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Bedrohtes System

Korallenriffe gehören zu den besonders bedrohten Lebensräumen in den Meeren: Verschmutzung des Wassers, Übernutzung durch Fischfang und Tourismus und nicht zuletzt die Erwärmung der Meere durch den Klimawandel setzen ihnen zu. Die internationale Korallenriff-Initiative hat deshalb das Jahr 2008 zum Jahr des Riffs gemacht - es ging darum, mehr Aufmerksamkeit und auch mehr Geld für den Schutz dieser bedrohten Ökosysteme zu bekommen.

Von Susanne Lettenbauer | 30.12.2008
    Zur Eröffnung des Jahres des Riffs in der Zentrale der Weltbank in Washington klangen die Teilnehmer wenig optimistisch. Robert Cudney, Chef des mexikanischen Cozumel Reef National Parks verwaltet seit dem Jahrhundertsommer 2005 großteils zerstörte Korallenriffe - und in anderen Regionen sieht es ähnlich aus. Forscher gehen davon aus, dass 50% der karibischen Bestände zerstört sind. Nicht nur durch die gefürchtete Korallenbleiche, sondern auch durch Hurrikans und Algenplagen. Auswirkungen der Klimaerwärmung. Clive Wilkinson vom Global Coral Reef Monitoring Network forderte deshalb zu Beginn des Riffjahres eine besser Unterstützung der betroffenen Bevölkerung:

    "Wir müssen diejenigen besser unterstützen, die von den Korallenriffen abhängen. Sie leben überwiegend in wenig entwickelten Ländern und haben Angst vor den Klimaveränderungen."

    Der neueste Bericht von Clive Wilkonson zum Status der Riffe verbreitet zum Ende des Riffjahres hingegen wieder Optimismus. Denn bei den Bemühungen um den Schutz der Riffe gibt es Erfolge. Seit dem letzten Bericht von 2004 wurden zwei neue Wasserschutzgebiete im Pazific eingerichtet. Premier Hubert Ingraham von den Bahamas initiierte mit vier seiner Nachbarländern den Caribbean Challenge, um 30% ihrer Küstengebiete vor Zerstörung zu bewahren und auch Indonesien verpflichtet sich seit Dezember 2007 in einer Coral Triangle Initiative die Riffe Südostasien besser zu schützen.

    Auch künstlich angelegte Riffe, "Biorocks" genannt, scheinen zu funktionieren.. In der balinesischen Pemuteran Beach wachsen seit acht Jahren Korallen an 28 riesigen Metallgestellen. Mit Hilfe von elektrischer Energie wachsen so künstliche anstelle der zerstörten natürlichen Riffe. Zumindest wirtschaftlich gesehen ist das ein Durchbruch. Denn der Fischbestand hat sich dadurch wieder erholt und Ökotouristen tummeln sich am Strand. Andere Staaten in der Karibik, im Pazific und im Indischen Ozean wollen dem Beispiel folgen. Projektleiter Tom Goreau:
    "Wir haben erstmal nach passenden Flächen gesucht, wo zerstörte Korallen lagen und haben dort die Gestelle aufgebaut und Korallen gepflanzt. Bei den hohen Wassertemperaturen können wir die Korallenbleiche zwar auch nicht verhindern, aber die Korallen sterben wenigstens nicht, weil sie Energie von uns bekommen. Wir haben nahezu eine 50prozentige Überlebensrate selbst unter den hohen Wassertemperaturen."

    Im Labor des deutschen Riff-Forschungszentrums CORE in München wachsen ebenfalls kleine bunte Korallen. Von Aufzuchtprojekten wie denen in Bali hält Zentrumsleiter Christian Wild indes wenig:

    "Das Ansiedeln von Steinkorallen hat meiner Meinung nach nur eine lokale Bedeutung. Denn es stellt nur eine Symptombehandlung dar. Der Stressfaktor, der dazu geführt hat, dass das Riff degeneriert ist, wird ja nicht bekämpft und letztendlich betreibt man sehr viel personellen wie finanziellen Aufwand ohne nachhaltig etwas Gutes für das Riff zu tun."

    Sein Kollege aus dem britischen York Chris Williamson begrüsst das Riffjahr als einen wichtigen Beitrag, um auf die Korallenschädigung hinzuweisen:

    "Wir haben noch so viel zu tun hinsichtlich Ökosysteme, Abfallentsorgung und Wasserschutzgebiete, um die Riffe zu schützen. Wir müssen uns mehr um Bildung kümmern, im Bereich Tauchen ebenso wie im Bereich Fischen und Umweltverschmutzung. Durch das Jahr des Riffs konnten viele Gelder gesammelt werden, um die Arbeit der einzelnen Riffprojekte und Forschungsarbeiten zu unterstützen. So können wir hoffentlich die Riffe retten."

    Für Deutschland soll das Jahr des Riffs ganz konkrete Folgen haben: Führende deutsche Meereswissenschaftler und Vertreter von Umwelt- und Tauchsportverbänden sowie der Wirtschaft wollen einen "Verbund für Rifforschung" gründen. Damit soll eine engere Vernetzung deutscher Aktivitäten zur Riffforschung und zum Riffschutz auch über das Jahr 2008 hinaus erreicht werden.