Auch viele Stadtbewohner halten sich bis heute Rinderherden. Ihr so genannter "cattle post" ist Urlaubsort und Rückfallposition für das Alter oder auch für den Fall des Arbeitsplatzverlustes. Eine übrigens risikoreiche Form des Sparens: Mindestens einmal pro Jahrzehnt nämlich erlebt die Rinderwirtschaft Botswanas eine Katastrophe. 2002 brach im Nordosten die Maul- und Klauenseuche aus; gleichzeitig lag eine Dürre über der Kalahari; und Botswanas Währung Pula gewann gegenüber Euro wie Dollar massiv an Wert. Zehntausende Rinder mussten damals vernichtet werden; der Schlachthof in Lobatse lag vier Monate lang still. – Immerhin liefert Botswana das vielleicht beste Rindfleisch der Welt – meint Motshudi Raborogkwe:
Wegen des vielen Graslands in Botswana weiden unsere Tiere jahrein, jahraus in freier Natur. Nur selten wird Getreide zugefüttert, direkt von der Weide gelangen die Rinder in den Schlachthof, und unser Qualitätszeichen "Fleisch frei weidender Rinder" verschafft uns zum Beispiel in Großbritannien durchaus einen Marktvorteil.
Dieser Marktvorteil könnte sich sehr bald in Luft auflösen. Die von der Welthandelsorganisation vorangetriebene Liberalisierung der Weltmärkte nämlich erfasst zunehmend auch das Verhältnis zwischen der Europäischen Union und den von der EU mit Handelsprivilegien versehenen Staaten des afrikanischen, karibischen und pazifischen Raums, den AKP-Staaten. Die Privilegien wurden 2000, in Benins Hauptstadt Cotonou, befristet verlängert. Spätestens 2008 muss der Handel zwischen EU und AKP-Staaten den Bestimmungen der Welthandelsorganisationen über einen freien Welthandel entsprechen – von knapp bemessenen Übergangsfristen abgesehen. – In Botswanas Rindfleischindustrie, die vorwiegend nach Europa exportiert, grassiert die Angst vor der finalen Katastrophe:
Wir haben eine Menge Sorgen. Wir wissen nicht, was nach 2007 auf uns zu kommt. Hat unsere Rindfleischindustrie überhaupt eine Zukunft? Wir in Botswana jedenfalls können all das Fleisch nicht essen. Wir müssen exportieren. Das jedoch tun die großen Produzentenländer dieser Welt – Brasilien, die USA, die EU – wesentlich preisgünstiger. Botswana als sehr kleiner Produzent muss sich wirklich Sorgen um die Zukunft machen.