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Baustelle Sotschi

Eine Kommission des Internationalen Olympischen Komitees hat in dieser Woche die Vorbereitungen auf die Winterspiele 2014 im russischen Sotschi begutachtet. Erstmals zeigten sich die Prüfer im Prinzip zufrieden - allerdings mit Abstrichen.

Von Jens Weinreich | 17.04.2010
    Kommissionschef Jean-Claude Killy, Ski-Olympiasieger und IOC-Mitglied aus Frankreich, hatte Sotschi schon vorab gelobt – nach einer Videokonferenz mit Russlands Premierminister Wladimir Putin. In Krasnaja Poljana, im Skiressort des Gazprom-Konzerns, konferierte Killy drei Tage mit dem Vize-Premier und Olympiaminister Dmitri Kozak. Er ist der Mann für ganz schwere Fälle, war zuvor Sonderbeauftragter für die instabile Kaukasus-Region. Das Olympiazentrum in Adler im Süden Sotschis ist nur wenige Kilometer von der Grenze zu Abchasien entfernt. Kozak versprach einmal mehr wirkungsvolle Sicherheitsmaßnahmen.

    Im Gegensatz zum letzten Besuch der IOC-Kommission wird nun tatsächlich gebaut. Jean-Claude Killy sagte wie Wladimir Putin, Sotschi liege nun im Plan. Es dürfe aber keine Minute verschwendet werden. Es bleibe eine gewaltige Aufgabe.

    Der Schweizer Gian-Franco Kasper, Präsident des Ski-Weltverbandes FIS, zählte bislang zu den wenigen Sotschi-Kritikern im IOC. In Krasnaja Poljana erklärte er:

    "”Was wir jetzt sagen können, und das ist natürlich rein vom Auge her: Man sieht überall eine Riesen-Baustelle, höchstwahrscheinlich die größte Baustelle im Moment in Europa. Und es wird also gearbeitet wie wild, also 24 Stunden. Das sieht gewaltig aus. Wie viel wirklich realisiert wird, das sei dahingestellt. Aber ich muss schon sagen, die meisten Pläne, die man seit drei Jahren gehabt hat, die sind jetzt in der Realisation. Es fehlen noch einige Sachen, wenn ich an meinen Sport zum Beispiel denke.""

    Kasper weiß beispielsweise nicht, wo die Nordische Kombination ausgetragen werden soll. Die Zufahrten zu etlichen Sportstätten fehlen noch. Schon in einem Jahr sollen erste alpine Wettbewerbe ausgetragen werden.

    Gerade haben die Naturschützer des WWF gemahnt, die olympischen Bauarbeiten seien außer Kontrolle, es drohe eine ökologische Katastrophe in der Region, die zum UNESCO-Welterbe gehört. Im März kritisierten Experten des Umweltprogramms der Vereinten Nationen die Naturschutz-Maßnahmen als unzureichend. Der UNEP-Bericht wurde diskutiert. Das IOC steht in Kontakt mit Umweltschützern, spielt aber die Probleme wie üblich herab.

    Eishockey-Weltpräsident René Fasel aus der Schweiz:

    ""Ja wenn man jetzt in so ein Tal kommt, sicher sieht das jetzt nicht so umweltschutzfreundlich aus, wenn man eine Straße baut und die Zuglinie. Aber das war auch in Albertville so mit der Autobahn und dem Zug, wenn wir das Tal raufgingen. Die werden Bäume pflanzen, die werden das in Ordnung bringen, dass dann wieder vernünftig aussieht. Man kann eigentlich keine Straße und keine Bahnlinie bauen, ohne dass man einen Eingriff in die Natur nimmt. Das ist halt der Preis, den man zahlen muss.”"

    Die Zwischenbilanz von Gian-Franco Kasper drei Jahre nach der Vergabe und knapp vier Jahre vor den Winterspielen in Sotschi:

    ""Ich würde sagen, es sieht im Moment sicher nicht schlecht aus mit den Vorbereitungen. Aber es muss noch enorm viel gearbeitet werden. Und man kann nie damit rechnen, dass alles nach Plan läuft, etwa beim Tunnelbau, da kann es immer geologische Gründe geben, die eine Verzögerung bringen. Aber Verzögerungen verträgt man ganz sicher nicht.”"

    Ab jetzt wird die IOC-Kommission zweimal pro Jahr nach Russland reisen. Der nächste Kontrollgang findet im Oktober statt.