Im Oktober 2006 brach in Deutschland die Hölle los. Eine ganze Woche lang füllten viele Millionen Menschen Lottoscheine in Serie aus. Immerhin winkte ein gigantischer Gewinn von 37 Millionen Euro, weil seit elf Wochen niemand den Jackpot geknackt hatte. Das muss man sich vorstellen: Für 75 Cent plus einer geringen Bearbeitungsgebühr, so viel kostet eine Tippreihe, ließen sich 37 Millionen Euro gewinnen. Unvorstellbar! Reiner Wahnsinn! Allerdings gab es einen kleinen Schönheitsfehler: Egal welche Zahlen die dem Lottofieber Verfallenen auch ankreuzten, die Wahrscheinlichkeit zu gewinnen, war vernichtend winzig. Mathematisch liegen die Chancen auf den Hauptgewinn bei nur 1 zu 140 Millionen.
Für 40 Prozent aller erwachsenen Deutschen hat das aber keine Bedeutung. Sie spielen mindestens einmal im Jahr Lotto, viele auch Woche für Woche. Die Gründe für dieses ökonomisch gesehen eher irrationale Verhalten sind vielfältig. Fast alle Spieler geben sich unter anderem Tagträumen hin, in denen sie sich zum Beispiel vorstellen,
"dass sie eine Kreuzfahrt machen würden, dass sie das Haus kaufen würden, das sie gerne haben möchten, sich eben Bedürfnisse erfüllen, die sie sich eben mit ihrem normalen Einkommen erfüllen können, und in diese Traumwelt einsteigen zu können, das ist ein ganz wichtiges Motiv von Lottospielern, weshalb sie dafür Geld ausgeben","
sagt Professor Jens Beckert, Direktor des Max-Planck-Instituts für Gesellschaftsforschung in Köln. Und Mark Lutter, Mitautor der Lotto-Studie, fügt hinzu:
""Es ist sozusagen die Baugenehmigung für Luftschlösser."
Interessant ist in diesem Zusammenhang, dass sich kaum ein Spieler der Hoffnung hingibt, Luftschlösser jemals in steinerne, wenn schon nicht Schlösser, so doch wenigstens Eigenheime zu verwandeln.
Beckert: "Wir haben gefragt, für wie wahrscheinlich halten Sie es, im Lotto zu gewinnen? Und 92 Prozent der Antworten waren, es ist sehr unwahrscheinlich ganz unwahrscheinlich, und lediglich 8 Prozent der Teilnehmer an der Studie halten das für wahrscheinlich, da mal zu gewinnen. Jetzt ist es sicher nicht so, dass die Lottospieler wissen, dass es eine Chance von 1 zu 140 Millionen gibt, den Jackpot zu gewinnen, aber sie wissen zumindest, dass es höchst unwahrscheinlich ist."
Tagträume alleine können dieses Verhalten aber nicht erklären. Ein weiteres Motiv, das aber nicht für alle Menschen gilt, sind die mit dem Lottospiel verbundenen sozialen Kontakte. Viele schließen sich in Betrieben oder in Freundeskreisen zu Tippgemeinschaften zusammen und gehen einmal im Jahr vom "erwirtschafteten" Gewinn essen. Wobei man nüchtern feststellen muss: Klüger, weil mehr Geld zur Verfügung stünde, wäre, die Spieleinsätze zu sparen, um dann einmal im Jahr den Schampus gleich in Strömen fließen zu lassen. Das Lottospiel hat aber nur am Rande etwas mit rationalem Verhalten zu tun hat, weit wichtiger ist für Jens Beckert unter anderem seine Ventilfunktion.
"Die Beteiligung an der Lotterie ist auch ein Flucht oder ein Ventil, um aus eigenen Frustrationen der Alltagswelt herauszukommen, also Personen, die ihr eigenes Leben eher langweilig finden, sind diejenige, die sich eher am Lotto beteiligen und mit dem Lotterielos versuchen, eine Flucht aus den Frustrationen, die in ihrer Alltagswelt vorherrschen, zu erreichen."
Konkret heißt das: Lottospieler, nicht alle, aber doch die Mehrheit, sind eher schlecht ausgebildet, und sie stehen gesellschaftlich eher am Rande. Und sie sind eher älter.
"Junge Menschen spielen sehr viel seltener. Die Alterkohorte, in der am meisten gespielt wird, sind die um 60-Jährigen. Hier kann man ja jetzt durchaus vermuten, dass es Zusammenhänge gibt, also bei jungen Menschen, die ihr Leben vor sich haben, die voller Hoffnung sind, voller Tatendrang, die viele Ideen haben, dass das Lottospiel etwas ist, was für sie nicht in ihren Alltag und ihr Leben hinein passt. Diejenigen, die älter sind, wo Hoffnungen und Träume als weniger realisierbar wahrgenommen werden, bei denen nimmt das Lotteriespiel zu."
Hinzu kommt, sagt Jens Beckert vom Max-Planck-Institut für Gesellschaftsforschung in Köln, dass Lottospieler über keinerlei Hintergrundwissen verfügen müssen.
"Man muss in der Tat überhaupt keine Kenntnisse haben, egal wo man das Kreuz setzt, die Chancen sind immer gleich. Dies ist insbesondere ein interessantes Spieldesign für diejenigen, die sich selbst so einschätzen, dass sie weniger Fertigkeiten haben, also in Spielen, also im Leben allgemein, dann, wenn es darauf ankommt, Wissen, Fertigkeiten, Kreativität, was auch immer zu haben, eher benachteiligt zu sein, das sind diejenigen, die das Lottospiel genau dafür schätzen, dass es solche Diskriminierungen nicht gibt."
Ein Aspekt spielt übrigens überhaupt keine Rolle: Auf die Frage, ob es für die Spieler wichtig sei, dass die nicht ausgeschütteten Gewinne in soziale und kulturelle Projekte fließen, gab es eine klare Antwort.
"Das spielt quasi überhaupt keine Rolle. Es geht schon darum zu gewinnen, man will nichts Gutes tun, man will gewinnen, und man ist bereit ,ein unfaires Spiel dafür zu akzeptieren, unfair insofern, als dass nur 48 Prozent des eingesetzten Geldes als Gewinne überhaupt wieder ausgeschüttet werden."
So ist das beim Lotto: Der Hauptgewinn ist riesig, ihn zu bekommen aber fast unmöglich. Im Oktober 2006 machten viele Menschen diese Erfahrung. Mark Lutter zum Beispiel, der damals spielte
"als der Jackpot bei 37 Millionen lag, leider habe ich verloren."
Fast alle haben verloren, bis auf einen Krankenpfleger aus Nordrhein-Westfalen: Er setzte 10 Euro ein und kassierte 37 Millionen.
Für 40 Prozent aller erwachsenen Deutschen hat das aber keine Bedeutung. Sie spielen mindestens einmal im Jahr Lotto, viele auch Woche für Woche. Die Gründe für dieses ökonomisch gesehen eher irrationale Verhalten sind vielfältig. Fast alle Spieler geben sich unter anderem Tagträumen hin, in denen sie sich zum Beispiel vorstellen,
"dass sie eine Kreuzfahrt machen würden, dass sie das Haus kaufen würden, das sie gerne haben möchten, sich eben Bedürfnisse erfüllen, die sie sich eben mit ihrem normalen Einkommen erfüllen können, und in diese Traumwelt einsteigen zu können, das ist ein ganz wichtiges Motiv von Lottospielern, weshalb sie dafür Geld ausgeben","
sagt Professor Jens Beckert, Direktor des Max-Planck-Instituts für Gesellschaftsforschung in Köln. Und Mark Lutter, Mitautor der Lotto-Studie, fügt hinzu:
""Es ist sozusagen die Baugenehmigung für Luftschlösser."
Interessant ist in diesem Zusammenhang, dass sich kaum ein Spieler der Hoffnung hingibt, Luftschlösser jemals in steinerne, wenn schon nicht Schlösser, so doch wenigstens Eigenheime zu verwandeln.
Beckert: "Wir haben gefragt, für wie wahrscheinlich halten Sie es, im Lotto zu gewinnen? Und 92 Prozent der Antworten waren, es ist sehr unwahrscheinlich ganz unwahrscheinlich, und lediglich 8 Prozent der Teilnehmer an der Studie halten das für wahrscheinlich, da mal zu gewinnen. Jetzt ist es sicher nicht so, dass die Lottospieler wissen, dass es eine Chance von 1 zu 140 Millionen gibt, den Jackpot zu gewinnen, aber sie wissen zumindest, dass es höchst unwahrscheinlich ist."
Tagträume alleine können dieses Verhalten aber nicht erklären. Ein weiteres Motiv, das aber nicht für alle Menschen gilt, sind die mit dem Lottospiel verbundenen sozialen Kontakte. Viele schließen sich in Betrieben oder in Freundeskreisen zu Tippgemeinschaften zusammen und gehen einmal im Jahr vom "erwirtschafteten" Gewinn essen. Wobei man nüchtern feststellen muss: Klüger, weil mehr Geld zur Verfügung stünde, wäre, die Spieleinsätze zu sparen, um dann einmal im Jahr den Schampus gleich in Strömen fließen zu lassen. Das Lottospiel hat aber nur am Rande etwas mit rationalem Verhalten zu tun hat, weit wichtiger ist für Jens Beckert unter anderem seine Ventilfunktion.
"Die Beteiligung an der Lotterie ist auch ein Flucht oder ein Ventil, um aus eigenen Frustrationen der Alltagswelt herauszukommen, also Personen, die ihr eigenes Leben eher langweilig finden, sind diejenige, die sich eher am Lotto beteiligen und mit dem Lotterielos versuchen, eine Flucht aus den Frustrationen, die in ihrer Alltagswelt vorherrschen, zu erreichen."
Konkret heißt das: Lottospieler, nicht alle, aber doch die Mehrheit, sind eher schlecht ausgebildet, und sie stehen gesellschaftlich eher am Rande. Und sie sind eher älter.
"Junge Menschen spielen sehr viel seltener. Die Alterkohorte, in der am meisten gespielt wird, sind die um 60-Jährigen. Hier kann man ja jetzt durchaus vermuten, dass es Zusammenhänge gibt, also bei jungen Menschen, die ihr Leben vor sich haben, die voller Hoffnung sind, voller Tatendrang, die viele Ideen haben, dass das Lottospiel etwas ist, was für sie nicht in ihren Alltag und ihr Leben hinein passt. Diejenigen, die älter sind, wo Hoffnungen und Träume als weniger realisierbar wahrgenommen werden, bei denen nimmt das Lotteriespiel zu."
Hinzu kommt, sagt Jens Beckert vom Max-Planck-Institut für Gesellschaftsforschung in Köln, dass Lottospieler über keinerlei Hintergrundwissen verfügen müssen.
"Man muss in der Tat überhaupt keine Kenntnisse haben, egal wo man das Kreuz setzt, die Chancen sind immer gleich. Dies ist insbesondere ein interessantes Spieldesign für diejenigen, die sich selbst so einschätzen, dass sie weniger Fertigkeiten haben, also in Spielen, also im Leben allgemein, dann, wenn es darauf ankommt, Wissen, Fertigkeiten, Kreativität, was auch immer zu haben, eher benachteiligt zu sein, das sind diejenigen, die das Lottospiel genau dafür schätzen, dass es solche Diskriminierungen nicht gibt."
Ein Aspekt spielt übrigens überhaupt keine Rolle: Auf die Frage, ob es für die Spieler wichtig sei, dass die nicht ausgeschütteten Gewinne in soziale und kulturelle Projekte fließen, gab es eine klare Antwort.
"Das spielt quasi überhaupt keine Rolle. Es geht schon darum zu gewinnen, man will nichts Gutes tun, man will gewinnen, und man ist bereit ,ein unfaires Spiel dafür zu akzeptieren, unfair insofern, als dass nur 48 Prozent des eingesetzten Geldes als Gewinne überhaupt wieder ausgeschüttet werden."
So ist das beim Lotto: Der Hauptgewinn ist riesig, ihn zu bekommen aber fast unmöglich. Im Oktober 2006 machten viele Menschen diese Erfahrung. Mark Lutter zum Beispiel, der damals spielte
"als der Jackpot bei 37 Millionen lag, leider habe ich verloren."
Fast alle haben verloren, bis auf einen Krankenpfleger aus Nordrhein-Westfalen: Er setzte 10 Euro ein und kassierte 37 Millionen.