Mittwoch, 17. April 2024

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Baustelle Kölner Oper
Elbphilharmonische Dimensionen

Der 60. Geburtstag des Opernhauses am Kölner Offenbachplatz steht an. Doch die Sanierung stockt. Die Kölner seien Kostensteigerungen, Verzögerungen und Baupausen bei Großprojekten gewohnt, meint Frieder Reininghaus in seiner Glosse. Die Bauarbeiten am Dom ruhten mal 300 Jahre.

Von Frieder Reininghaus | 27.02.2017
    Köln Aussenansicht der Oper Köln im Staatenhaus, das Ausweichquartier der Kölner Oper in Köln am 25.01.2016.
    Das Ausweichquartier der Kölner Oper auf der rechten Rheinseite im Staatenhaus. (imago / Horst Galuschkae)
    Man weiß ja nicht, ob man über Köln weinen oder lachen soll, auch wenn man schon seit Jahrzehnten dort zu schaffen hat. Da flatterte in diesen Tagen des Ausnahmezustands eine Einladung in die Mail-Box – zur Feierstunde "60 Jahre Oper Köln am Offenbachplatz". Freilich wird auf den 11. März nicht an den Straßenrand der Nord-Süd-Fahrt geladen, sondern in eine trostlose Ecke des Messegeländes auf der Schääl Sik. Das Festprogramm hält mit C.M. von Webers "Oberon" die konzertante Aufführung einer Oper bereit, in der es immer wieder luftig und lustig zugeht: Aus dem Abendland Karls des Großen durch die Lüfte zu einem militärischen Kommandounternehmen nach Bagdad, dann zu einer Geiselbefreiung nach Tunis. Würde man den "Oberon"-Plot ernst nehmen, wäre er gegenwärtig kein sonderlich produktiver Beitrag zum Dialog zwischen europäischer und islamischer Sphäre.
    60 zum Teil gravierende Mängel
    Freilich bringt sich mit der Einladung zum 60. Geburtstag des Opernhauses am Offenbachplatz dieses Gebäude in Erinnerung und die Malaise, dass es nicht genutzt werden kann. Vor elf Jahren, im Februar 2006, beschloss die Stadtverwaltung die längst fällige Sanierung anzupacken und das angrenzende Schauspielhaus wegen des "schlechten Zustands" neu bauen zu lassen. Der Rat der Stadt beschloss einen Kostenrahmen von 230 Millionen Euro. Im Juni 2009 ergaben Schätzungen auf der Grundlage des siegreichen Wettbewerbsentwurfs einen Anstieg auf 355 Millionen.
    Der Rat entschied daher eine "abgespeckte Version" bei Kostenbegrenzung auf 295 Millionen. Nach einem Bürgerbegehren gegen den Neubau des Schauspielhauses wurde eine noch kleinere Lösung auf den Weg gebracht, die im November 2015 abgeschlossen sein sollte. Doch vier Monate vor diesem Termin war klar: Er würde nicht zu halten sein. Inzwischen wird zwischen Bernd Streitberger, dem Technischen Betriebsleiter für die Sanierung, mit dem in Ungnade entlassenen Planungsbüro um 60 zum Teil gravierende Mängel (und möglicherweise noch viel mehr weniger gravierende) der Streit vor Gericht ausgetragen. Der ist inzwischen bei der Frage angelangt, ob aus Gründen der Beweissicherung überhaupt weitergebaut werden darf oder nicht. Dergleichen kann erfahrungsgemäß dauern.
    Arbeitsunterbrechung von knapp 300 Jahren beim Kölner Dom
    Die Theaterarbeit in Provisorien wird also "auf unbestimmte Zeit" weitergehen, die Kostensteigerung bereits auf 460 Millionen Euro beziffert. Die Sache nimmt mithin elbphilharmonische Dimensionen an. Für die Feier zum 70. Geburtstag des Opernhauses am Offenbachplatz im Februar 2027 sollte sicherheitshalber schon einmal die Kölner Philharmonie gebucht werden. Sie ist nicht ganz so ungastlich ist wie eine Messehalle.
    Die Kölner sind Kostensteigerungen, Verzögerungen und Baupausen bei ihren Großprojekten gewohnt. Beim Dom ruhten die Arbeiten aus Geldmangel zwischen 1560 und 1842, also nur knapp 300 Jahre. Das leidige Thema Stadtbahn, Stadtarchiv etc. wollen wir heute, in den Tagen der Fröhlichkeit nicht anschneiden. Was aber bedeutet "unbestimmte" Zeit? Habe vor einigen Monaten ein Mathematik-Genie des Fraunhofer-Instituts kennengelernt, das die Probleme der Zahlen jenseits von Unendlich verständlich erklärt – und den Professor gefragt: Sie haben gehört, wie er die Stirn runzelte? Also wurde die Frage präzisiert: Was bedeutet "unbestimmte Zeit" in Köln. In Köln? fragte er zurück.