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Bayerns Schüler gehen auf die Barrikaden

Bayern gilt als Vorzeigeland in der Bildungspolitik und belegt bei PISA und anderen Rankings immer wieder Spitzenplätze. Deswegen will die CSU-Landesregierung an der Schulpolitik nichts ändern. Dagegen regt sich jetzt Widerstand. Viele Schüler, Eltern und Lehrer sind unzufrieden.

Von Katharina Mutz | 10.07.2013
    "Herzlich willkommen zu einer weiteren Ausgabe des Salon Luitpold, bei dem das weite Feld Schule und Bildung im Mittelpunkt steht."

    Die Vertreter von Eltern, Lehrern und Schülern, die gestern gekommen waren, um über dieses weite Feld zu sprechen, verbindet ein gemeinsames Ziel: Sie wollen die Bildungspolitik in Bayern grundlegend ändern - und unterstützen deshalb die Kampagne Bildungsflash. Ins Leben gerufen hat die Kampagne die unabhängige Stiftung "Gesellschaft macht Schule". Geschäftsführerin Julia Pollert:

    "Das übergeordnete Ziel der Kampagne ist eine bessere, gerechtere Bildungspolitik, eine Bildung, die allen Kindern faire Zukunftschancen verschafft, die nachhaltig arbeitet und die sich am Kindeswohl orientiert."

    Um diesem Ziel mehr Schlagkraft zu verleihen, hat sich die Stiftung von Anfang an Unterstützer ins Boot geholt. Mittlerweile ist der Bildungsflash eine breit angelegte Kampagne, die über Werbefilme, Facebook-Seiten und Diskussionsveranstaltungen auf das Thema Bildung aufmerksam machen will und die Interessen von mehr als 40 bildungspolitischen Organisationen und Initiativen bündelt.

    Ursula Walther, Sprecherin des Bayerischen Elternverbands, erklärt, warum sie die Kampagne unterstützt:

    "Bildung ist in Bayern absolut konservativ. Das heißt, die Methoden, mit denen hier Bildung gemacht wird, die sind eigentlich aus dem vorigen Jahrhundert. Also wir müssen völlig neue Sachen machen."

    Einer der Hauptkritikpunkte der Kampagne ist das starre bayerische Schulsystem, bei dem Kinder schon nach der vierten Klasse auf eine Schulform festgelegt werden. Julia Pollert von der Stiftung "Gesellschaft macht Schule":

    "Wir sehen, dass wir letztendlich schon in sehr frühen Jahren eine gesellschaftliche Spaltung vorprogrammieren durch dieses System."

    Neben Chancengerechtigkeit fordert der Bildungsflash unter anderem: ganzheitliche Bildung statt sturem Auswendiglernen, mehr frühkindliche Förderung, bessere Ausbildung von Erziehern und Lehrern.
    Mit der Schülerkampagne "Wir sind viele" setzt sich der Bildungsflash außerdem dafür ein, dass Schüler selbst aktiv werden. Benedict Lang ist Vorstandsmitglied der Stadtschülervertretung München und engagiert sich für die Kampagne:

    "Wir haben keine Lust mehr auf irgendwelche tollen Studien, die beweisen, wie toll Bayern abschneidet. Jeden Tag erleben wir in der Schule was komplett anderes."

    Die Schülerkampagne "Wir sind viele" will in erster Linie Plattform sein. Auf der Facebook-Seite können Schüler loswerden, was ihnen an ihrer Schule gefällt oder was sie stört. Bildungsfragen sollen so bei allen ankommen – und nicht nur bei denen, die sowieso als Klassen- oder Schülersprecher aktiv sind. Die Botschaft dahinter beschreibt Benedict Lang so:

    "Hey, wir sind Schülerinnen und Schüler und wir haben verdammt noch mal eine Stimme und wir haben verdammt noch mal was zu sagen. Hört endlich auf über uns zu reden und fangt an mit uns zu reden!"

    Eines seiner Ziele hat der Bildungsflash jedenfalls jetzt schon erreicht: pünktlich zur Bundestagswahl und zur Landtagswahl in Bayern hat er es auf die politische Agenda geschafft. Klaus Wenzel, Präsident des Bayerischen Lehrerverbands:

    "2013 ist das erste Mal, dass Bildungsthemen so intensiv bespielt werden. Da hat der Bildungsflash eine ganz große Rolle gespielt dabei, ich kann mir vorstellen, dass das in fünf Jahren mit zusätzlichen Aktionen noch mal weitergeführt wird."

    Ihren vorläufigen Höhepunkt wird die Kampagne am 24. Juli erreichen, mit einer großen Kundgebung und einem Schüler-Protestmarsch durch München.