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Bauwirtschaft
Wohnungsknappheit in Großstädten

Wohnungen, Häuser, Wohnraum - all das ist in vielen Gebieten begrenzt. Die Bauindustrie stemmt sich zwar dagegen, aber kommt kaum hinterher. So fehlen in diesem Jahr 800.000 Wohnungen, wie der Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen (GdW) ausgerechnet hat. Und Flüchtlinge mit langfristiger Bleibeperspektive haben natürlich auch Wohnungsbedarf.

Von Anja Nehls | 10.11.2015
    Wohnungsgesuch an einem Baum in München.
    Wohnungsgesuch an einem Baum in München. (imago)
    Bis zu einer Million Flüchtlinge werden 2015 nach Deutschland kommen, ein großer Teil von ihnen mit langfristiger Bleibeperspektive. Aus Flüchtlingen werden also Einwohner und Einwohner brauchen Wohnraum. 800.000 Wohnungen fehlen aber bereits 2015 - keineswegs nur für Flüchtlinge, sondern im Großteil für deutsche Wohnungssuchende, hat der Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen (GdW) ausgerechnet. Für jeweils 100.000 weitere Flüchtlinge folge dann ein Wohnungsbedarf von jeweils weiteren 16.000 Wohnungen. Theoretisch sei das machbar. Allerdings beklagt Axel Gedaschko vom GdW viel zu hohe Grundstückspreise in den Städten, zu hohe Baukosten zu geringe Förderung durch die Länder und zu hohe bürokratische Hürden:
    "Teuer bauen kann jeder, aber die Kunst ist es, halbwegs preisgünstig zu bauen. Das kann man entweder nur mit Förderung, dass die Kosten weggefördert werden oder aber, dass man neue Regelungen kriegt, die eben auch anderes Bauen ermöglichen. Beispiel: Wir haben 16 unterschiedliche Landesbauordnungen, dadurch ist es nicht möglich ein Typenhaus zu entwickeln und das in Deutschland zu bauen. Die Architektenkosten sind deutlich geringer, die Fachplanungskosten sind deutlich geringer, die Ingenieurleistung wäre geringer und die Planungszeit wäre geringer."
    Weniger Bürokratie gefordert
    Nur dann könne sich Bauen für seine Mitgliedsunternehmen, die hauptsächlich an Menschen mit kleinem und mittleren Einkommen vermieten, noch lohnen. Dass das Bauen angesichts der steigenden Flüchtlingszahlen preisgünstiger werden muss, sieht auch der Zentralverband Deutsches Baugewerbe. Geschäftsführer Felix Pakleppa wünscht sich deshalb ebenfalls Typenhäuser mit vereinfachten Planungs- und Genehmigungsverfahren.
    "Wenn man sich auf so ein Instrument einigen könnte, dann wäre man in der Lage in 4,5 Monaten Häuser zu bauen, denn im Moment sehen wir halt, dass die Kommunen gezwungen sind, enorme Anzahlen an Containern zu kaufen und der Container-Quadratmeterpreis liegt mittlerweile bei 2,5 bis 3.000 Euro und ein solides gebautes Haus nach aktuellem Standard bekommen sie zwischen 1.500 und 1.700 Euro und der Container hält zwei Jahre und das Haus hält mindesten 30 Jahre."
    Chance für ländliche Regionen
    Profitieren würden davon nicht nur die Flüchtlinge, sondern alle Menschen, die auf bezahlbaren Wohnraum angewiesen sind. Die Länder sollten das Geld, das sie jetzt vom Bund für den sozialen Wohnungsbau bekommen haben, deshalb jetzt schnell auch im Wohnungsbau einsetzen, fordert Pakleppa. Darüber hinaus könne die Abwanderung junger Arbeitnehmer aus ländlichen Regionen in Deutschland jetzt auch als Chance begriffen werden, meint Axel Gedaschko vom Wohnungswirtschaftsverband GdW. Diese Regionen sollten gestärkt werden. Den Vorteil günstigerer Mietpreise könnten sie zum Beispiel durch einen Wegfall der Mietpreisbremse in den Großstädten besser in die Waagschale werfen. Und letztendlich würden solche Regionen dann auch für Flüchtlinge attraktiv werden:
    "Es gibt selbstverständlich auch ländliche Regionen, wo es auch Arbeitsplätze gibt und wo es auch ein Arbeitskräftemangel gibt und gerade zu überlegen, ob man Familien rausnimmt aus diesen Erstaufnahmelagern und dort auch eine Möglichkeit bietet, weil Raum ist dann auch vielfach da, ich würde es nicht ganz ablehnen."
    Dennoch kommt man um Neubau nicht herum. 265.000 Wohnungen waren es in diesem Jahr. Die Bauwirtschaft meldet zwei Prozent Wachstum im Bereich Wohnungsbau. Im nächsten Jahr wird weit mehr erwartet.