Vom Schlachtfeld in Bosworth trug vor 530 Jahren ein Pferd den nackten Leichnam Richards III. bis nach Leicester. Am vergangenen Sonntag sind es sind Zehntausende, die die 20 Kilometer lange Strecke säumen.
"To pay tribute to a king that we lost in battle. We found him, we got him. At the end of the day he has been a king of England and we should respect that."
Dieses Mal wird dem letzten englischen König, der im Kampf fiel, ein würdevolles Geleit gegeben. Ein Pferd zieht die offene Kutsche mit dem hellen Eichensarg, in dem seine Gebeine liegen.
Auch am Montag warten Tausende stundenlang, um in der Kathedrale an dem schlichten Quader vorbei zu defilieren, der dort übermorgen feierlich in eine Gruft gelassen wird. Den Sarg geschreinert hat der letzte lebende Nachfahre Richards, dessen DNA der wichtigste Beweis war, dass es sich tatsächlich um Richards Skelett handelt, das da im September 2012 auf einem Gemeinde-Parkplatz gegenüber der Kathedrale ausgegraben wurde.
Das geschah vor allem auf Drängen der Drehbuchautorin Philippa Langley. Als Fan des letzten Königs der Plantagenet-Dynastie und Mitglied der Richard-III-Gesellschaft war sie besessen von der Idee, den verschollenen Herrscher zu finden. Nach dem Studium historischer Karten vermutete sie ihn unter dem Parkplatz.
"Als ich da stand bekam ich die merkwürdigsten Gefühle und ich spürte genau, dass ich auf Richards Grab stand."
Denn hier könnte das Franziskanerkloster gewesen sein, in dem der 32-Jährige 1485 respektlos verscharrt worden sein soll. Das Kloster wurde später von Heinrich VIII. zerstört. Richard Buckley, Chef-Archäologe der Universität, hielt allerdings die Wahrscheinlichkeit, Richard zu finden für denkbar gering:
"The chance to finding Richard was a million to one."
Im August 2012 begannen die Uni-Archäologen mit einem ersten Nord-Süd-Graben, quer zur Ost-West-Ausrichtung der vermuteten Klosterkirche.
"What's that there, then – human bones ... "
Richard III. ist tatsächlich Richard III.
Schon am ersten Tag stießen die Forscher auf menschliche Beinknochen. Doch erst nach weiteren Grabungen einige Tage später stand fest: Die Knochen lagen innerhalb der gesuchten Kirchenmauern. Das ganze Skelett wurde freigelegt und fünf Monate lang untersucht. Vor zwei Jahren schließlich traten die Wissenschaftler vor die internationale Presse und Richard Buckley verkündete:
"Ladies and Gentlemen, it is the academic conclusion of the University of Leicester that beyond reasonable doubt the individual exhumed at Greyfriars in September 2012 is indeed Richard III., the last Plantagenet king of England."
Die Sensation war perfekt, es sei Richard ohne jeden Zweifel.
Über der Ausgrabungsstätte hat die Stadt in weniger als einem Jahr ein fünf Millionen Euro teures Besucherzentrum gebaut, das die Suche und die wissenschaftliche Identifizierung Richards dokumentiert. Iain Gordon, der Direktor, steht auf einem Glasboden und zeigt nach unten in Richards Grab, wo man glaubt, die Knochen in ihrer ursprünglichen Position zu erkennen.
" How do you do this? Projection."
Die "bucklige Kröte", die Fortschritt brachte
Mit modernster Technik und audiovisuellen Projektionen werden Richards Leben und Tod auf dem Schlachtfeld nachgezeichnet. Und man erfährt auch, dass der König, der von Shakespeare sehr einseitig als Schurke und "verdorbene, buckelige Kröte" beschrieben wurde, keinen Buckel hatte, nicht schlecht aussah und ein bemerkenswerter Reformer gewesen ist.
"Er förderte die englische Sprache und ließ die Gesetze für das normale Volk von Latein ins Englische übersetzen. Er führte die Unschuldsvermutung vor Gericht ein oder die Freilassung auf Kaution."
Die letzte Ruhestätte des Königs, der nur zwei Jahre regierte, befindet sich 50 Meter vom Fundort und Besucherzentrum entfernt – gegenüber in der Kathedrale von Leicester.
"Wie fast jede Figur der Geschichte war Richard III. weder völlig tugendhaft noch völlig böse. Er war ziemlich sicher eine Kombination aus Beidem und man sagt ja, dass ein Heiliger ein Sünder ist, dessen Leben nicht genau untersucht wurde."
Sagt Bischof Tim und gießt dabei dem Besucher Tee ein. Der Bischof von Leicester ist der Vorsitzende des Ausschusses, der die Beisetzungsfeierlichkeiten organisiert. Die Queen werde nicht zu Beisetzung am Donnerstag kommen, bedauert er, wohl aber viele andere Prominente und Nicht-Prominente.
Einige hundert Sitzplätze wurden ausgelost und die Lehrerin Elizabeth gehört zu den Glücklichen.
"Where will you sit?"
"I have no idea."
"And are you excited."
"Very excited. It's history, it's just being a part of it. Fantastic."
"I have no idea."
"And are you excited."
"Very excited. It's history, it's just being a part of it. Fantastic."
Auch wenn sie noch nicht weiß, wo sie sitzen wird, freut sie sich darauf, ein Teil der Geschichte zu werden. Andere sehen die Sache profaner. Carl Creber etwa hofft auf einen Schub für sein Schmuckgeschäft in unmittelbarer Nähe der Kathedrale.
"Wenn wirklich bis zu 100.000 Besucher kommen und wir nicht ein bisschen mehr Umsatz machen, sollte ich den Laden schließen und in Rente gehen."
Ganz Leicester befindet sich im Richard-Rausch. Die Bürger spenden Millionen, Kinder singen Richard-Lieder, Stadtväter hoffen auf Touristen. Allzu lange war Englands 300.000-Einwohner-Multi-Kulti-Stadt ein wenig beachtetes Mauerblümchen; doch das soll sich gehörig ändern mit der Vermarktung ihres berühmt-berüchtigten Königs.