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BBC-Untersuchung
Mitarbeiter wussten von Missbrauch durch Starmoderator

Über mehrere Jahrzehnte konnte der BBC-Starmoderator Jimmy Savile Kinder und Jugendliche sexuell missbrauchen und vergewaltigen, ohne dass jemand einschritt. Kollegen wussten davon - haben aus Angst aber nichts gesagt. Zu dem Ergebnis ist nun eine Untersuchung gekommen.

Von Jens-Peter Marquardt | 25.02.2016
    Der frühere BBC-Moderator Jimmy Savile, aufgenommen am 04.06.2002.
    Der frühere BBC-Moderator Jimmy Savile, aufgenommen am 04.06.2002. (AFP / Pool / Adrian Dennis)
    "Er war wie ein Gott. Er war einer der größten Stars, jeder wollte unbedingt in seine Shows. Und ich war der Größte bei meinen Freunden, als ich in seine Fernsehshow eingeladen wurde. Er war der Mann in dieser Zeit", sagt Kevin Cook heute.
    Er war neun Jahre alt, als er Jimmy Savile's Fernsehshow eingeladen wurde. Anschließend nahm ihn Savile mit in seinen Umkleideraum und missbrauchte ihn.
    "Als es vorbei war, drohte mir Savile: Wage es ja nicht, das irgendjemand zu erzählen. Niemand wird Dir glauben. Ich bin König Jimmy, und wir wissen, wo Du wohnst."
    Es war dieser Starkult, der es Savile ermöglichte, ein halbes Jahrhundert lang Kinder und Jugendliche, Besucher und Teilnehmer seiner Shows, zu missbrauchen oder zu vergewaltigen.
    Richterin zählte 72 Taten auf
    Der Report der Ex-Richterin Janet Smith listet 72 dieser Taten in der BBC auf, darunter acht Vergewaltigungen, begangen von Savile an Kindern und Jugendlichen, Mädchen, Jungen, Teenagern, zwischen 1959 und 2006. Das jüngste Opfer sei acht Jahre alt gewesen, so der Report. Gerüchte über Jimmy Saviles Sexualverbrechen habe es immer wieder gegeben, mehrere Gelegenheiten, ihnen nachzugehen, und den Sexualverbrecher früh zu stoppen, seien verpasst worden – so das Fazit der Ex-Richterin Janet Smith.
    "Die BBC-Mitarbeiter glaubten und ihnen wurde das auch manchmal gesagt, dass es nicht in ihrem Interesse sein könne, eine Beschwerde auf den Weg zu bringen. Loyalität gegenüber den Stars, der Stolz auf den Erfolg der Shows verhinderte, dass den Gerüchten nachgegangen wurde. Man wollte hier nicht für Ärger sorgen."
    Richterin Smith kritisierte die Unternehmenskultur der BBC: zu hierarchisch und zu verschlossen, zu viel Ehrfurcht gegenüber den eigenen Stars, nur so habe es passieren können, dass die Gerüchte um die Verbrechen des Moderators nie die BBC-Spitze erreicht hätten.
    Savile sogar zum Sir geadelt
    Savile starb 2011, damals noch hoch geachtet als Top-Star des britischen Fernsehens, von der Queen zum Sir geadelt. Erst nach seinem Tod wagten viele seiner Opfer an die Öffentlichkeit zu gehen. Danach wurde klar: der Mann, der als Wohltäter galt, weil er Millionen für Kinderkrankenhäuser sammelte, hatte seine Taten nicht nur in der BBC begangen, sondern auch in den von ihm unterstützten Einrichtungen. Klar wurde inzwischen auch: außer Savile nutzten weitere Fernsehstars ihre Berühmtheit, um junge Fans zu missbrauchen und zu vergewaltigen.
    BBC-Generaldirektor Tony Hall versprach heute eine neue Unternehmenskultur: mehr Schutz für Whistleblower, weniger Hierarchie, mehr Aufmerksamkeit gegenüber Sexualmissbrauch. Er wandte sich auch an die Opfer:
    "Sie haben außerordentlichen Mut bewiesen, an die Öffentlichkeit zu gehen. Wir sind entschlossen, Ihren Mut zu honorieren. Wir werden die Lektionen dieser schrecklichen Zeit lernen. Und wir werden für Sie da sein."