Er ist die Hauptperson und der Ich-Erzähler des Romans ,,Beach Boy" von Ardashir Vakil. Cyrus lebt mit seinen Eltern in einem Haus am Strand von Juhu, dem Naherholungsgebiet von Bombay. Er ist ein Sohn aus gutem Hause, der sich das Leben im Kino vom Hals hält, am liebsten in bunten Hindifilmen mit viel Weib und Gesang. Ansonsten macht er das, was alle Kinder aus gutem Hause in Bombay so machen: in kurzen Hosen und gebügelten Hemden zur Schule gehen, sich die stickigen Nachmittage mit Cricket und Tennis vertreiben, unentwegt ans Essen denken und vom Leben anderswo träumen.
Zu Beginn des Romans ist Cyrus acht Jahre alt. Zwei Jahre begleiten wir ihn durch die staubige Dynamik der indischen Finanzmetropole Bombay. Lernen seine am Westen orientierten Eltern und farblosen Geschwister kennen. Lassen uns anstecken, von seiner Gier auf Kinofilme, mit Hammelfleisch gefüllte Samosas und in der Sonne glänzende Frauenschenkel. Dürfen teilhaben am diffusen Lebensgefühl aus präpubertären Träumen, verschwitzten Nächten, schwülen Gedanken und kindlichen Euphorien.
Das alles erzählt Cyrus so lässig wie genau. Nichts wirkt peinlich, rührend oder gar aufgesetzt. Mit liebevoll-ironischem Blick bugsiert Vakil seinen Helden durch das Großstadtdickicht. Schubst ihn in erste erotische Abenteuer, den brennenden Schmerz der elterlichen Trennung und die narkotisierende Trauer um den Tod des Vaters.
Cyrus erlebt alles wie unter Wasser mit dem erschrockenen Blick eines Tauchers angesichts ungeahnter Welten. Mit kräftigen Bewegungen schwimmt er durch die Hochhauswellen der Stadt. Alles um ihn herum ist neu, bunt und aufregend. Das Leben der Erwachsenen als verschlungene Unterwasserwelt. Cyrus taucht hinein, wenn er sich nicht gerade mit dem Betrachten der kräuselnden Oberfläche die Zeit vertreibt.
Das Auf-die-Wellen-starren als das liebste Freizeitvergnügen der Bombayer. Allabendlich sitzen sie am Prachtboulevard, Marine Drive, und blicken mit öligen Augen ins arabische Meer, senden Sehnsuchtssignale in eine andere Welt, halluzinieren sich an ferne Orte, irgendwo im Nirgendwo. Es gibt wohl niemanden in Bombay, den nicht schon einmal der Gedanke ans Weggehen plagte, wie wohl auch niemand, der die Stadt tatsächlich verlassen hat, nicht wenigstens einmal mit dem Gedanken an Rückkehr flirtete.
Im Gegensatz zu Salman Rushdie, der seine Geburtsstadt Bombay häufig als bunten Schauplatz seiner Romane wählt, verzichtet Vakil aufs orientalische Fabulieren. Die Grenze zwischen Wirklichkeit und Spinnerei wird bei ihm nicht übersprungen. Damit stellt er sich in eine europäisch geprägte Erzähltradition. Herausgekommen ist eine Art schelmischer Entwicklungsroman, der im Ernst des Erwachsen-Werdens sein vorläufiges Ende findet. Noch etwas anderes unterscheidet Vakil von vielen seiner indo-englischen Schriftstellerkollegen: Er läßt Zeitgeschichte und Politik außen vor. So erfahren die Leser zwar, dass der Roman in den 70er Jahren spielt und Indira Gandhi an der Macht war, doch ist der Zeitrahmen nicht vielmehr als eine biographische Notiz.
Ardashir Vakil wurde 1962 in Bombay geboren, heute lebt er in London. Sein erster Roman ist auch ein Liebesgeständnis an die Stadt seiner Kindheit, ein narratives Erinnern an Gerüche, Geräusche und Geschmäcker. Ein sinnliches Sich-Hineinfiebern in die Wonnen aus Alphonso-Mangos, aloo parathas, chicken-korma und sähmigen Saucen mit viel Kardamom. Mit der Distanz wächst die Sehnsucht. Aus der Ferne bekommen all diese Köstlichkeiten eine magische Aura. Wie auch die Schmuddelmetropole Bombay mit den zurückgelegten Kilometern einen schillernden Glanz erhält..
Ihre leprösen, bettelarmen und rauschsüchtigen Bewohner kommen nur am Rande des Buches vor. Im Mittelpunkt stehen vielmehr die Gesellschaftsfähigen, die ihren ganz eigenen ,,indian way of life" zelebrieren. Wie die sagenumwobene Maharani oder Mrs. Verma, die vor allem ,,aus Farben und Lächeln besteht", oder auch Mr. Krishnan, der aus Kerala stammt und dessen ,,Existenz auf angenehme Weise beschränkt ist".
Mit wenigen Worten und Blick für witzige Details erschafft Ardashir Vakil pralle Charaktere, die er ebenso frech wie rasant in Szene setzt. Dabei gelingt es ihm, die typisch indischen Verschrobenheiten ins Blickfeld zu rücken und gleichzeitig die vermeintliche Normalität des Lebens zu beschreiben. Denn überall kommt es nun einmal vor, dass Ehemänner sich an fremden Frauen festhalten, kleine Jungs die Finger nicht über der Bettdecke halten und Großmütter und Tanten einen mit ihren wohlmeinenden Ratschlägen zur Weißglut bringen. Ardashir Vakil mystifiziert nichts und bedient auch keine von Mahatma Gandhi geprägten Indien-Klischees. Er gibt ein realistisches und spannendes Bild von einer Stadt und Kindheit im Wachstumsrausch.
Insbesondere die Schilderung des jungen Cyrus macht das Buch so lesenswert. Er, der so gar nichts von einem Beachboy und so viel von einem Strandjungen hat. Nicht mehr Kind und noch nicht erwachsen, laviert er sich durch sein junges Leben, halb täppisch, halb altklug. Die Trennung seiner Eltern nimmt er mit kindlichem Pragmatismus wahr: ,,Mein ganzes Leben lang hatte ich in einem Hochhaus wohnen wollen. Endlich wurde dieser Wunsch erfüllt. Meine Mutter, meine Brüder, meine Schwester und ich zogen von Juhu in den einundzwanzigsten Stock des höchsten Gebäudes der Stadt", heißt es im Roman. Erst der Tod seines Vaters lässt Cyrus verstummen. Keine Wörter nirgends für die Trauer. Doch ,,Beach Boy" ist kein trauriges Buch. Ganz im Gegenteil ist es ungeheuer witzig, leicht und süffig zu lesen. Selbst die Religion, die in einem Buch über Indien nicht fehlen darf, kommt zuckerwatteleicht daher. Von der indischen Kritik wurde Ardashir Vakil schon als neue, frische Stimme der indo-englischen Literatur gepriesen. Und nach diesem Debütroman wünscht man sich, unbedingt mehr zu lesen über den gescheiten und komischen Cyrus Readymoney. Eine Fortsetzung bietet sich geradezu an. Vielleicht schreibt Ardashir Vakil ja eine. Eines Tages.
Zu Beginn des Romans ist Cyrus acht Jahre alt. Zwei Jahre begleiten wir ihn durch die staubige Dynamik der indischen Finanzmetropole Bombay. Lernen seine am Westen orientierten Eltern und farblosen Geschwister kennen. Lassen uns anstecken, von seiner Gier auf Kinofilme, mit Hammelfleisch gefüllte Samosas und in der Sonne glänzende Frauenschenkel. Dürfen teilhaben am diffusen Lebensgefühl aus präpubertären Träumen, verschwitzten Nächten, schwülen Gedanken und kindlichen Euphorien.
Das alles erzählt Cyrus so lässig wie genau. Nichts wirkt peinlich, rührend oder gar aufgesetzt. Mit liebevoll-ironischem Blick bugsiert Vakil seinen Helden durch das Großstadtdickicht. Schubst ihn in erste erotische Abenteuer, den brennenden Schmerz der elterlichen Trennung und die narkotisierende Trauer um den Tod des Vaters.
Cyrus erlebt alles wie unter Wasser mit dem erschrockenen Blick eines Tauchers angesichts ungeahnter Welten. Mit kräftigen Bewegungen schwimmt er durch die Hochhauswellen der Stadt. Alles um ihn herum ist neu, bunt und aufregend. Das Leben der Erwachsenen als verschlungene Unterwasserwelt. Cyrus taucht hinein, wenn er sich nicht gerade mit dem Betrachten der kräuselnden Oberfläche die Zeit vertreibt.
Das Auf-die-Wellen-starren als das liebste Freizeitvergnügen der Bombayer. Allabendlich sitzen sie am Prachtboulevard, Marine Drive, und blicken mit öligen Augen ins arabische Meer, senden Sehnsuchtssignale in eine andere Welt, halluzinieren sich an ferne Orte, irgendwo im Nirgendwo. Es gibt wohl niemanden in Bombay, den nicht schon einmal der Gedanke ans Weggehen plagte, wie wohl auch niemand, der die Stadt tatsächlich verlassen hat, nicht wenigstens einmal mit dem Gedanken an Rückkehr flirtete.
Im Gegensatz zu Salman Rushdie, der seine Geburtsstadt Bombay häufig als bunten Schauplatz seiner Romane wählt, verzichtet Vakil aufs orientalische Fabulieren. Die Grenze zwischen Wirklichkeit und Spinnerei wird bei ihm nicht übersprungen. Damit stellt er sich in eine europäisch geprägte Erzähltradition. Herausgekommen ist eine Art schelmischer Entwicklungsroman, der im Ernst des Erwachsen-Werdens sein vorläufiges Ende findet. Noch etwas anderes unterscheidet Vakil von vielen seiner indo-englischen Schriftstellerkollegen: Er läßt Zeitgeschichte und Politik außen vor. So erfahren die Leser zwar, dass der Roman in den 70er Jahren spielt und Indira Gandhi an der Macht war, doch ist der Zeitrahmen nicht vielmehr als eine biographische Notiz.
Ardashir Vakil wurde 1962 in Bombay geboren, heute lebt er in London. Sein erster Roman ist auch ein Liebesgeständnis an die Stadt seiner Kindheit, ein narratives Erinnern an Gerüche, Geräusche und Geschmäcker. Ein sinnliches Sich-Hineinfiebern in die Wonnen aus Alphonso-Mangos, aloo parathas, chicken-korma und sähmigen Saucen mit viel Kardamom. Mit der Distanz wächst die Sehnsucht. Aus der Ferne bekommen all diese Köstlichkeiten eine magische Aura. Wie auch die Schmuddelmetropole Bombay mit den zurückgelegten Kilometern einen schillernden Glanz erhält..
Ihre leprösen, bettelarmen und rauschsüchtigen Bewohner kommen nur am Rande des Buches vor. Im Mittelpunkt stehen vielmehr die Gesellschaftsfähigen, die ihren ganz eigenen ,,indian way of life" zelebrieren. Wie die sagenumwobene Maharani oder Mrs. Verma, die vor allem ,,aus Farben und Lächeln besteht", oder auch Mr. Krishnan, der aus Kerala stammt und dessen ,,Existenz auf angenehme Weise beschränkt ist".
Mit wenigen Worten und Blick für witzige Details erschafft Ardashir Vakil pralle Charaktere, die er ebenso frech wie rasant in Szene setzt. Dabei gelingt es ihm, die typisch indischen Verschrobenheiten ins Blickfeld zu rücken und gleichzeitig die vermeintliche Normalität des Lebens zu beschreiben. Denn überall kommt es nun einmal vor, dass Ehemänner sich an fremden Frauen festhalten, kleine Jungs die Finger nicht über der Bettdecke halten und Großmütter und Tanten einen mit ihren wohlmeinenden Ratschlägen zur Weißglut bringen. Ardashir Vakil mystifiziert nichts und bedient auch keine von Mahatma Gandhi geprägten Indien-Klischees. Er gibt ein realistisches und spannendes Bild von einer Stadt und Kindheit im Wachstumsrausch.
Insbesondere die Schilderung des jungen Cyrus macht das Buch so lesenswert. Er, der so gar nichts von einem Beachboy und so viel von einem Strandjungen hat. Nicht mehr Kind und noch nicht erwachsen, laviert er sich durch sein junges Leben, halb täppisch, halb altklug. Die Trennung seiner Eltern nimmt er mit kindlichem Pragmatismus wahr: ,,Mein ganzes Leben lang hatte ich in einem Hochhaus wohnen wollen. Endlich wurde dieser Wunsch erfüllt. Meine Mutter, meine Brüder, meine Schwester und ich zogen von Juhu in den einundzwanzigsten Stock des höchsten Gebäudes der Stadt", heißt es im Roman. Erst der Tod seines Vaters lässt Cyrus verstummen. Keine Wörter nirgends für die Trauer. Doch ,,Beach Boy" ist kein trauriges Buch. Ganz im Gegenteil ist es ungeheuer witzig, leicht und süffig zu lesen. Selbst die Religion, die in einem Buch über Indien nicht fehlen darf, kommt zuckerwatteleicht daher. Von der indischen Kritik wurde Ardashir Vakil schon als neue, frische Stimme der indo-englischen Literatur gepriesen. Und nach diesem Debütroman wünscht man sich, unbedingt mehr zu lesen über den gescheiten und komischen Cyrus Readymoney. Eine Fortsetzung bietet sich geradezu an. Vielleicht schreibt Ardashir Vakil ja eine. Eines Tages.