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Basketball
Casino Royale

Die NBA zeigt, dass eine Mannschaftssportart Unsummen erwirtschaften kann, wenn das Spiel attraktiv ist und weltweit klug vermarktet wird. Über 70 NBA-Spieler konnten neue Verträge abschließen. Die Garantiegehälter für sie zusammen: drei Milliarden Dollar. Und nicht nur echte Superstars machen Kasse.

Von Jürgen Kalwa | 09.07.2016
    Stephen Curry (R) geht zum Korb
    In der NBA geht es um Rekordsummen (picture alliance / dpa)
    Die Szenerie erinnert einen an einen Blackjack-Tisch in einem Casino, wenn der Croupier eine Karte nach der anderen aufblättert. Und die Spieler spekulieren, dass sie mit der richtigen Kombination am Ende den Jackpot holen. Wer von Berufs wegen Profimannschaften zusammenstellt, dürfte sich häufig ganz genauso fühlen: Das gewisse Prickeln inklusive. Der wichtigste Unterschied: Es geht um sehr viel mehr Geld.
    Um wieviel? Die neue Rekordmarke in der NBA für eine Spielergage erreichte vor ein paar Tagen 153 Millionen Dollar. Diese Summe garantieren die Memphis Grizzlies ihrem Vorzeigespieler Mike Conley für die nächsten fünf Jahre. Macht 30 Millionen Dollar pro Saison. Egal, ob er verletzt ist oder formschwach.
    Das Geld (ver)lockt…
    Fragwürdige, viel zu hoch dotierte Verträge hat es in der NBA immer wieder gegeben. Doch was seit ein paar Wochen passiert, ist neu. Wozu gehört, dass gleich eine ganze Reihe von namhaften Spielern – für erhebliche Summen – zu anderen Clubs wechseln. Mit schwer abzuschätzenden sportlichen Konsequenzen.
    Der Spanier Pau Gasol etwa geht von den Chicago Bulls zu den San Antonio Spurs. Dwayne Wade? Weg aus Miami. Nun in Chicago. Dwight Howard? Von Houston zu den Atlanta Hawks. Und der wertvollste Wandersmann von allen? Kevin Durant? Der verließ Oklahoma City und ging zu den Golden State Warriors.
    Das Geld lockt. Aber es geht oft um mehr. Durant etwa, der als einer der besten Korbschützen der Liga in Oklahoma immer wieder knapp am Kampf um die Meisterschaft gescheitert war, will endlich den Titel gewinnen. Und das möglichst mehr als einmal. Mit den Warriors sehen die Chancen gut aus. Das Team war 2015 Meister und verlor soeben denkbar knapp die Finalserie gegen die Cleveland Cavaliers. Mit Durant wirken sie – zumindest auf dem Papier – unschlagbar.
    Verdirbt Geld den Charakter?
    Was sogleich für heiße Debatten sorgte: Der heftigste Vorwurf kam von einem der meinungsfreudigsten Sportkommentatoren: Stephen A. Smith. Der ging soweit und warf Durant Charakterschwäche vor: Wie könne ein so herausragender Basketballer wie Durant, nachdem er mit Oklahoma City die Warriors in den Playoffs am Rande des Aus hatte, ausgerechnet dorthin wechseln? Zu einem Team, das bereits gezeigt hat, dass es ihn gar nicht braucht, um Meister zu werden?
    Dabei ist das nur die eine Hälfte der Medaille. Über die andere – dass bei diesen Transaktionen einige Spieler auf der Strecke bleiben – sprechen nur wenige. In der NBA müssen sich Clubs an gewisse Gehaltsrahmen halten. Die Liga nennt diesen Bremsmechanismus, der so etwas wie Chancengleichheit garantieren soll, "Salary Cap". Warriors-Trainer Steve Kerr erinnerte daran: "Viele wirklich gute Spieler ziehen jetzt weiter. Spieler, die uns geholfen haben, einen Titel zu gewinnen. Aber das ist die NBA. Das ist das Geschäft. Spieler wechseln. Mannschaften versuchen, sich zu verstärken."
    Dennis Schröder (r.) spielt seine zweite Saison für die Atlanta Hawks in der NBA.
    Dennis Schröder (r.) hat gute Karten beim Vertragspoker (picture alliance / dpa - Erik S. Lesser)
    Interesse an NBA außerhalb der USA explodiert
    Verstärken mit Geld, das die NBA hauptsächlich aus einer Quelle bezieht. Aus einem neuen, neunjährigen Fernsehvertrag, der der Liga zusätzliche Millardeneinnahmen garantiert. NBA-Chef Adam Silver ist zufrieden, wie er neulich in einem Interview zu erkennen gab: "Das läuft großartig. Rekord-Einschaltquoten. Rekordinteresse in den sozialen Medien. Das Interesse an der NBA außerhalb der USA ist förmlich explodiert."
    Was übrigens gut sein dürfte wie jemanden wie den Braunschweiger Dennis Schröder. Der 22-jährige, seit drei Jahren in der NBA, wird demnächst mit den Atlanta Hawks über einen neuen Vertrag reden. Der Club will ihn als Nummer eins auf der Position des Spielgestalters halten und entsprechend bezahlen. Um wieviel Geld geht es? Sein Mannschaftskollege Ken Bazemore unterschrieb soeben einen Vier-Jahres-Vertrag über 70 Millionen Dollar. Soviel wird Schröder dem Team sicher auch wert sein.