Mittwoch, 24. April 2024

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"Baumeister will Schäuble und der Union schaden"

Heinlein: Am Telefon begrüße ich den CDU-Bundestagsabgeordneten Andreas Schmidt. Er hat seine Partei als Obmann im Spendenuntersuchungsausschuss vertreten. Herr Schmidt, nach der Veröffentlichung der Baumeister-Biographie, ist Schäuble für das Land der geeignetste in einer bestimmten Situation?

27.02.2004
    Schmidt: Die Union hat ja einen bestimmten Fahrplan. Wir werden erst die Wahl in Hamburg abwarten. Dann wird die Union einen Vorschlag machen. Aber dieses Buch hat Wolfgang Schäuble ganz sicher nicht geschadet. Das ist ja ein durchsichtiges Manöver gewesen, der Versuch, Kaffee erneut aufzuwärmen. Die Journalisten waren ja auch enttäuscht. Das Buch wird Wolfgang Schäuble in der Frage Bundespräsidentenkandidatur ganz sicher nicht schaden. Und es wird sicher keinen entscheidenden Faktor darstellen, denn Wolfgang Schäuble ist - ich kenne ihn schon lange Jahre - ein hochqualifizierter Politiker, der sowohl menschlich als auch von der Kompetenz her für jedes deutsche Amt im Staat geeignet ist.

    Heinlein: Aber gerade das Menschliche wird ja von Frau Baumeister und anderen in Frage gestellt. In der Tat bleibt ja die Frage, ob ein Politiker, der im Bundestag nicht die volle Wahrheit gesagt hat, der geeignet Mann für das Amt des Bundespräsidenten ist?

    Schmidt: Ich kann nicht erkennen, dass Wolfgang Schäuble im Bundestag nicht die Wahrheit gesagt hat. Er hat auf eine Zwischenfrage damals nicht direkt richtig geantwortet. Er hat sich dafür entschuldigt. Ich glaube, das passiert jedem Politiker. Da sollte man nicht nachtragend sein. Aber was das Menschliche angeht, da muss man sich in der Frage an Frau Baumeister richten, ob Sie sich menschlich richtig verhält. Das, was Sie dort auftischt, diesen kalten Kaffee, das ist wirklich unter der Gürtellinie. Das finde ich nicht in Ordnung. Das ist ja auch der Eindruck bei vielen Menschen, mit denen ich jetzt gesprochen habe.

    Heinlein: Aber letztendlich geht es ja um die Wahrhaftigkeit von Politikern. Steht dieser Punkt bei Wolfgang Schäuble über jeden Zweifel?

    Schmidt: Ich habe mich wirklich lange mit dieser unsäglichen Frage der 100.000 D-Mark Spende beschäftigt. Im Untersuchungsausschuss war das Thema. Nach allem, was Sie heute wissen, hat Wolfgang Schäuble die Wahrheit gesagt. Das kann man bei Frau Baumeister wirklich nicht sagen. Das man jetzt politisch versucht, was zu drehen, gegen Schäuble, gegen die Union, bei Ströbele, bei Frau Baumeister, das ist politisch motiviert, das sind Rachegelüste. Aber es wird letztlich der Union nicht schaden, auch Wolfgang Schäuble nicht.

    Heinlein: Ist es denn die richtige Taktik von Wolfgang Schäuble, dass er jetzt beharrlich schweigt zu diesen neuen Vorwürfen. Sollte er nicht offensiver seine Position vertreten?

    Schmidt: Wenn es neue Vorwürfe wären, dann müsste er etwas dazu sagen. Aber das sind ja keine neuen Vorwürfe. Das ist alter, kalter Kaffee, der versucht wird, aufgewärmt zu werden, damit man ein paar Euro verdient. Aber das ist wirklich nichts neues und deswegen ist dazu alles gesagt und deswegen halte ich es für völlig richtig, das Wolfgang Schäuble zu diesen alten Vorwürfen, die wirklich eigentlich schon in sich zusammengebrochen sind, jetzt schweigt und nichts mehr sagt.

    Heinlein: Dennoch, es fällt ja auf, dass die Unterstützung aus Ihrer Partei für Wolfgang Schäuble sehr verhalten ist. Selbst Ihre Parteivorsitzende hat sich ja letztendlich nicht offen für Wolfgang Schäuble ausgesprochen.

    Schmidt: Nein, sie hat sich aber in der Buchveröffentlichungsfrage von Frau Baumeister klar geäußert, die ganze Spitze der Union. Stoiber hat sich klar geäußert, ich äußere mich jetzt klar dazu. Ich glaube, es ist wirklich alles gesagt, was notwendig ist. Man darf das auch nicht überbewerten. Da wird viel Show gemacht um dieses Buch. Ich glaube, es ist es gar nicht wert, dass man jetzt so lange darüber spricht und dass man die Medien damit füllt. Das ist sicher alles überbewertet. Das ist viel heiße Luft und wenig Inhalt.

    Heinlein: Haben Sie es denn schon gelesen?

    Schmidt: Nein, ich habe es noch nicht gelesen, es kommt ja erst am Montag auf den Markt. Und ob ich es lese, werde ich mir dann noch überlegen. Aber was ich bisher gehört habe, was ich als Vorabdruck gelesen habe, reicht mir eigentlich.

    Heinlein: Aber es interessiert Sie schon?

    Schmidt: Ja, es interessiert mich natürlich. Ich habe mich ja lange damit beschäftigt, aber was ich jetzt weiß, was in dem Buch steht, das hat Frau Baumeister ja selber eingeräumt, ist wirklich alter, kalter Kaffee und nichts Neues. Insofern ist wirklich die Frage, ob es sich lohnt, Geld dafür auszugeben.

    Heinlein: Ist es denn ein Buch der Rache, wie es Frau Baumeister unterstellt wird von Herrn Bosbach und jetzt auch von Ihnen? Sie sagen immer "kalter Kaffee".

    Schmidt: Schauen Sie, es gibt ja wirklich keine neuen Vorwürfe und die Vorwürfe, die von Frau Baumeister erhoben worden sind, sind ja eigentlich im Laufe des Untersuchungsausschusses nach unserer Einschätzung entkräftet worden. Frau Baumeister muss sich eigentlich fragen, warum sie ihre Meinung zu diesem Vorgang so oft geändert hat. Sie hat mal das gesagt, mal das und was sie zuletzt gesagt hat, ist ja auch widerlegt. Auch das ist ja bekannt durch Recherchen. Insofern ist die Frage der Glaubwürdigkeit an Frau Baumeister zu richten und nicht an Wolfgang Schäuble.

    Heinlein: Wolfgang Schäuble ist für Sie glaubwürdiger als Brigitte Baumeister?

    Schmidt: Ja, selbstverständlich. Daran kann überhaupt kein Zweifel bestehen.

    Heinlein: Will denn Frau Baumeister Wolfgang Schäuble schaden? Sie selbst zumindest bestreitet das ja. Sie will ihn nicht als Bundespräsidenten verhindern, das hat sie gestern gesagt.

    Schmidt: Sie hat sich sehr widersprüchlich geäußert, wenn ich das richtig verstanden habe, was ich gesehen habe. Sie hat mal gesagt, sie will das Amt nicht beschädigen. Aber das, was sie über Wolfgang Schäuble dort kund tut, was meines Erachtens auch nicht stimmt, das zeigt doch ganz klar, dass sie hier wirklich den persönlichen Rachefeldzug führt, auf Kosten der Union, auf Kosten von Wolfgang Schäuble und das finde ich wirklich nicht in Ordnung. Sie sollte sich jetzt endlich damit abfinden, dass sie politisch gescheitert ist.

    Heinlein: Sie glauben, dass Frau Baumeister den Streit mit Schäuble und ihren innerparteilichen Abstieg noch nicht hinreichend verarbeitet hat?

    Schmidt: Das ist mein Eindruck, wenn ich höre, was sie in diesem Buch geschrieben hat, was sie dort offensichtlich verarbeitet, warum auch immer, was ihre Motivlage ist. Aber sie will ganz offensichtlich Wolfgang Schäuble und der Union schaden und sie werden verstehen, dass wir uns das nicht gefallen lassen.

    Heinlein: War Brigitte Baumeister zu emotional, zu verletzlich für das harte Politikgeschäft auch bei der CDU?

    Schmidt: Das weiß ich nicht. Ich weiß nicht, was diesen Sinneswandel bei ihr herbeigeführt hat. Ich kenne sie viele Jahre. Sie war eigentlich nie so sensibel, dass ich sagen würde, sie war für die Politik nicht geeignet. Sie hatte Führungsaufgaben, die sie damals auch gut wahrgenommen hat. Aber warum sie jetzt so reagiert, das weiß ich wirklich nicht. Sie scheint ja ganz offensichtlich da mit Herrn Schreiber und auch mit Herrn Ströbele, bewusst oder unbewusst, an einem Strang zu ziehen.

    Heinlein: Vielleicht gibt es letztendlich zwischen Frau Baumeister und Wolfgang Schäuble auch zwischenmenschliche Verstrickungen und Enttäuschungen? Erklärt vielleicht das die Tiefe des Zerwürfnisses?

    Schmidt: Das kann ich nicht beurteilen. Da bin ich auch nicht befugt oder kompetent darüber zu reden. Da habe ich überhaupt keine Kenntnisse, was zwischenmenschliche Beziehungen angeht. Das gehört auch nicht in die Politik. Ich meine nur, man sollte diese privaten Geschichten, ob sie nun stimmen oder nicht, nicht in einem Buch auf dem offenen Markt austragen.

    Heinlein: Kommen wir noch einmal zu der spannenden Frage der Bundespräsidentenkandidatenkür. Gestern wurden ja zwei neue Namen genannt: Paul Kirchhoff und Horst Köhler. Sind das geeignete Bewerber aus Sicht der Union?

    Schmidt: Also wissen Sie, das ist wieder die typische Frage der Journalisten, was ich ja verstehe. Also, das sind sicher auch kompetente Kandidaten, aber die Union wird einen Vorschlag machen und nicht der Bundestagsabgeordnete Andreas Schmidt. Das wird nach der Hamburgwahl sein, zu einem gegebenen Zeitpunkt und dann wird die Union geschlossen und ich hoffe auch die FDP diesen Kandidaten unterstützen, damit der dann auch in das Amt des Bundespräsidenten einziehen kann.

    Heinlein: Das war die typische Antwort eines Politikers, der sich nicht festlegen will. Was halten Sie denn von Stoiber, der auch immer wieder jetzt genannt wird, als möglichen Kompromisskandidat?

    Schmidt: Auch Edmund Stoiber ist nach dem grandiosen Wahlerfolg in Bayern ein hervorragender Politiker, der auch für jedes Staatsamt geeignet ist. Aber er hat doch nun klar erklärt, er wird dieses Amt nicht annehmen und auch nicht anstreben. Da muss man auch dieses akzeptieren. Da nützt es auch nichts, wenn man immer wieder diesen Vorschlag macht. Edmund Stoiber steht definitiv für diese Position nicht zur Verfügung.

    Heinlein: Haben Sie persönliche Sympathien?

    Schmidt: Ich habe persönliche Sympathien, ich habe auch persönliche Sympathien für Wolfgang Schäuble, da mache ich überhaupt keine Hehl draus. Aber der Vorschlag, der ist nicht von mir zu machen, sondern, der muss von der Bundesvorsitzenden und vom Präsidium der Partei kommen, in enger Abstimmung mit der FDP.

    Heinlein: Glauben Sie, dass es jetzt ganz rasch gehen wird, nach der Hamburgwahl?

    Schmidt: Ich glaube, dass es ziemlich schnell gehen wird. Es wird ja dann auch Zeit. Aber ich glaube, dass es auch vernünftig war, jetzt erst die Hamburgwahl abzuwarten. Dann wird früh genug der Vorschlag kommen. Dann hoffe ich, dass alle Verantwortlichen in der Union und der FDP erkennen, dass es dann Zeit wird, sich zusammen zu schließen und diesen Kandidaten zu unterstützen.

    Heinlein: Sie gehen davon aus, dass es einen gemeinsamen Kandidaten geben wird?

    Schmidt: Ich hoffe das, dass es einen gemeinsamen Kandidaten geben wird und ich hoffe vor allen Dingen, dass dieser Kandidat dann auch die Mehrheit bekommen wird in der Bundesversammlung.