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Bayern hat das Kabelnetz der Telekom im Visier

In Deutschland ist der Wettbewerb um das Kabelnetz der Telekom entbrannt. Mehrere Interessenten, darunter Microsoft und die Deutsche Bank sind als Käufer im Gespräch. In Bayern will die Landesregierung das dortige Kabelnetz übernehmen und zusammen mit privaten Investoren wie der Münchner Hypo-Bank zu einem multimedia- und internettauglichen Highspeed-Netz ausbauen.

Wolfgang Nitschke |
    Auf den ersten Blick erscheint es schwer verständlich, dass das Kabelnetz der Telekom so begehrt ist. Denn was hat man schon davon, ein Kabel zu besitzen, auf dem Radio- und Fernsehsender übertragen werden. Bei genauerer Betrachtung wird schnell verständlich, was das Kabel so attraktiv macht und weshalb gerade auch die Konkurrenz der Telekom Teile des Kabels übernehmen möchte, und warum auch Banken sich von einer Investition ins Kabel satte Gewinne erhoffen. Das Koaxialkabel ist neben der Telefonleitung die einzige heute nutzbare Infrastruktur, die direkt in die Wohnungen geht. Ein Großteil der Möglichkeiten des Kabels wird von der Telekom heute gar nicht genutzt. Nicht nur Radio und TV lassen sich übertragen, man kann über das Kabel telefonieren, Internet- und Multimediadienste anbieten, wenn man es aufrüstet. Zur Zeit funktionieren Kabeldienste nur in einer Richtung: Fernseh- und Radioprogramme werden in die Haushalte gebracht. Wenn man Internetdienste oder Telefonie anbieten will, muss das Kabel so umgerüstet werden, dass auch ein sogenannter Rückkanal möglich ist, über den Sprache oder Maus- und Tastatureingaben ihren Weg ins Netz finden können.

    Die Investitionen der künftigen Besitzer beschränken sich also nicht nur auf den Kaufpreis. Die Telekom will sich den Verkauf des direkten Kundenzugangs bundesweit mit einem Schmerzensgeld in zweistelliger Milliardenhöhe versüßen lassen. In Bayern kalkulieren die Bieter etwa eine Milliarde Mark ein, für den technischen Ausbau käme eine weitere hinzu. Insbesondere durch das sogenannte Fast Internet soll sich die Investition in eine gewinnbringende Anlage verwandeln. Der Endkunde braucht dann nur noch ein neues Modem, was mit rund 300 Mark zu Buche schlägt. Dafür versprechen die Investoren aber eine echte Multimediawelt. Es dürfte kein Problem sein, die Zugriffsgeschwindigkeit in der ersten Ausbaustufe auf das 20-fache der heutigen zu verbessern. In den USA laufen entsprechende Anwendungen schon heute mit der 200-fachen Geschwindigkeit. Das reicht etwa für Video-On-Demand aus. Monate wenn nicht Jahre wird noch gepokert werden, denn eine rechtliche Grundlage, nach der die Telekom das Kabel vollständig verkaufen muss, gibt es nicht. Um den Anschluss nicht ganz zu verlieren, will die Telekom deshalb mit mindestens 25 Prozent an den neuen Gesellschaften beteiligt bleiben. Eine Goldgrube verschenkt man eben nicht. Ob die Wettbewerbshüter der EU dieses Argument akzeptieren, bleibt abzuwarten.