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Basisstudienjahr statt Eingangstest

Von vier Abiturienten, die sich an der Hochschule einschreiben, bricht einer das Studium wieder ab. Und bei vielen gehen fünf, sechs Semester ins Land, bis sie sich überhaupt zu diesem Schritt durchringen. Denn oft ist ungewiss, woran es eigentlich hakt. Um hier schneller Klarheit zu haben, plant der Rektor der TU Dresden jetzt die Einführung eines so genannten "Basisstudienjahres".

Von Stefanie Müller-Frank |
    Wie wenig der Berufswunsch mit dem Unialltag zu tun hat, merkt man spätestens in der ersten Übung - wenn einem der Dreisatz fehlt oder die entscheidende Lateinvokabel. Deshalb hat der alte - und neue - Rektor der TU Dresden, Hermann Kokenge jetzt die Einführung eines "Bassistudienjahrs" vorgeschlagen. Noch ist es nur eine Idee - aber, so der Rektor:

    " Es gibt viele Studierende, die so ganz genau über die Inhalte und Anforderungen eines Studienfaches im Vorfeld nicht Bescheid wissen. Ich glaube, das kann man auch gar nicht verlangen. Da wäre die Möglichkeit, das dann noch mal nachzujustieren, wenn man so will. Dass man statt der Medieninformatik dann vielleicht die einfachere Informatik wählt. "

    Dieses "Basisstudienjahr", wie es Kokenge vorschlägt, ist also nicht zu verwechseln mit einem "Studium generale" - das ist meist ein freiwilliges, interdisziplinäres Angebot an alle Studierende, die sich über ihre engen Fächergrenzen hinaus weiterbilden wollen. Das "Basisstudienjahr" richtet sich dagegen an Erstsemester, die sich schon für eine bestimmte Studienrichtung entschieden haben. Sie könnten dann innerhalb des ersten Jahres noch mal ein Fach austauschen oder in ein benachbartes Fach wechseln - und das, ohne Zeit zu verlieren:

    " Wenn sich jetzt jemand innerhalb eines bestimmten Fächerkanons umorientiert, dann würden die Fächer, die er innerhalb dieses Jahres abgeleistet hat, angerechnet."

    Vorbild für Rektor Kokenge ist die ETH Zürich: Hier geht jeder Bachelor-Student zum Unibeginn automatisch durch ein solches Basisjahr. Vermittelt werden Grundlagen in Mathematik - Fundament für alle naturwissenschaftlichen Fächer. Erst danach folgt dann die Spezialisierung in Elektrotechnik, Maschinenbau oder Informatik. Wäre dieses Modell auch was für die TU Dresden? Immerhin könnte man befürchten, dass das Studium sich um ein Jahr verlängert.

    Hermann Kokenge widerspricht:

    " Das wäre keine Verlängerung, sondern die Studierenden würden sich ganz normal wie jetzt auch in ein Fach einschreiben. Aber das erste Jahr wäre so organisiert, dass man gewisse Wahlmöglichkeiten dann noch hat. Das geht natürlich nur innerhalb eines bestimmten Spektrums. "

    Und das ganz unbürokratisch, verspricht der Rektor der TU Dresden. Aber die Hochschule will damit natürlich auch ihre zukünftigen Studenten testen:

    " Am Ende dieses Jahres sollte auch klar sein, ob jemand für einen bestimmten Studiengang geeignet ist. Und das scheint mir in einem Jahr sehr viel besser und vernünftiger feststellbar zu sein als durch vorlaufende Tests, die wir so ja auch gar nicht machen können in vielen Fällen. "

    Ob die Eignung dann durch einen zentralen Test am Ende des ersten Jahres überprüft werden soll - oder durch die, sowieso erbrachten, Studienleistungen, ließ Kokenge noch offen. Das Hauptziel bleibt das gleiche: Nämlich die hohen Abbrecherquoten in den höheren Semestern zu senken. Die kosten die Universität nämlich viel Geld, und den Studenten bringt es nichts, über Jahre ein Fach zu studieren, für das sie nicht die nötigen Voraussetzungen mitbringen, meint der Rektor:

    " Es ist kein Vordiplom, das ist zunächst einmal die Möglichkeit zur eigenbestimmten Orientierung. Und dass zum zweiten Klarheit geschaffen wird über die Voraussetzungen. Und das wird dann allerdings auch Gegenstand sein müssen von Prüfungen oder Prüfungsleistungen, damit das dann auch eine bestimmte Verbindlichkeit bekommt. Sonst, glaube ich, hat das wenig Sinn. "

    Wenn das sächsische Wissenschaftsministerium mitspielt, könnte das Basisstudienjahr an der TU Dresden bereits zum nächsten Wintersemester eingeführt werden. Es wäre das erste an einer deutschen Hochschule.