in landesweiten Zeitungen. Die Nation nahm Notiz von der Liga, schon bald gab es in allen 50 Bundesstaaten Little League-Programme - und das Finale wurde 1963 erstmals im Fernsehen übertragen.
    "And another Little League World Series is a game for the record books."
    In Uganda flippen alle aus
    Mittlerweile ist die Little League eine globale Marke geworden - und weltweit gesehen das größte organisierte Kinder-Sportprogramm. Stephen Keener, Präsident der LLWS betont stolz, dass rund um den Erdball knapp 2,5 Millionen Kids in fast 200.000 Teams und 85 Ländern Little League-Programmen angehören.
    "Today we have probably about 2,5 million kids playing and probably close to 200000 teams in 85 countries."
    Das Finalturnier erreichen acht amerikanische sowie acht internationale Teams. 2012 war erstmals eine Mannschaft aus Afrika dabei. Für die Kinder aus Uganda, hieß es im US-Fernsehen, war es die Chance, dem Elend daheim einige Tage zu entkommen. "Viele von ihnen haben nur ein Elternteil oder sind Waisen. Im Training haben sie barfuß gespielt, so waren sie es von daheim gewohnt. Das hier ist eine komplett neue Erfahrung für die Kinder aus Uganda."
    Der 12-jährige Tony Okello hatte den Moment noch genau vor Augen, an dem klar war, dass sich Uganda für die LLWS qualifiziert hatte. "Wir sind ausgeflippt, über den ganzen Platz gelaufen zu unserer Fahne, waren einfach nur überglücklich."
    Für die Veranstalter ein Millionengeschäft
    Die schöne Geschichte der Kleinen hat jedoch auch eine Kehrseite. Während die Liga und das Fernsehen Millionen einstreichen, gehen die Hauptdarsteller leer aus. Ein Unding, findet Sportjournalist Dan Wetzel von Yahoo Sports. "Die Spieler sollten bezahlt werden. Nicht alle, sondern nur die, deren Spiele im Fernsehen gezeigt werden. Es geht nicht um Millionen oder Hunderttausende, sondern um einige hundert Dollar pro Fernsehauftritt. Von mir aus soll das Geld direkt in einen College-Fonds fließen, sie verdienen es einfach. Denn außer den Kids machen alle anderen Geld mit diesem blühenden, expandierenden Geschäft."
    Die Little League Baseball, kurz LLB, ist als gemeinnütziger Verein eingetragen, wies 2012 laut Steuerbericht ein Vermögen von 78,5 Millionen Dollar auf. Sie verdient durch Sponsorengelder sechs Millionen pro Jahr, ESPN zahlt für die Übertragungsrechte bis 2022 jährich 7,5 Millionen Dollar. Der Sportsender gehört zu 80 Prozent der Walt Disney Company – und die wiederum hat im Vorjahr ihre Einnahmen auf nie dagewesene 48,8 Milliarden Dollar gesteigert.
    Walt Disney macht Geld mit Kindern aus Dritt-Welt-Ländern
    Wetzel kritisiert, dass Walt Disney seine Kinderfilm-Stars wie die mittlerweile erwachsene Miley Cyrus, alias Hannah Montana, bezahlt, die gleichaltrigen Spieler, die ebenfalls im Fernsehen zu auftreten, bei der LLWS hingegen leer ausgehen. "Es gibt jede Menge US-Familien, die das Geld für's College sparen könnten - oder damit die Kosten ausgleichen, die ihrem Sohn bei Qualifikationsturnieren entstanden sind, um die Little League World Series zu erreichen. Für die Familien ausländischer Teams ist es sogar noch teurer. Walt Disney hat in den vergangenen Wochen Geld mit Kindern aus Dritte-Welt-Ländern gemacht - und ihnen nicht einen Cent gezahlt. Ich bin mir nicht sicher, ob dies in irgendeiner anderen Branche vorkommt."
    Das Thema ist nicht neu, eine Lösung trotzdem nicht in Sicht. Veranstalter, Fernsehsender und auch der angeblich so kinderfreundliche Walt Disney-Konzern schalten auf stumm. Die Little League World Series ist "big business" - aber eben nur für die Großen.