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Bedrohte Arten

Man sieht nur, was man selber kennt bzw. man schützt nur, was man kennt. Nach diesem Motto handeln auch Naturschutzorganisationen, wenn sie um den Erhalt von Tier- und Pflanzenarten bzw Biotopen kämpfen. So wird versucht, mit Film, Buch und Führungen die Bedürfnisse der bedrohten Arten zu erklären. Und wenn das Verständnis für eine Tierart zunimmt, zeigt sich das auch manchmal am Sprachgebrauch: so wurden inzwischen aus Raubvögeln Greifvögel. Um den verletzten Tieren zu helfen und auch um bei der Bevölkerung Verständnis zu wecken, sind Greifvogelstationen wichtig.

Von Margarete Blümel |
    Ein ganz gewöhnlicher Freitagvormittag in der Greifvogelschutzstation Gut Leidenhausen in Porz - Eil. Aufgeregt debattieren die Schüler und Schülerinnen einer Kölner Grundschule miteinander. Während sie die Abbildungen in ihren Händen mit den Originalen in den Volieren rundherum vergleichen, bestürmen sie ihren Lehrer, Herrn Koldenbach, mit Fragen:

    Die Kinder sind jetzt also gerade dabei, den Unterricht zu erweitern. Das heißt also, Unterricht ist gewesen - Einführung in Tag - und Nachtgreifvögel. Und jetzt erarbeiten sie anhand einer Rallye noch das Thema etwas weiter.


    Seit mehr als zwanzig Jahren können Schulklassen sich in der Waldschule von Gut Leidenhausen einen Tag lang mit der Welt der Greifvögel vertraut machen. Nach der theoretischen Einführung haben die Kinder Gelegenheit, in der Schutzstation ihr Wissen anhand von eigenen Beobachtungen zu überprüfen. Mit neuen Fragen können sie sich an Achim Werner wenden.

    Der Mitarbeiter der Station sieht jedes Jahr um die hundertzwanzig verletzte, kranke oder elternlose Jungvögel. Zur Zeit ist Achim Werner, gemeinsam mit drei weiteren Arbeitskräften, mit der Versorgung von siebzig Dauerpflegefällen betraut:

    Wir haben also unterschiedliche Eulenarten. Fangen wir mal mit der kleinsten Art, die wir hier haben, an. Das ist der Steinkauz, da haben wir zwei Tiere von. Dann haben wir Schleiereulen, Waldkäuze, Waldohreulen, Uhus und eben die Schneeeulen. Schneeeulen sind ja nicht hier einheimisch. Da handelt es sich eben um Tiere, die aus artenschutzrechtlichen Gründen beschlagnahmt worden sind, die sich dann hier eben auch teilweise vermehrt haben. Und bei den Greifvögeln haben wir Mäusebussarde, Turmfalken, Habichte, Sperber und Saker - Falken noch.

    Neben ihrer Funktion als Lern - und Anschauungsort, so der Geschäftsführer der Station, Herbert Aden...:

    ... nehmen wir eine wichtige Aufgabe wahr - als Verein, ehrenamtlich nehmen wir das wahr, eine Aufgabe, die eigentlich Pflichtaufgabe der Gemeinde ist, nämlich Artenschutz. Wer würde das denn machen, wenn das hier wegfällt? Oder wenn das hier nicht wäre? Hier werden abends, bis abends um neun Uhr, werden hier verletzte oder kranke Vögel gebracht, die wir dann hier aufnehmen, nicht wahr. Wer macht das sonst? So ist die Sache entstanden und man kann heute nicht sagen, ja, die sind ja nicht mehr so gefährdet. Dennoch sollten wir das machen!

    Denn kranke und verletzte Greifvögeln sollen in der Schutzstation nicht nur im Notfall, sondern, wenn nötig, auch bis an ihr natürliches Ende beherbergt werden, so Achim Werner. Diese Möglichkeit ist unter den hiesigen Greifvogelschutzstationen einmalig:

    Häufig sind die Tiere so stark erkrankt oder so schwer verletzt, dass sie eingeschläfert werden müssen oder aber dauerhafte Behinderungen zurückbehalten und deswegen in der freien Natur nicht mehr überleben könnten. Und denen bieten wir hier dann eben ein sicheres Heim. Das heißt, letzten Endes sind wir hier so eine Art Krankenhaus, Alters - und Pflegeheim in einem.

    Seit mittlerweile mehr als vierzig Jahren nimmt sich die Station der in Not befindlichen Tiere an. Nachdem 1994 die finanzielle Unterstützung der Stadt Köln wegfiel, übernahm schließlich die Schutzgemeinschaft Deutscher Wald e.V. Köln die Greifvogelstation und rettete sie vor einer bevorstehenden Auflösung. Durch Spenden und Patenschaften für die Tiere konnte der Verein bis dato die Arbeit von Gut Leidenhausen sicherstellen. Allerdings wurden die vier Mitarbeiter der Station über eine ABM - Maßnahme des Arbeitsamtes gefördert. Eine Unterstützung, die es ab Februar nicht mehr geben wird. Damit, sagt Herbert Aden, blickt die Greifvogelstation in eine ungewisse Zukunft:

    Wir können also heute sagen - Status quo - die Aufwendungen für Futter, für Tierarzt oder für Reparaturmaßnahmen und so weiter, die tragen wir selbst, die Sachkosten. Aus Spenden. Nur, wir sind darauf angewiesen, dass wir von der Arbeitsverwaltung Arbeitskräfte kriegen. Wie auch immer. Und in Zukunft wird dies nun so sein, dass wir die nicht mehr 100 % bezuschusst bekommen, sondern man wird einen Pauschsatz geben und wir müssen jetzt sehen, wie wir das ausgleichen. Da entsteht ja eine Deckungslücke. Und da müssen wir sehen, wie wir das wieder finanziell auf die Reihe kriegen.