Kreislaufwirtschaft Bauen
Wie sich Bauschutt besser recyceln lässt

Bauen verbraucht viele Ressourcen und der CO2-Ausstoß ist hoch. Viel könnte eingespart werden, wenn Bauabfälle in großem Umfang wiederverwendet würden. Doch meist entstehen aus den Resten alter Gebäude keine neuen. Dabei wäre das auch wirtschaftlich.

    Abbruch eines alten Einfamilienhauses, Bagger hebt Fundament und Keller aus
    Nur ein kleiner Bruchteil des Bauschutts abgerissener Häuser wird für neue Hochbauten verwendet. Das meiste Baumaterial geht in den Tiefbau. (IMAGO / Wolfgang Maria Weber)
    Die Baubranche ist einer der ressourcenintensivsten Wirtschaftssektoren in Deutschland. Laut Umweltbundesamt machen mineralische Bauabfälle rund 60 Prozent des Gesamtabfallaufkommens aus.
    Wenn Straßen aufgebrochen, Gebäude abgerissen oder Stromkabel verlegt werden, fällt viel Schutt an. Die sogenannte Verwertungsquote von Bauabfällen lag 2022 erstmals bei mehr als 90 Prozent. Als Verwertung gilt unter anderem aber auch die Verfüllung ausgedienter Tagebauten. Nur ein Bruchteil des anfallenden Materials erfährt ein echtes Recycling bei Neubauten.
    Was braucht es, um Bauabfälle maximal effizient wiederzuverwenden und in eine Kreislaufwirtschaft zu integrieren?

    Wozu sollte man Bauschutt recyceln?

    In Deutschland fallen laut Statistischem Bundesamt pro Jahr 400 Millionen Tonnen Müll an. Mehr als die Hälfte davon sind Abfälle aus der Baubranche: 230 Millionen Tonnen mineralische Bauabfälle. Das umfasst allerdings nicht nur Bauschutt, sondern auch Boden und Steine, Straßenaufbruch und gemischte Baustellenabfälle.
    Doch ohne Baustoff-Recycling geht es nicht. Rohstoffe sind endlich, vor allem der für Zement benötigte Sand, der meist unter hohem Aufwand und unter großen Umweltschäden aus dem Meer gefördert wird. Etwa sechs Prozent des CO2-Ausstoßes weltweit werden bei der Herstellung von Zement freigesetzt. Außerdem steigen die Entsorgungskosten für ausgediente Materialien. Spätestens in 25 Jahren, hat das Leibniz-Institut für ökologische Raumentwicklung (IÖR) berechnet, wird deutlich mehr Schutt anfallen als jetzt. Für Kommunen und Städte wäre es deshalb ökonomisch und ökologisch sinnvoll, schon jetzt entsprechende Strukturen aufzubauen.
    Im Sinne des „Urban Minings“ („städtischer Bergbau“) sollten verbaute Rohstoffe zunächst so lange wie möglich im Einsatz bleiben und wenn sie ausgedient haben, wiederverwendet werden – möglichst verlustfrei, im Sinne einer kreislaufgerechten Wirtschaftsweise. Man spricht auch vom „zirkulären Bauen“.

    In welchem Ausmaß wird bisher Bauschutt recycelt?

    Deutschlandweit benötigt die Branche fast 600 Millionen Tonnen Rohstoffe. 13 Prozent davon sind inzwischen recycelte Baustoffe. Aber nur ein Prozent davon wird so aufbereitet, dass daraus Material für ein neues Haus werden kann. Aus dem Hochbau (60 Millionen Tonnen Schutt pro Jahr) werden laut Umweltbundesamt 80 Prozent recycelt, aber nicht im Hochbau, obwohl das möglich wäre. Bauschutt aus dem Hochbau wird eher im Tiefbau verwertet, als Straßenuntergrund und als Verfüllmaterial – etwa für ehemalige Tagebaue. Die Verwendungsmöglichkeiten im Tiefbau nehmen allerdings ab, im Hochbau bleibt der Bedarf hoch. Es gibt mehr Bau- als Abriss-Projekte.

    Was sind die Probleme beim Recycling von Bauschutt?

    Obwohl es an Technik, Know-how und einem gesetzlichen Rahmen nicht fehlt, verwenden nur wenige Bauherren recyceltes Material für ihre Gebäude. Ein Grund dafür ist das schlechte Image. Wer neu baut, will meist keinen Abfall, sondern neue Materialien verwenden - vor allem wenn sie zum gleichen Preis zu haben sind.
    Außerdem ist Baustoff-Recycling komplex – aus mehreren Gründen. Der Umgang mit Abfall bedeutet viel Bürokratie: Die Recycling-Unternehmen müssen Auflagen vom Umwelt- und Gewerbeamt und der Abfallwirtschaftsbehörde einhalten, und Prüfinstitute testen die Qualität des aufbereiteten Materials kontinuierlich. Der gesamte Prozess kostet insgesamt oft mehr Zeit und Geld, als Primär-Rohstoffe im Steinbruch abzubauen.
    Außerdem müssen die Transportwege kurz sein. Alles über 30 Kilometer ist unwirtschaftlich. Um Bauschutt erfolgreich im Hochbau wiederzuverwenden, müssen sich alle beteiligten Akteure innerhalb einer Region gut abstimmen und lokale Abriss-Baustellen, Zwischenlager und Neubau-Projekte passgenau koordinieren. Hochbauämter, Bauherren, Planungsbüros, Abbruchunternehmen, Baustoffhersteller und -recycler sind dabei aufeinander angewiesen.

    Welche Lösungsansätze gibt es?

    Um CO2, Energie und Primärstoffe zu sparen, braucht es ein konzertiertes Zusammenspiel: einen Überblick über die Materialien, die bei Abrissen anfallen und die, die neue Bauprojekte benötigen. Materialkataster können genau so einen Überblick liefern. Vereinfacht ausgedrückt handelt es sich um eine Materialliste. Wer einen Neubau plant, kann anhand des Materialkatasters überprüfen, mit welcher Art und Menge regionalem Bauschutt er für seine Baustelle rechnen kann oder in welchem Verhältnis Material- und Entsorgungskosten stehen.
    Im April 2025 hat das Leibniz-Institut für ökologische Raumentwicklung (IÖR) den Open-Source-Datensatz für ganz Deutschland veröffentlicht. Kommunen, Planer, Bauherrinnen und Interessierte können so nachvollziehen, unter welchen Umständen sich Bauschutt-Recycling lohnt.

    Welche Rolle kann der Staat spielen?

    In der Schweiz schreibt ein Gesetz vor, wie viel Recycling-Beton verwendet werden muss. In Deutschland fehlen solche gesetzlichen Vorgaben. Es gibt zwar einzelne Beispielprojekte, aber an etlichen Stellen funktioniert die Kreislaufwirtschaft noch nicht. Solange der Umgang mit Recycling-Baustoffen noch mehr Zeit und Geld kostet als die gelernte Praxis, braucht es Subventionen. Und es braucht eine bessere Kommunikation zwischen den Akteuren. Aber sobald recycelte Baustoffe qualitativ überzeugen – und das können sie –, wird sich ihr Image flächendeckend verbessern, sagt Felix Müller vom Umweltbundesamt.
    Zusammen mit dem "Leibniz-Institut für ökologische Raumentwicklung" und weiteren Interessensgruppen hat Müller eine nationale Urban-Mining-Strategie für die Bundesregierung erarbeitet: Darin geht es darum, zu nutzen, was wir haben, und damit Flächen und natürliche Ressourcen zu schonen. Der nächste Schritt soll darin bestehen, Urban Mining in die Nationale Kreislaufwirtschatsstrategie zu integrieren.
    leg