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Bayern glänzt mit neuem Schulpflichtfach Informatik

Nachdem man den anderen Bundesländern schon beim Schultest PISA voraus war, will man jetzt den - zumindest gefühlten - Vorsprung ausbauen. Informatik soll Pflichtfach an weiterführenden Schulen werden und zwar schon ab 2004. Die Lehrpläne stehen bereits, nur mit den Lehrkräften, da hapert es noch.

12.05.2003
    Ein Beitrag von Evdoxia Tsakiridou

    Wenn es darum geht, Bayern nach vorne zu bringen, lässt sich Ministerpräsident Stoiber einiges einfallen. In zwei Jahren wird Informatik zum Pflichtfach an weiterführenden Schulen. Die 6. Jahrgangsstufen pauken das neue Fach dann zwei Stunden pro Woche. Der einzige Haken am bayerischen Plan: Es gibt noch keine Lehrer für das neue Fach. Dem will man jetzt schnell abhelfen: Seit letztem Wintersemester können angehende Lehrer Informatik in Kombination mit Mathematik oder Physik an der Technischen Universität München studieren. Passend dazu hat man mit den Lehrstuhl "Didaktik der Informatik" eingerichtet und mit Peter Hubwieser besetzt. Der frischgebackene Professor wird die Studenten auf ihre Aufgabe vorbereiten.

    Es geht im wesentlichen um die Beherrschung von Standardsoftware, aber mit Hilfe von kleinen, schülergerechten Modellen. So dass sie nicht in den Strukturen der Software denken müssen, sondern in Datenstrukturen beispielsweise.

    Dabei lernen die angehenden Pauker entsprechende Unterrichtsmodelle kennen und suchen zudem geeignete Werkzeuge und Medien aus, um den Kindern das Fach möglichst praxisnah beizubringen. Denn die Schüler sollen nicht den Namen der Software herunter beten, sondern wissen, wie Texte, Hypertexte oder Grafiken strukturiert sind.

    Manfred Broy, Geschäftsführender Direktor des Instituts für Informatik, hat gemeinsam mit Hubwieser das Konzept für das Schulpflichtfach entwickelt:

    Wir bemühen uns im Augenblick darum, mit der Informatik ein attraktives Studienfach anzubieten, das vielleicht den einen oder anderen davon überzeugt, diese Richtung zu ergreifen.

    Das bayerische Kultusministerium prophezeit den Studenten hervorragende Berufschancen. Die ersten Absolventen sind erst im Jahr 2007 so weit. Dabei werden Informatik-Lehrer bereits in zwei Jahren gebraucht. Die jetzige Lösung lautet deshalb: Im Beruf stehende Pädagogen mit naturwissenschaftlichem Fachgebiet sozusagen umzuschulen. Allerdings gibt es, wie Hubwieser zugibt, in Bayern zu wenig Mathe- und Physiklehrer. Wenn sie für Informatik abgezogen werden, führt dies zu einer Verschärfung des Problems. Zusätzliche Stellen wird die Staatsregierung trotz des neuen Schulfachs nicht schaffen.

    Möglicherweise ist das der Grund, warum sich dieses Wintersemester gerade mal acht Studenten für die neue Fächerkombination eingeschrieben hatten. Peter Hubwieser führt dies zwar auf die verspätete Veröffentlichung der Prüfungsordnung im vergangenen Sommer zurück - die Abiturienten mussten sich bereits ein halbes Jahr vorher für ihr Studienfach entscheiden. Dennoch sind sich auch die kooperationsfreudigen Informatiker an der TU bewusst, dass sie ein grundlegendes Problem nicht lösen können: den Lehrermangel. Der Freistaat ist kein Schlaraffenland und gibt nicht mehr Geld für Bildung aus als nötig. Das weiß auch Manfred Broy:

    Man muss daran arbeiten, den Lehrerberuf wieder attraktiver zu machen. Die Ergebnisse der Pisa-Studie zeigen, wie hoch das Gut Bildung in unserer Gesellschaft geschätzt wird. Das hängt auch damit zusammen, wie viel Geld die Gesellschaft bereit ist dafür auszugeben.