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Basken in Frankreich

Die Wegweiser sind zweisprachig, die baskische Identität ist augenfällig. Das französische Baskenland hat seine eigenen, allerdings friedlichen Spielregeln. Dennoch ist auch Frankreich nicht sicher vor der Militanz der spanischen ETA, vor allem jetzt, da Frankreich Erfolge feiert gegen die Terroristen. Burkhard Birke berichtet.

    Die Meldungen über Fahndungserfolge gegen die baskische Separatistenorganisation ETA häufen sich in jüngster Zeit in Frankreich: Nur sehr selten tragen sie jedoch Ortsnamen aus dem französischen Baskenland.

    "Der baskische Separatismus repräsentiert etwa fünf Prozent der Bevölkerung im französischen Teil – ist also marginal, "

    meint Buchautor und ETA Experte Jean Chalvidant.

    "Der Beweis dafür ist, dass die meisten ETA Mitglieder nicht im Baskenland festgenommen wurden. Txeroki wurde in den Hautes Pyrenées festgenommen, Thierry, der Chef der ETA, im Mai in Bordeaux! Die ETA sucht ihre Rückzugsgebiete außerhalb ihres traditionellen Gebietes, außerhalb des französischen Baskenlandes."

    Denn die Sicherheitskräfte haben die Region ganz im Südwesten Frankreichs, die gemeinsam mit dem Béarn zum Departement Pyrenées Atlantiques gehörenden drei baskischen Provinzen unter besonderer Beobachtung.

    In Soule, Niedernavarra und Labourd leben insgesamt 270.000 Menschen, die meisten von ihnen in Labourd mit den Städten Bayonne und Biarritz an der Atlantikküste. Insgesamt stellen sie nicht einmal ein Zehntel der Bevölkerung dar, für die die Separatisten die Unabhängigkeit beanspruchen. Nur etwa ein Drittel von ihnen spricht und/oder versteht noch Baskisch – ein Effekt der Zuwanderung und vor allem jahrhundertelanger Politik französischer Kulturhegemonie. Zwar zählt Baskisch zu den vier Minderheitensprachen Frankreichs, in denen auch unterrichtet werden darf. Fördermittel gibt es aber so gut wie keine. Immerhin stößt man in Iparralde, - der Nordseite - so der baskische Name für den französischen Teil, auf zweisprachige Straßenschilder.

    Und 1997 verlieh der Präfekt den drei baskischen Provinzen das Statut des ‚pays basque’, Baskenlandes, eines regionalen Entwicklungsverbandes. Anders als in Spanien hat man auch keine der politisch ohnehin marginalisierten Baskenpartei verboten. Jean Chalvidant.

    "Frankreich will nicht direkt in den baskischen Konflikt hineingezogen werden und vor allem nicht den Finger in die Wunde legen. Frankreich sieht die ETA als spanisches Problem an, will sich nicht einmischen, beschränkt sich auf Repression und schickt die Polizei, die Gendarmerie und andere Sicherheitskräfte auf Jagd nach ETA Mitglieder und das bisher erfolgreich!"

    Das war nicht immer so. Vor allem zu Zeiten der Franco Diktatur galten die Etarras als Freiheitshelden. Sie konnten ohne größere Behinderungen von Frankreich aus operieren. Erst 1983 verständigten sich Präsident Mitterand und Spaniens damaliger Premier González auf eine Kooperation. Die wurde im Laufe der Jahre immer enger:

    "Das ist eine Mörderbande. Spanien hat den wohl höchsten Preis für Terrorismus in Europa gezahlt. Deshalb kann es auf die Unterstützung Frankreichs zählen – unabhängig davon, wer an der Regierung ist. Das ist keine politische, sondern eine Angelegenheit demokratischer Staaten."

    Bekräftigte Präsident Sarkozy im Januar. Er hatte gerade mit Spaniens Regierungschef Zapatero ein neues Abkommen unterzeichnet.

    "Die Generaldirektion der französischen Polizei und die spanischen Polizei und Guardia Civil werden eine Struktur ständiger Zusammenarbeit aufbauen, dafür auch ihr Personal aufstocken. In der Praxis bedeutet das: Unsere Sicherheitskräfte können mit Rückendeckung der Franzosen auf französischen Gebiet und umgekehrt die Franzosen bei uns operieren."

    Ein Abkommen, das in der Form in Europa einmalig ist und – wie in diesen Tagen Erfolge beschert, die das Problem jedoch nicht lösen. Die engere Zusammenarbeit hat auch Kehrseiten: Die ETA scheint ihr einstiges Prinzip "Keine Opfer auf französischem Boden" über Bord geworfen zu haben. Im Grunde herrscht Ratlosigkeit:

    "In dem Maße, wie ETA Mitglieder festgenommen werden, rücken neue nach, kämpfen und bringen ihre Mörder um. Das ist wie eine Hydra, der man den Kopf abhaut und ein neuer nachwächst."

    Nur eine unbesiegte ETA wäre wieder zu Verhandlungen bereit, meint Jean Chalvidant, der darin langfristig den einzigen Ausweg sieht!