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Bauen mit Wüstensand
Die Rundung der Körner ist nicht das Problem

Sand zählt inzwischen weltweit zu den begehrten Rohstoffen. Denn Sand ist nicht gleich Sand. So gilt Wüstensand für die Betonproduktion als ungeeignet. Wissenschaftler der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe haben jetzt überprüft, warum das angeblich so ist. Mit einem überraschenden Ergebnis.

Von Dagmar Röhrlich | 05.08.2019
Geländefahrzeug fährt in den Sanddünen im Ubari Sandmeer, Sahara, Libyen, Afrika
Saharasand eignet sich nicht zum Bauen. BGR-Forscher kennen nun den Grund dafür. (picture-alliance / dpa/ Guenter Fischer)
Sand - das ist vor allem Quarz, eines der häufigsten Minerale in der Erdkruste; eines, das härter ist als Stahl und sehr vielseitig. Nach Wasser ist er der zweitwichtigste Rohstoff der Menschheit und der Motor des Industriezeitalters: Ohne die unscheinbaren Körner gäbe es weder Computerchips noch Solaranlagen.
"Wir bauen damit Straßen und Dämme, gewinnen neues Land, setzen ihn für Sandvorspülungen ein. Das Gros des Sands fließt jedoch in den Bausektor."
Erzählt Pascal Peduzzi vom UN-Umweltprogramm UNEP. Mit dem Jahresverbrauch des Bausektors allein ließe sich rund um den Äquator eine 27 Meter hohe und 27 Meter breite Mauer aufschütten. Mit wohl 60 Prozent der jährlichen Förderquote ist China der größte Verbraucher, aber auch die Golf-Scheichtümer auf der Arabischen Halbinsel setzen ungeheure Mengen ein – Betonsand, den sie importieren. Aber ließe sich die enorme Nachfrage dort nicht auch regional decken? Zum Beispiel mit Wüstensand?
Sind die Sandkörner aus der Wüste zu rund?
"Da haben wir gerade eine Untersuchung gemacht, ob denn die Sande da wirklich nicht geeignet sind, und die Sande sind nicht geeignet."
Denn erst hochwertige Sande geben dem Beton die notwendige Festigkeit, damit er die Druckkräfte, die in einem Hochhaus wirken, aufnehmen kann. Harald Elsner von der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe in Hannover hat sich gefragt, warum Wüstensande eigentlich ungeeignet sind. Der Theorie zufolge sollten sie beim Transport durch den Wind zu rund geschliffen worden sein. Um das zu überprüfen, haben er und sein Team Sandproben untersucht:
"Aus Marokko, Tunesien, Niger, Libyen, Mauretanien, Vereinigten Arabischen Emiraten, Ägypten, Mali und so weiter. Und wir konnten diese Proben analysieren auf Kornformen, Korngrößenverteilung, Mineralogie."
Grobe Körner fehlen
Mit ihrem Ergebnis haben die Forscher nicht gerechnet. Anders als erwartet sind die Körner nicht zu rund, um sich für einen guten Beton verzahnen zu können:
"Das Problem ist, dass der Sand zu fein ist. Der Sand ist ja auch ein Gemenge aus Feinstsand, Feinsand, mittelkörnigem Sand und Grobsand, und in dem Wüstensand fehlen komplett der Grobsand und der Mittelsand. Das heißt, der Sand in der Sahara ist größtenteils ein Feinstsand und nicht geeignet, um das nötige Stützkorn zu liefern für den Betonsand. Deswegen ist der Wüstensand nicht geeignet, nicht weil er zu rund ist, sondern weil er zu fein ist."
Zwar seien die Körner etwas gerundeter als beispielsweise die der Flusssande, die in Europa abgebaut werden. Aber sie seien eben nicht so rund, dass sie deswegen nicht zum Betonsand taugten. Allerdings bedeutet das nicht, dass es nirgends in der Sahara oder auf der Arabischen Halbinsel Betonsande gibt.
Transport von Sand wirtschaftlich nicht sinnvoll
"Die Sahara besteht ja größtenteils nicht aus Sand, sondern es ist eine Stein- und Felswüste, und dort wird immer wieder bei der Verwitterung neues Sandmaterial geschaffen und dann verweht. Z.B. haben sich die Sande in Libyen als sehr gut herausgestellt, fast nur aus Quarz bestehend, und da ist auch Grobsandmaterial drin."
Das heißt, es kann sich für die nordafrikanischen und arabischen Staaten durchaus lohnen, bei großen Bauvorhaben vor Ort zu prüfen, ob es nicht doch brauchbare Vorkommen gibt. Allerdings dürfte es sich nicht lohnen, Wüstensand über weite Strecken mit Lkw zu transportieren – weder aus finanzieller, noch aus ökologischer Sicht.