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Bayreuther Festspiele
Kein Parsifal von Jonathan Meese

Die Bayreuther Festspiele machen wieder Schlagzeilen: Weil das Bühnenbild zu teuer sei, lasse man Jonathan Meese nicht, wie ursprünglich geplant, 2016 Wagners Oper "Parsifal" inszenieren. Der Künstler selbst spricht von einem "Vorwand". Und in der Tat scheint der wahre Grund woanders zu liegen.

Von Jörn Florian Fuchs | 16.11.2014
    Der Künstler Jonathan Meese führt am 26.06.2013 im Nationaltheater Mannheim (Baden-Württemberg) das Stück "Generaltanz den Erzschiller" auf. Die Performance ist Teil der 17. Internationalen Schillertage.
    Jonathan Meese macht den "Hitlergruß": Politisch oder nur die Jagd nach der Schlagzeile? (picture alliance / dpa / Uli Deck)
    Ein Aufatmen geht durch die Republik. Nein, es wird keinen Erlöser mit Swastika geben, keine Gralsritter, die aussehen, als ob sie gerade frisch vom Reichsparteitag kommen. Jonathan Meese, den manche für einen genialen, Mythen und allerlei Symbole verwurstenden Künstler, andere für einen überbezahlten Hochstapler halten, wird nicht wie geplant 2016 in Bayreuth den "Parsifal" inszenieren.
    Ob er das Stück wirklich inszeniert oder nicht vielleicht lediglich die Bühne mit Skulpturen, Gemälden und Akteuren zugerümpelt hätte, bleibt die Frage. Als Ausstatter konnte Meese zwar vor etlichen Jahren bei Frank Castorfs atemberaubendem Pitigrilli-Abend "Kokain" punkten, doch sein Bühnenbild für die Salzburger Rihm-Oper "Dionysos" etwa enttäuschte durch braven Dekokitsch.
    Nach seiner Berufung zum Parsifal-Regisseur versprach Meese, das Werk ernst zu nehmen, beschimpfte aber zugleich die vor Wagner niederknieenden Wagnerianer und stellte eine Fotoserie ins Internet, auf der er in sehr seltsamen Posen zu sehen ist. Weil Meese bei seinen Performances gern den Hitlergruß präsentiert, wurde ihm sogar der Prozess gemacht, das Ergebnis war ein Freispruch im Namen der Kunstfreiheit.
    Stein des Anstoßes für die Vertragsauflösung in Bayreuth ist vorgeblich das viel zu teure Bühnenbild. Dieses Argument erscheint jedoch etwas merkwürdig. Einerseits erklärte Meese überall und ausführlich, wie wichtig ihm gerade diese Arbeit sei und es nimmt wunder, dass er zu keinen adäquaten Konzessionen bereit gewesen sein soll. Andererseits wirkt es fast absurd, dass man offenbar keinen Sponsor gefunden oder vielleicht gar nicht nach einem gesucht hat.
    Offenbar Schwierigkeiten, Sponsoren zu finden
    Als das Bühnenbild für Philippe Arlauds Bayreuther "Tannhäuser" anno 2002 plötzlich deutlich teurer zu werden drohte, war rasch ein privater Geldgeber gefunden. Der gerade von Salzburg nach Mailand abgewanderte Intendant Alexander Pereira zum Beispiel mag zwar künstlerisch umstritten sein, aber plötzliche Erhöhungen des Finanzbedarfs löste er gern durch ein paar Abendessen mit den richtigen, zahlungswilligen Leuten. In Bayreuth hingegen sprangen in den letzten Jahren Sponsoren ab, die Marke zieht offenbar nicht mehr recht, seit die Wagner-Halbschwestern die Zügel in der Hand halten. Dass ein Regisseur kurzfristig absagt, ist ja mittlerweile fast schon Usus am Grünen Hügel.
    Die Auflösung des Vertrags mit Jonathan Meese wurde in enger Abstimmung mit den Gesellschaftern und dem Verwaltungsrat der Festspiele beschlossen. Zu Letzterem gehören auch die "Freunde von Bayreuth", eine eher konservativ tickende Mäzenatenvereinigung. Insider berichten von heftigen Diskussionen, in denen es weniger ums Finanzielle denn ums Künstlerische ging. Für die Herrinnen des Hügels wird es nun zeitlich wieder einmal sehr knapp.
    Was Jonathan Meese betrifft: da er schon unzählige Werke rund um Richard Wagner geschaffen hat, könnte man ihm 2016 ja eine Ausstellung in Bayreuth widmen. Dann kommen Meese-Fans auf ihre Kosten und die Übrigen dürfen sich darüber freuen, was ihnen im Festspielhaus alles erspart geblieben ist.