Baut ein heutiger Architekt im Ausland - welch ein Karrieresprung! Entwirft er zum Bau auch noch die Möbel, steht es gleich in allen Gazetten. Versucht er sich womöglich gar als Bühnenbildner, wird er vollends als Genie gehandelt. Dass vor 200 Jahren der preußische Baumeister Karl Friedrich Schinkel all dies in seiner Person vereinte, dass er noch dazu vom Rheinland bis nach Ostpreußen für qualitätsvolle neue Architektur ebenso sorgte wie für die Erhaltung wertvoller Baudenkmäler, das alles, in kaum mehr als 20 Jahren verwirklicht, ist eine fast übermenschliche Leistung und stellt die heutigen Stars der Zunft mühelos in den Schatten. Dem so komplexen und facettenreichen Gesamtwerk dieses bedeutendsten preußischen Architekten des 19. Jahrhunderts widmet sich in Potsdam eine ebenso dichte wie didaktisch gelungene, weil unerhört lebendige und alle Sinne ansprechende Schau. Was macht Schinkels Faszination heute aus? Eine Frage an Andreas Bernhard, Kurator der Schau:
"Ich denke die Komplexität und Variabilität, die er hat. Man darf sich nicht vorstellen, dass er als trockener Beamter am Schreibtisch sitzt und jeder Tag läuft gleich ab, sondern er ist jemand, der blitzschnell reagieren musste. Und das ist das Moderne an ihm - ein Schaffensdrang, der vor keiner Schranke halt machte, alles musste Schinkel entwerfen, alles musste er künstlerisch umsetzen."
Von der Dorfkirche bis zum königlichen Prunksessel - Letzterer in der Ausstellungsabteilung Kunstgewerbe zu begutachten. Welche geografischen Entfernungen Schinkel als höchster königlich-preußischer Baubeamter auf seinen vielen Dienstreisen zurücklegte, das zeigt der "Führer zu seinen Bauten", erschienen im Deutschen Kunstverlag. "Aachen bis Sankt Petersburg" ist dessen zweiter Band übertitelt und zusammen mit dem ersten zu "Berlin und Potsdam" bietet er eine treffliche Ausstellungsergänzung und ein unverzichtbares Vademecum für alle reisenden Schinkel-Freunde. Die entdecken im kriegszerstörten und 1953 dank Volkeswillens wiederaufgebauten Aachener Elisenbrunnen die erste und einzige Schöpfung des Bäderarchitekten Schinkel, werden aber auch im fernen Russland fündig: Dort ist zwar der Meister persönlich nie gewesen, doch wurde nach seinem Entwurf im Park von Schloss Peterhof die filigrane neugotische Alexander- Newski-Kapelle errichtet. Für den preußischen Statthalter in Großpolen Fürst Antoni Radziwill entstand als Fachwerk-Oktogon das Jagdschloss Antonin, für die Preußenprinzessin Marianne das Schloss Kamenz in Schlesien. Der Denkmalpfleger Schinkel sorgte sich um die Marienburg ebenso wie er sich für die Instandsetzung und Vollendung des Kölner Doms einsetzte.
All dieses ist in detailreich und kunstvoll ausgeführten Zeichnungen von seiner Hand in der Ausstellung präsent. Diese Zeichnungen machen zusammen mit dem unter tiefblauem Himmel sich ausbreitenden Panorama von Triest und anderen großformatigen Aquarellen seiner Italienreisen aber auch mit den Ansichten der Potsdamer Prinzenresidenzen und den farbig entworfenen Interieurs der königlichen Wohnungen im Berliner Schloss den besonderen Reiz und Wert der Potsdamer Schau aus - gelangen derlei Kostbarkeiten aus konservatorischen Gründen doch nur alle Jubeljahre mal ans Licht der Öffentlichkeit. Wie suggestiv Schinkel in Dioramen, bewegten Schaubildern etwa den Brand von Moskau oder den Markusplatz in Venedig in Szene zu setzen verstand, das erlebt der Ausstellungsbesucher dank Computeranimation ebenso hautnah wie Ägyptens exotische Fernen, die da aus seinen Bühnenbildern für die ‚Zauberflöte’ auftauchen.
Auch der Maler Schinkel begegnet in der Potsdamer Schau. Vor allem aber profilierte er sich als Hof- und Staatsarchitekt, 1818 entsteht mit der Neuen Wache Unter den Linden sein erster bedeutender Architekturentwurf. Äußerst geschickt wusste er seine vielseitige Begabung ins damalige Baugeschehen einzubringen:
"Er ist von Beruf her Beamter, zur Prüfung von Bauanträgen eingesetzt, dann fungiert er wie ein Hofarchitekt, ohne es zu sein, und er fungiert wie ein Staatsarchitekt, den es auch nicht gibt. Letzteres eben dadurch, dass er Bauten schafft, die für den preußischen Staat identitätsstiftend sind wie diese Wache."
Wie aber auch das Alte Museum, das Schauspielhaus am Gendarmenmarkt und die Friedrichswerdersche Kirche. Alle vier prägen bis heute das Gesicht der Stadt. Wie viel von Schinkels Berlin, von der Baukultur einer ganzen Epoche aber unwiderruflich versunken ist, zeigt am Schluss die höchst eindrückliche und verdienstvolle Projektion verlorener Schinkel-Bauten.
"Ich denke die Komplexität und Variabilität, die er hat. Man darf sich nicht vorstellen, dass er als trockener Beamter am Schreibtisch sitzt und jeder Tag läuft gleich ab, sondern er ist jemand, der blitzschnell reagieren musste. Und das ist das Moderne an ihm - ein Schaffensdrang, der vor keiner Schranke halt machte, alles musste Schinkel entwerfen, alles musste er künstlerisch umsetzen."
Von der Dorfkirche bis zum königlichen Prunksessel - Letzterer in der Ausstellungsabteilung Kunstgewerbe zu begutachten. Welche geografischen Entfernungen Schinkel als höchster königlich-preußischer Baubeamter auf seinen vielen Dienstreisen zurücklegte, das zeigt der "Führer zu seinen Bauten", erschienen im Deutschen Kunstverlag. "Aachen bis Sankt Petersburg" ist dessen zweiter Band übertitelt und zusammen mit dem ersten zu "Berlin und Potsdam" bietet er eine treffliche Ausstellungsergänzung und ein unverzichtbares Vademecum für alle reisenden Schinkel-Freunde. Die entdecken im kriegszerstörten und 1953 dank Volkeswillens wiederaufgebauten Aachener Elisenbrunnen die erste und einzige Schöpfung des Bäderarchitekten Schinkel, werden aber auch im fernen Russland fündig: Dort ist zwar der Meister persönlich nie gewesen, doch wurde nach seinem Entwurf im Park von Schloss Peterhof die filigrane neugotische Alexander- Newski-Kapelle errichtet. Für den preußischen Statthalter in Großpolen Fürst Antoni Radziwill entstand als Fachwerk-Oktogon das Jagdschloss Antonin, für die Preußenprinzessin Marianne das Schloss Kamenz in Schlesien. Der Denkmalpfleger Schinkel sorgte sich um die Marienburg ebenso wie er sich für die Instandsetzung und Vollendung des Kölner Doms einsetzte.
All dieses ist in detailreich und kunstvoll ausgeführten Zeichnungen von seiner Hand in der Ausstellung präsent. Diese Zeichnungen machen zusammen mit dem unter tiefblauem Himmel sich ausbreitenden Panorama von Triest und anderen großformatigen Aquarellen seiner Italienreisen aber auch mit den Ansichten der Potsdamer Prinzenresidenzen und den farbig entworfenen Interieurs der königlichen Wohnungen im Berliner Schloss den besonderen Reiz und Wert der Potsdamer Schau aus - gelangen derlei Kostbarkeiten aus konservatorischen Gründen doch nur alle Jubeljahre mal ans Licht der Öffentlichkeit. Wie suggestiv Schinkel in Dioramen, bewegten Schaubildern etwa den Brand von Moskau oder den Markusplatz in Venedig in Szene zu setzen verstand, das erlebt der Ausstellungsbesucher dank Computeranimation ebenso hautnah wie Ägyptens exotische Fernen, die da aus seinen Bühnenbildern für die ‚Zauberflöte’ auftauchen.
Auch der Maler Schinkel begegnet in der Potsdamer Schau. Vor allem aber profilierte er sich als Hof- und Staatsarchitekt, 1818 entsteht mit der Neuen Wache Unter den Linden sein erster bedeutender Architekturentwurf. Äußerst geschickt wusste er seine vielseitige Begabung ins damalige Baugeschehen einzubringen:
"Er ist von Beruf her Beamter, zur Prüfung von Bauanträgen eingesetzt, dann fungiert er wie ein Hofarchitekt, ohne es zu sein, und er fungiert wie ein Staatsarchitekt, den es auch nicht gibt. Letzteres eben dadurch, dass er Bauten schafft, die für den preußischen Staat identitätsstiftend sind wie diese Wache."
Wie aber auch das Alte Museum, das Schauspielhaus am Gendarmenmarkt und die Friedrichswerdersche Kirche. Alle vier prägen bis heute das Gesicht der Stadt. Wie viel von Schinkels Berlin, von der Baukultur einer ganzen Epoche aber unwiderruflich versunken ist, zeigt am Schluss die höchst eindrückliche und verdienstvolle Projektion verlorener Schinkel-Bauten.