Arndt Reuning: Wie der Name schon sagt, stehen dabei die Bausteine der Materie im Mittelpunkt. Aber wer glaubt, dass die versammelten Fachleute – darunter auch drei Nobelpreisträger – nur die Manipulation von Atomen, Molekülen und Lichtquanten auf dem Kasten haben, hat sich getäuscht. Auch die Bausteine des Lebens stehen bei der Tagung auf dem Programm. Dienstag zum Beispiel gab es ein Symposium, bei dem die Wechselwirkung gepulster elektrischer Felder mit biologischen Zellen im Mittelpunkt stand. Herr Krauter, dass elektrische Felder Zellen beeinflussen, ist ja nicht neu. Was genau an dieser Thematik interessiert die Physiker denn?
Ralf Krauter: Bei der Kommunikation von Zellen spielen elektrische Phänomene eine Schlüsselrolle. Die Zellen kommunizieren hauptsächlich über den Austausch von Ladungen in Form von geladenen Atomen, zum Beispiel Kalzium- oder Natrium-Ionen. Möglich wird dieser Ladungsfluss durch Poren in der Zellmembran. Das sind sozusagen als Schleusenwärter fungierende Proteine, die steuern, was in die Zelle rein darf und was aus ihr raus. Und man weiß schon lange, dass man die Funktion dieser Schleusenwärter durch elektrische Felder beeinflussen kann. Wenn man an eine Zellmembran ein elektrisches Feld bringt, dann kann man so gezielt Poren in der Zellwand erzeugen, vergrößern und so den Stoffwechsel beeinflussen. Wirklich interessant für Anwendungen ist das Ganze eigentlich erst in den letzten zehn Jahren geworden. Seitdem traktieren Biophysiker biologische Zellen nämlich verstärkt mit gepulsten elektrischen Feldern, bei denen die einzelnen Impulse deutlich kürzer als millionstel Sekunden sind. Mit Hilfe solcher Pulsfolgen ist man heute in der Lage, die Durchlässigkeit der Zellmembran gezielt zu manipulieren.
Reuning: Für welche Art von Anwendungen könnte das interessant sein?
Krauter: Die Schleusen einer Zelle mit elektrischen Pulsen gezielt öffnen zu können, ist natürlich für verschiedene Bereiche interessant. Das Verfahren wird zum Beispiel schon seit Jahren eingesetzt, um Schnipsel fremden Erbguts in Zellen einzuschleusen. Stichwort: Genmanipulation. Ein weiteres Einsatzgebiet: Die Medizin. In den USA laufen derzeit beispielsweise erste Versuche zur Therapie einer bösartigen Form von Hautkrebs. Da hat man an Mäusen bereits zeigen können, dass gezielte Elektropulse – verabreicht durch Elektroden an den betroffenen Hautpartien - die Tumorzellen offenbar sehr effizient um die Ecke bringen können. Nach 15 Tagen Behandlung sind die einfach abgestorben – und das praktisch ohne Nebenwirkungen. Klinische Studien dazu gibt es allerdings noch nicht. In eine ähnliche zelltötende Richtung zielt das, was Wissenschaftler des Forschungszentrums Karlsruhe heute in Düsseldorf präsentiert haben. Die setzen auf die Elektroimpulsbehandlung, um mit Keimen verschmutzte Abwasser zu reinigen.
Reuning: Abwasserbehandlung mit Elektroschocks, wie muss man sich das vorstellen?
Krauter: Die zu reinigende Flüssigkeit fließt zwischen zwei Elektroden durch, an denen eine gepulste Hochspannung anliegt, so im Bereich von einem Kilovolt. Wenn sich Bakterien darin befinden, werden die Poren von deren Zellmembran durch die Elektropulse soweit geöffnet, dass die sozusagen komplett auslaufen und absterben. Das Wasser ist nach der Behandlung also fast völlig keimfrei. Wofür ist das interessant? Zum Beispiel zur Klärung der Abwasser von Krankenhäusern, die Probleme mit Antibiotika-resistenten Bakterien haben. Um zu demonstrieren, dass das sinnvoll ist, haben die Karlsruher Forscher gemeinsam mit einem mittelständischen Unternehmen eine mobile Pilotanlage gebaut, die seit Januar an der Universitätsklinik Mainz erprobt wird. Die Anlage kann pro Stunde 400 Liter Abwasser entkeimen. Die ersten Tests sind vielversprechend und zeigen, dass man die Konzentration verschiedenster Bakterien sehr wirksam verringern kann. Im Fall von Enterokokken zum Beispiel überlebt nur eine von 1000 Bakterien die Prozedur.
Reuning: Wie groß ist denn die Gefahr, dass Bakterien resistent gegen diese Elektroschocks werden?
Krauter: Sie ist offenbar gleich Null, und das ist der große Vorteil dieser Technologie. Bei vielen anderen keimtötenden Verfahren hat man ja das Problem, dass Resistenzen auftreten – das gilt zum Beispiel auch für die häufig verwendete UV-Bestrahlung zur Desinfektion. Um zu zeigen, dass das bei der Elektroimpulsbehandlung nicht passiert, haben die Karlsruher Forscher überlebende Keime wieder kultiviert und Tage später erneut mit dem Verfahren behandelt – und es war eben genauso effizient wie beim ersten Mal.
Ralf Krauter: Bei der Kommunikation von Zellen spielen elektrische Phänomene eine Schlüsselrolle. Die Zellen kommunizieren hauptsächlich über den Austausch von Ladungen in Form von geladenen Atomen, zum Beispiel Kalzium- oder Natrium-Ionen. Möglich wird dieser Ladungsfluss durch Poren in der Zellmembran. Das sind sozusagen als Schleusenwärter fungierende Proteine, die steuern, was in die Zelle rein darf und was aus ihr raus. Und man weiß schon lange, dass man die Funktion dieser Schleusenwärter durch elektrische Felder beeinflussen kann. Wenn man an eine Zellmembran ein elektrisches Feld bringt, dann kann man so gezielt Poren in der Zellwand erzeugen, vergrößern und so den Stoffwechsel beeinflussen. Wirklich interessant für Anwendungen ist das Ganze eigentlich erst in den letzten zehn Jahren geworden. Seitdem traktieren Biophysiker biologische Zellen nämlich verstärkt mit gepulsten elektrischen Feldern, bei denen die einzelnen Impulse deutlich kürzer als millionstel Sekunden sind. Mit Hilfe solcher Pulsfolgen ist man heute in der Lage, die Durchlässigkeit der Zellmembran gezielt zu manipulieren.
Reuning: Für welche Art von Anwendungen könnte das interessant sein?
Krauter: Die Schleusen einer Zelle mit elektrischen Pulsen gezielt öffnen zu können, ist natürlich für verschiedene Bereiche interessant. Das Verfahren wird zum Beispiel schon seit Jahren eingesetzt, um Schnipsel fremden Erbguts in Zellen einzuschleusen. Stichwort: Genmanipulation. Ein weiteres Einsatzgebiet: Die Medizin. In den USA laufen derzeit beispielsweise erste Versuche zur Therapie einer bösartigen Form von Hautkrebs. Da hat man an Mäusen bereits zeigen können, dass gezielte Elektropulse – verabreicht durch Elektroden an den betroffenen Hautpartien - die Tumorzellen offenbar sehr effizient um die Ecke bringen können. Nach 15 Tagen Behandlung sind die einfach abgestorben – und das praktisch ohne Nebenwirkungen. Klinische Studien dazu gibt es allerdings noch nicht. In eine ähnliche zelltötende Richtung zielt das, was Wissenschaftler des Forschungszentrums Karlsruhe heute in Düsseldorf präsentiert haben. Die setzen auf die Elektroimpulsbehandlung, um mit Keimen verschmutzte Abwasser zu reinigen.
Reuning: Abwasserbehandlung mit Elektroschocks, wie muss man sich das vorstellen?
Krauter: Die zu reinigende Flüssigkeit fließt zwischen zwei Elektroden durch, an denen eine gepulste Hochspannung anliegt, so im Bereich von einem Kilovolt. Wenn sich Bakterien darin befinden, werden die Poren von deren Zellmembran durch die Elektropulse soweit geöffnet, dass die sozusagen komplett auslaufen und absterben. Das Wasser ist nach der Behandlung also fast völlig keimfrei. Wofür ist das interessant? Zum Beispiel zur Klärung der Abwasser von Krankenhäusern, die Probleme mit Antibiotika-resistenten Bakterien haben. Um zu demonstrieren, dass das sinnvoll ist, haben die Karlsruher Forscher gemeinsam mit einem mittelständischen Unternehmen eine mobile Pilotanlage gebaut, die seit Januar an der Universitätsklinik Mainz erprobt wird. Die Anlage kann pro Stunde 400 Liter Abwasser entkeimen. Die ersten Tests sind vielversprechend und zeigen, dass man die Konzentration verschiedenster Bakterien sehr wirksam verringern kann. Im Fall von Enterokokken zum Beispiel überlebt nur eine von 1000 Bakterien die Prozedur.
Reuning: Wie groß ist denn die Gefahr, dass Bakterien resistent gegen diese Elektroschocks werden?
Krauter: Sie ist offenbar gleich Null, und das ist der große Vorteil dieser Technologie. Bei vielen anderen keimtötenden Verfahren hat man ja das Problem, dass Resistenzen auftreten – das gilt zum Beispiel auch für die häufig verwendete UV-Bestrahlung zur Desinfektion. Um zu zeigen, dass das bei der Elektroimpulsbehandlung nicht passiert, haben die Karlsruher Forscher überlebende Keime wieder kultiviert und Tage später erneut mit dem Verfahren behandelt – und es war eben genauso effizient wie beim ersten Mal.