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Bayern
Ein Leiter für mehrere Grundschulen

Der Job als Schulleiter an einer Grundschule scheint unattraktiv. Und so führen immer mehr Grundschulleiter in Bayern mehrere Schulen gleichzeitig. Laut bayerischem Kulturministeriums werden dadurch viele kleine Schulen erhalten. Die Opposition fordert hingegen, für ausreichendes Personal zu sorgen.

Von Susanne Lettenbauer | 02.03.2015
    Ein Junge wirft in einem Klassenzimmer mit einem Gegenstand. Im Hintergrund ist ein Tafelbild mit einer Hexe.
    2014/2015 werden 1.117 selbstständige staatliche Grundschulen und staatliche Mittelschulen von nur 546 Schulleitern geführt. (dpa / picture alliance / Felix Kästle)
    Es ist Pause in der Grundschule von Oberau bei Garmisch-Partenkirchen. In Skianzug und mit Zipfelbob stehen die 8-Jährigen im Schulhaus und warten auf die Lehrerin:
    "Ja, zwei Stunden haben wir Schule und eine halbe Stunde Pause und jetzt fahren wir ein paar Minuten Bobfahren."
    Das große zweistöckige Schulgebäude von Oberau beherbergte früher sehr viel mehr Schülerinnen und Schüler. Heute zählt Schulleiter Markus Schneider 212 Schülerinnen und Schüler in der Grundschule und der angeschlossenen Mittelschule, der bayerischen Hauptschule. Elf Klassen, 28 Lehrkräften und zwei Sozialpädagogen. Außerdem ist er noch für eine weitere Grundschule mit drei Klassen verantwortlich:
    "Also, wenn man es rein rechtlich sieht, sind es insgesamt drei Schulen: Da ist hier die Grundschule Oberau und die Mittelschule Oberau, die aber räumlich verbunden sind und nicht getrennt sind in unserem täglichen Tun. Und dann ist es noch die Grundschule in Eschenlohe. In dem Schulhaus gibt es noch drei Klassen, die ich von hier aus mitführe."
    Pendeln in den Schulgebäuden
    Vor zwei Jahren kam das Schulamt Garmisch-Partenkirchen auf den Schulleiter zu, ob er nicht noch eine weitere Schule mitführen wolle. In Eschenlohe hatte die Schulleiterin gekündigt, die Stelle wurde nicht wieder besetzt. Er habe die Situation realistisch gesehen, meint Schneider. Da in der Nachbarschule die eigene Leitung aus Spargründen wegfallen sollte, sagte er spontan zu. Seitdem pendelt er zwischen den Schulgebäuden:
    "Von der Verwaltung ist es so, dass ich an der Grundschule Eschenlohe eine Mitarbeiterin hab, die ist meine rechte und linke Hand. Ich aber jeden Dienstag früh, dort an der Schule starte. Ich fahre mit dem Zug erst mal nach Eschenlohe, habe dann da meine Verwaltungsstunden und bin dann auch ansprechbar für die Eltern und wir besprechen die Woche durch und erledigen, was zu tun ist."
    Das Wochenpensum des Mitte 30-Jährigen ist anspruchsvoll. Neben den drei Schulen engagiert er sich noch in einem Profilprojekt zur Inklusion. Testet neue Schulverwaltungssoftware. Bevor er die dritte Schule übernahm, lehrte er Musik und Technik, diese Stunden sind nun gekürzt worden, das heißt, er unterrichtet weniger zugunsten der Verwaltung.
    Kritik an Sparmaßnahmen
    Immer mehr Grundschulleiter müssen mehrere Schulen gleichzeitig führen, kritisiert die bayerische Opposition. Die SPD-Abgeordnete Annette Karl moniert: Die Sparmaßnahme ist oft der erste Schritt zur Schließung. Im laufenden Schuljahr 2014/2015 würden 1.117 selbstständige staatliche Grundschulen und staatliche Mittelschulen von nur 546 Schulleitern geführt.
    Das bayerische Gesetz über das Erziehungs- und Unterrichtswesen sehe vor, dass eine Person mit der Leitung mehrerer Schulen betraut werden kann, betont das bayerische Kultusministerium in einer Stellungnahme. Dadurch werde der Erhalt möglichst vieler kleiner Grundschulen unterstützt. Dies sei auch im Sinne der Qualitätssicherung und Qualitätsweiterentwicklung einer Schule sinnvoll, da diese auf längere Sicht nur von einem Team mit einer gewissen Mindestgröße wirksam gestaltet werden könne. "Das ist natürlich Quatsch", widerspricht Karl.
    "Schulleiter brauchen Zeit und räumliche Nähe, um ihre Schulen gut leiten zu können. Gerade unter den Herausforderungen der Zukunft, der Migration und der Integration. Deshalb kritisiere ich die Zusammenlegung von Schulleitungen, weil dies oft auch der erste Schritt ist um Schulstandorte zu schließen."
    In den Jahren 2013 und 2014 seien 130 zusätzliche Vollzeitstellen für Verwaltungsangestellte zur Verfügung gestellt worden, argumentiert der Freistaat. In Eschenlohe wurde die Vollzeitstelle eingespart.
    Die SPD-Politikerin fordert deshalb die Staatsregierung auf, diesen Irrweg zu verlassen und wieder für ausreichend Personal an den Grundschulen zu sorgen.
    "Ich schlage vor im Sinne gleichwertiger Lebensbedingungen in ganz Bayern eine Garantie für den Grundsatz: eine Schule, eine Schulleitung. Außerdem muss das Leiten einer Schule attraktiver gemacht werden. Die Lehrer bekommen dafür zu wenige Stunden angerechnet, sodass die Arbeit auch sehr schwierig ist."